Samstag, 26. Juni 2021

Pasztor, Susann: Die Geschichte von Kat und Easy

Vom Leben, wie es hätte sein können – und vom großen Glück, dass es anders gekommen ist als gedacht.


Sie sind nicht mehr die Teenager, deren Freundschaft vor einem halben Jahrhundert auf tragische Weise endete. Das wissen Kat und Easy, als sie sich auf Kreta treffen. Aber wer sind sie jetzt, und wer waren sie damals? 1973 wird ihr Jahr. Das schwört Kat ihrer Freundin Easy in der Silvesternacht, und nicht nur, weil sie bekifft sind. In den folgenden Monaten können sie viel von dem abhaken, was auf ihrer Liste steht. Sich zu verlieben, zum Beispiel. Unglücklicherweise in denselben Mann: Fripp arbeitet im Jugendzentrum, trägt karierte Hemden und kennt sich mit Hesse aus. Doch es ist nicht etwa die Eifersucht, die ihrer Freundschaft bald darauf ein jähes Ende setzt, sondern ein tragischer Unfall. Fast fünfzig Jahre später erhält Kat, die einen erfolgreichen Blog für Lebensberatung führt, eine Nachricht von Easy. In einem alten Haus an der Südküste Kretas treffen sie sich wieder und nehmen zwischen ausschweifenden Festen mit griechischen Nachbarn und rauschhaften Nächten am Strand das große Stück Leben in den Blick, das hinter ihnen liegt. Doch erst, als ein überraschender Besucher auf die Insel kommt, ist es ihnen möglich, sich der entscheidenden Frage zu stellen: Warum nur haben sie so unterschiedliche Erinnerungen an die Zeit mit Fripp? Mit einzigartigem Humor und psychologischer Scharfsicht erzählt Susann Pásztor von den wundervollen und schrecklichen Unwägbarkeiten des Lebens, und der Kunst, ihnen zu begegnen.  
 
  • Herausgeber ‏ : ‎ Kiepenheuer&Witsch; 1. Edition (6. Mai 2021)
  • Sprache ‏ : ‎ Deutsch
  • Gebundene Ausgabe ‏ : ‎ 272 Seiten
  • ISBN-10 ‏ : ‎ 3462052810
  • ISBN-13 ‏ : ‎ 978-3462052817 
 
 
 
 
 
Wer den Blog aufmerksam verfolgt, der wird wissen, dass Susann Pásztor hier kein unbekannter Name ist. Sowohl "Die einen sagen Liebe, die anderen sagen nichts" als auch "Und dann steht einer auf und öffnet das Fenster" konnten mich seinerzeit begeistern. Daher war ich sehr erfreut, als ich die Möglichkeit über NetGalley erhielt, auch den neuesten Roman der Autorin zu lesen. Ob er mich ebenso begeistern konnte wie seine Vorgänger, könnt Ihr hier nachlesen:

 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 

FREUNDSCHAFT...

 
 
 Erster Satz: "Kat hat die Macht."


Jenseits der 60 sind Kat und Easy, als letztere im Internet auf einen Blog stößt, hinter dem sie ihre alte Jugendfreundin vermutet. Die Vermutung wird bald zur Gewissheit, und Kat ist selbst nicht wenig erstaunt über sich selbst, als sie schließtlich die Einladung Easys annimmt, gemeinsam mit ihr eine Woche auf Kreta zu verbringen.

In einem heruntergekommenen Häuschen an der Südküste der Insel verbringen die beiden Frauen die Tage miteinander, recht befangen und höflich, trotz oder gerade wegen ihrer gemeinsamen Vergangenheit. Erzählt wird der Part der Gegenwart aus der Ich-Perspektive von Kat, schroff und distanziert zumeist, was nicht nur Easy, sondern auch den Leser reichlich auf Abstand hält. Und doch ahnt man bald schon, dass sich hinter der rauen Hülle ein sensiblerer Kern verbirgt.


"Ich wollte nicht von ihr bewundert werden. Ich war immer nur für Eigenschaften bewundert worden, die ich gar nicht besessen, sondern nur vorgetäuscht hatte. Deine Stärke, hatte es dann geheißen, deine Unabbhängigkeit und, ach ja, deine radikale Ehrlichkeit. Tatsächlich lagen meine wahren Stärken im effizienten Verdrängen von Schuld und Einsamkeit, und es gab Nächte, in denen mir das Gewicht meiner Lügen und Geheimnisse schier den Atem nahm..."


Beide Frauen wissen um die Geschehnisse in ihrer gemeinsamen Vergangenheit, und durch regelmäßige Rückblenden in das Jahr 1973 (in personaler Erzählperspektive) erfährt auch der Leser häppchenweise, was in jener Zeit passiert ist. Beste Freundinnen waren sie damals, Kat und Easy, die eigentlich Isi heitß. Vor allem Kat legte viel Wert darauf, cool zu wirken - große Klappe inklusive. Dumm war nur, dass sie sich in denselben Jungen verliebte wie Easy: Fripp. Und auch wenn der Konflikt nicht offen schwelte, war er stets präsent.

Diese Rückblenden hat Suasann Pásztor sehr authentisch geschildert, so dass ich mich selbst in meine eigene Vergangenheit versetzt fühlte. Gerade die genannten Musiktitel, aber auch das Klima in der Kleinstadt erinnerten mich an meine eigene Jugend. Das empfand ich als sehr gelungen. Nicht unproblematisch dagegen fand ich den absolut unkritischen Blick auf den in der Geschichte allgegenwärtigen Drogenkonsum - von Hasch bis hin zu LSD. Selbst auf Kreta gehört das für die beiden Frauen irgendwie zum Alltag dazu...


"Das Band eiert anfangs ein wenig, aber vielleicht ist auch die Gitarre, die das Stück eröffnet, seltsam gestimmt, haarscharf am Missklang vorbei und trotzdem mitten rein in Kats Sehnsucht nach Harmonien. (...) und die Stimme des Sängers, so süß und so rauh, ist wie ein Nachtlicht für ängstliche Kinder, die Flöte ein einziger Trost, aber dann, als es fast unerträglich schön wird, wumm!, die Orgel, das Schlagzeug, und bäm!, das Drama, der ganze Wahnsinn."


Nach "Ein fabelhafter Lügner", "Die einen sagen Liebe, die anderen sagen nichts" und "Und dann steht einer auf und öffnet das Fenster" war ich sehr gespannt auf den neue Roman von Susann Pásztor. Leider konnte mich dieser nun nicht ganz so begeistern wie seine Vorgänger. Dies liegt neben dem Drogenthema v.a. an den für mich so unnahbaren Charakteren. Vor allem Kat - gerade sie als Ich-Erzählerin - legte es deutlich darauf an, alle auf Distanz zu halten. Bei mir ist ihr das jedenfalls gelungen.

Spröde, rau und unnahbar sind die ersten Attribute, die mir zu ihrer Person einfallen. Aber auch Easy, im Grunde nur lieb, wollte sich mir nicht wirklich nähern. Und auch die angeblich so intensive Freundschaft der beiden erschloss sich mir nicht in dieser Intensität. Das empfand ich als schade, hier wäre ich gerne emotional mehr beteiligt worden. Und auch die Spannung im Geschehen habe ich vermisst - träge plätscherten die Tage auf Kreta vor sich hin, und auch wenn die große Aussprache letztlich stattfand, war für mich nichts davon wirklich spektakulär.

Für mich ist dieser Roman trotz des flüssigen Schreibstils mit poetischen wie humorvollen Ansätzen definitiv nicht der stärkste von Susann Pásztor. Ich habe ihn nicht ungern gelesen, blieb aber bis auf das Ende durchgehend auf Distanz zum Geschehen. Lust auf Urlaub habe ich dagegen durch die Schilderungen der Landschaft auf Kreta durchaus bekommen...


© Parden

 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
Susann Pásztor, 1957 in Soltau geboren, hat die siebziger Jahre nicht nur miterlebt, sondern kann sich auch an sie erinnern, und was sie vergessen hat, erfindet sie. Nach »Ein fabelhafter Lügner« und »Die einen sagen Liebe, die anderen sagen nichts« erschien 2017 ihr dritter Roman »Und dann steht einer auf und öffnet das Fenster«, der mit dem Evangelischen Buchpreis ausgezeichnet wurde. Sie lebt und schreibt in Berlin.
 
Quelle: Kiepenheuer & Witsch
 
 

2 Kommentare:

  1. Also du hast also kein LSD konsumiert? Aber dafür sind wir vielleicht 5 bis 10 Jahre zu jung...

    AntwortenLöschen

Durch das Kommentieren eines Beitrags auf dieser Seite, werden automatisch über Blogger (Google) personenbezogene Daten, wie E-Mail und IP-Adresse, erhoben. Weitere Informationen findest Du in unserer Datenschutzerklärung und in der Datenschutzerklärung von Google. Mit dem Abschicken eines Kommentars stimmst Du der Datenschutzerklärung zu.

Um die Übertragung der Daten so gering wie möglich zu halten, ist es möglich, auch anonym zu kommentieren.