Vor wenigen Tagen erst erzählte ich hier von Theodor Fontanes Ballade Das Trauerspiel von Afghanistan. Dabei erwähnte ich ein Buch von Khaled Hosseini mit dem Titel Drachenläufer. Gelesen habe ich das im Jahre 2011, eine kurze Rezension und eine Buchgeschichte veröffentlichte ich bei den damaligen Buchgesichtern. Ich hielt die Texte für verschollen, aber auf einer Festplatte fand ich sie wieder.
"Afghanistan 1975: In Kabul wächst der zwölfjährige Amir, der mit Hilfe seines Freundes Hassan unbedingt einen Wettbewerb im Drachensteigen gewinnen will. Hassans Vater ist der Diener von Amirs Vater, doch trotz ihrer unterschiedlichen Herkunft verbindet die beiden Jungen eine innige Freundschaft. Bis am Tag des Wettkampfs diese von Amir auf schreckliche Weise verraten wird. Die Wege der beiden trennen sich, während das Land gleichzeitig seiner Zerstörung entgegengeht. Viele Jahre später kehrt der erwachsene Amir aus dem Ausland in seine Heimatstadt zurück, um seine Schuld zu tilgen.“ (Klappentext)
Das Buch las ich wohl im Jahr 2011. Damals veröffentlichte ich bereits Rezensionen, die waren ziemlich kurz. Das war bei den Buchgesichtern.
Dann stellte ich fest, der Bestseller wurde verfilmt und am 12.06.2011 verfasste ich diese Zeilen:
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Manchmal will es der Zufall, dass man sich die seit Jahren immer dicker und umfangreicher werdende Fernsehzeitung genauer ansieht. Die eine Hälfte der Sender bekommt man gar nicht und die andere Hälfte braucht man nicht. Na ja, nicht so ganz. Mein Hauptaugenmerk liegt auf Sendern wie PHOENIX, ARTE, und den dritten Programmen.
DRACHENLÄUFER, der muss sein. Wann? Sehr, sehr spät. Also aufnehmen. Hat geklappt. In dieser Woche. Sehr zu empfehlen.
Wir bekommen Bilder aus Kabul, wie es vor dem Sturz des afghanischen Königs lebte. Der alljährliche Wettstreit im Drachenfliegen beherrscht das Bild. So kunstvoll hab ich meine Drachen im Park oder an den Elbwiesen in Dresden bestimmt nicht steigen lassen, geschweige denn mit ihnen andere vom Himmel geholt.
Amir und Hassan, die beiden Freunde, auch wenn Hassan Diener Amirs ist, sind ein unschlagbares Team. Aber Kinder können auch grausam zueinander sein.
Später, Amir und sein Vater leben in den USA, wird uns gezeigt, welcher Art das Zusammenleben von Afghanen auch im Ausland ist. Auch hier zeigt sich die uns unverständliche Kultur des Miteinanders dieser uralten muslimischen Völker.
Was bleibt ist ein Bild zweier Jungs, die mir "vor die Augen kommen", wenn ich Afghanistan denke oder das Buch sehe. Ein anderes Bild als das des mit schwarz-rot-goldener-Fahne bedeckten Sarges eines deutschen Soldaten. Ich weiß, die beiden Jungs lebten zusammen vor Beginn des Bürgerkrieges, sie sehen sich nicht wieder und sind doch untrennbar miteinander verbunden. Warum?
Lies und sieh.
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Im November gab es eine Reportage zu sehen, die ich so gleich in eine Buchgeschichte verwandelte Buchgeschichten waren ein Format bei den Buchgesichtern, mit denen wir über Bucherlebnisse, aber eben keine Rezensionen schrieben.
Drachen fliegen ... am Himmel von Kabul.
Nichts zieht mich nach Afghanistan. Die Möglichkeit, als Trainer dahin zu gehen scheitert an gesundheitlichen Aspekten. An sprachlichen (Englisch) auch. Und an dem gelegentlichen Gefühl von Sinnlosigkeit.
Vielleicht ist unser Engagement aber gar nicht so sinnlos, da am Hindukusch.
Heute Morgen sah ich beim Frühstück eine Reportage, in der von den zurück gekehrten Drachen über Kabuls Himmel erzählt wurde. Das Drachensteigen, unter den Taliban verboten wie alles was Spaß macht, kommt wieder in Fahrt. Auch die Wettkämpfe, in denen die Drachen der Gegner vom Himmel geholt werden. Die Schnur ist dafür mit Klebstoff und Scherbenpulver präpariert. Damit kann man den Drachen "schneiden". Handschuhe braucht man für dieses kämpferische Vergnügen. Die Drachenläufer holen sich die Drachen, reparieren sie und verkaufen diese dann wieder. Die Reportage erzählt, dass Drachen unter dem Ladentisch verkauft wurden während der Talibanzeit. Und das es heute wieder ein lukratives Geschäft ist, wobei sich die Drachen und das Zubehör auch ärmere Leute leisten können.
Drachensteigen gehen nun die Väter mit den Söhnen. Ihre Frauen und Töchter sind dabei immer noch ausgeschlossen. Ob das jemals anders wird in diesem Land?
Trotzdem schoss mir heute durch den Kopf: HASSAN & AMIR sind wieder da. Die beiden Jungs aus dem Roman des Khaled HOSSEINI. Die Jungs deren tragische Geschichte so berührt. Im Buch wie im Film.
Wenn die Drachen wieder steigen in den Himmel von Kabul, dann ist das wohl ein Bild der Hoffnung, da am Hindukusch.
Eine Hoffnung, die dahinschwand, als der vorletzte Präsident der USA den Rückzug aus Afghanistan ankündigte, den der amtierende Präsident im letzten Jahr dann umsetzt. Überstürzt, überschlagend, die westlichen Verbündeten hinter sich herziehend. Einen interessanten Post zum Thema schrieb der Blogger Jay auf dem Blog Silvae.
Das Drachensteigen ist seither bestimmt verboten unter den Taliban, Mädchen dürfen nicht mehr zur Schule gehen und und und...
Wieder einmal gewinnt keiner im ewigen Trauerspiel Afghanistan.
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- DNB / Fischer - Verlag / 2019 / ISBN: 978-3-596-70461-3 / 385 Seiten
- Am Abend vor dem Meer / Fischer-Verlag
- Khaled Hosseini - Webseite
Danke für die Erinnerung. Ich habe immer noch nichts von Khaled Hosseini gelesen.
AntwortenLöschenNun sind es schon zwei Hosseini - Rezensionen
LöschenIch hätte gedacht, dass DRACHENLÄUFER eine Idee von dir gewesen war, Anne.
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