»Das war wohl Diogenes,« verbesserte Sam.
»Schweig!« fuhr ihn Frank an. »Was verschtehst du von Diogenes! Das is der Zwerg beim Heidelberger Fasse. Ich aber meene dasjenige Faß, in welchem Pythagoras schteckte, als der große Georginenzüchter Galilei zu ihm kam und ihn bat: »Karo, Karo, gib mir meinen Leviathan wieder!« Als guter Deutscher mußt du wissen, daß das kurz nach der Schlacht im Teutoburger Walde geschah, wo Dschingis Khan dem General Moreau alle beede Beene wegschießen ließ. Das eene flog nach Blasewitz, wo es die berühmte Gustel von Blasewitz in der Nähe von Wallensteens Lager fand, und das andre nach Loschwitz ins Schillerhäuschen, wo Schiller grad damals seinen Trompeter von Sigmaringen dichtete.
Er und die Gustel haben nachher die Beene zusammengetragen und oberhalb Dresden bei Räcknitz unter vier Linden begraben. Ich bin selbst dort gewesen und habe das Denkmal, welches off seine Beene gesetzt worden is, mit meinen eegenen zwee Oogen gesehen. Is das nich Beweis genug? Willst du nu noch immer mit mir schtreiten?«
»Nein,« lachte Sam.«
(Aus DER ÖLPRINZ, Kapitel 2)
* * *
Wo sich der alte May überall rumgetrieben haben muss. Auch auf der Räcknitzhöhe? Da bin ich aufgewachsen und da steht ein Denkmal für einen ehemaligen französischen Marschall, der später in russischen Diensten stand: Jean Victor Moreau (17.02.1763 – 2.09.1813)
„Moreau der Held fiel hier an der Seite Alexanders
den XXVII August MDCCCXIII“
Die Schlacht von Dresden, wurde am 26. und 27. August 1813 geschlagen. Des französischen Kaisers Feldherrengeschick erweist sich bei der Verteidigung Dresdens. Die Uneinigkeit der alliierten Monarchen, welche mal wieder nicht auf ihre Experten hören, trägt dazu bei. Auf den Höhen bei Räcknitz wird der ehemalige französische General Moreau, der gegen die Schlacht gewesen war, tödlich verletzt. Bei Pirna zeichnet sich ein würtembergischer Prinz namens Eugen aus. Und ein General Thielmann sichert den Rückzugsweg der Alliierten nach Teplitz ins Böhmische.
© Bücherjunge |
Der Hobble-Frank, der Sachse vom Elbestrand, spinnt sich hier was zusammen. Es stimmt aber, dass nur die Beine des Generals, die ihm durch eine Kanonenkugel zerschmettert wurden, unter dem Denkmal begraben sind. Es war zwar der Leibarzt des Zaren, der ihn versorgte, aber diese Amputation überlebte er nur fünf Tage.
* * *
Soviel zu Moreau, doch der Hobble-Frank holt ja zu einigen weiteren historischen Rundumschlägen aus. In Wallensteins Lager, dem ersten Teil der Schillerschen Trilogie finden wir eine Marketenderin. namens Gustel von Blasewitz. Schauen wir mal in den Text:
Wachtmeister.
Marketenderin (kommt und bringt Wein).
Erster Jäger.
Marketenderin.
Quelle: Wikipedia |
Erster Jäger.
Marketenderin.
Erster Jäger.
Die Gustel, die mit Friedrich Schiller die „Beene“ in Blasewitz! geborgen haben soll, gab es wirklich. Das kann man in der Stadtwiki von Dresden nachlesen. Sie soll nicht erfreut gewesen sein, dass Schiller sie so verewigte. Sie hieß wirklich Johanne Justine Renner geb. Segedin wurde am 5. Januar 1763 in Dresden, geboren, sie starb am 24. Februar 1856 in Blasewitz.
Wer es nicht nicht ganz mitbekommen hat, zeitlich kann das „eene Been“ nicht bis in Wallensteins Lager geflogen sein, Wallenstein, das war viel früher.
Die Gustel von Blasewitz wurde oft literarisch verwendet, allein Karl May erwähnt sie noch mal im dritten Band von Die Liebe des Ulanen. Woher der Offiziersbursche, der sie, hin und her gerissen von zwei französischen Zwillingsschwestern, erwähnt, die Bildung hat, ist fraglich. Aber vielleicht stammte er ja aus Blasewitz, kommen die May´schen Helden doch sehr oft von der Elbe.
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Quelle Wikipedia |
Dort heißt es:
„Er genoss die harmonische Atmosphäre der Körnerschen Weinbergbesitzung. Oft zog er sich in das kleine Gartenhäuschen zurück, arbeitete am Manuskript des „Don Carlos“ und vollendete die Ode „An die Freude“. An diesen Aufenthalt Friedrich Schillers erinnert das bereits in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts eingerichtete Schillerhäuschen in Dresden-Loschwitz. Die Besonderheit des Ortes und eine Dokumentation zu Schillers Dresdner Freunden, Werken und Verehrern machen das kleinste Museum in der Dresdner Museumslandschaft zu einem besonderen Anziehungspunkt.“
Hier wird Körner erwähnt. Schiller und der Vater von Theodor Körner waren seit vielen Jahren befreundet. Im Haus des Oberappellationsgerichtsrats Christian Gottfried Körner, gingen viele ein und aus, zum Beispiel auch der General Thielmann, von dem hier bereits die Rede war. Während Thielmann allerdings 1813 in russische Dienste getreten war und mit den Alliierten gegen Napoleon kämpfte, in der Schlacht bei Dresden allerdings nicht anwesend war, hatte Friedrich Schiller bereits 1805 das Zeitliche gesegnet. Da hat der Hobble-Frank schon wieder was verwechselt.
Körners Garten Haus (Wikipedia) |
Habe ich jetzt alles erfasst? Halt. Der Leviathan ist ein mythologisches Seeungeheuer.
Man sieht, Bei Karl May kann man allerlei lernen, aber nicht jeder Wild-West-Held hat seine Heimatgeschichte richtig im „Kobbe“ behalten.
PS: Das Denkmal steht nicht unter Linden, Frank.
© Bücherjunge (30.08.22)
- Gustel am Rathaus Blasewitz: Von Paulae - Selbst fotografiert, CC BY 3.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=8037200
- Schillerhäuschen: Von Paulae - Eigenes Werk, CC BY-SA 3.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=6739801Von Brücke
- Gartenhaus: Osteuropa - Eigenes Werk, CC0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=16455186
Welche Querverbindungen du immer findest - sehr unterhaltsam!
AntwortenLöschenDie Querverbindung entstand durch die Rezension zu MIT ALLER MACHT und die dort erwähnte Schlacht bei Dresden. Ein Freund sendete dann den Text aus dem Ölprinzen - Der Bücherjunge
AntwortenLöschenMan könnte den Leviathan auch im Sinne von Hobbes verstehen. Vielleicht.
AntwortenLöschenWenn Hobbes als Ungeheuer durchgeht? - BJ
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