Auf
manche Romane werde ich spontan neugierig - hier war es wieder einmal
die Kombination aus Cover, Klappentext und ersten Rezensionen, die mich
auf das Buch aufmerksam machte. Eine Reise zurück in die 70er Jahre in
eine Kleinstadt in
Westdeutschland - und damit ein klein wenig auch in die eigene
Vergangenheit. Und Pubertät? Klar, auch damit kenn ich mich aus...
Dies
ist der erste Roman von Matthias Brandt, der, wie ich nun weiß, der
jüngste Sohn des ehemaligen Bundeskanzlers Willy Brandt ist und als
Schauspieler in über 70 Filmen mitgewirkt hat. Ob er tatsächlich auch
schreiben kann? Das erfahrt Ihr hier:
Inhalt: (Quelle: Kiepenheuer & Witsch)
Als der 15-jährige Morten Schumacher, genannt Motte, einen Anruf
bekommt, ist in seinem Leben nichts mehr, wie es einmal war. Sein bester
Freund Bogi ist plötzlich sehr krank. Aber das ist nur eine der
herzzerreißenden Explosionen dieses Jahres, die in Matthias Brandts
Roman »Blackbird« Mottes Leben komplett auf den Kopf stellen. Kurz danach fährt Jacqueline Schmiedebach vom Einstein Gymnasium auf
einem Hollandrad an ihm vorbei, und die nächste Erschütterung nimmt
ihren Lauf. Zwischen diesen beiden Polen, der Möglichkeit des Todes und
der Möglichkeit der Liebe, spitzen sich die Ereignisse immer weiter zu,
geraten außer Kontrolle und stellen Motte vor unbekannte, schmerzhafte
Herausforderungen. Doch zum richtigen Zeitpunkt sind die richtigen Leute
an Mottes Seite und tun genau das Richtige. Und er selbst schaut den
Dingen mutig ins Gesicht, mit scharfem Blick und trockenem Witz.
Die Figuren dieses Ausnahmeromans wird man nicht mehr vergessen, die
Schornsteinfegerin Steffi, Elvis, den lebensklugen Bademeister mit den
langen Koteletten, Neandertal-Klaus, und selbst den lustbetonten
Sozialkundelehrer Meinhardt. Denn sie und all die anderen zeigen uns
durch die Erzählkunst des Schriftstellers Matthias Brandt die Komik und
die Tragik des Lebens, ihres Lebens in einer kleinen Stadt in den 70ern,
aber auch unseres. Und wir können es sehen, ganz deutlich.
»Jung zu sein, bleibt immer gleich – so schmerzhaft, so
unverständlich und so schön, weil alles zum ersten Mal passiert.
›Blackbird‹ ist ein wundervoller Roman.« Eva Menasse
Erwachsenwerden in den 70er Jahren...
Die 70er Jahre (Quelle: Pixabay) |
Pubertät ist kein einfacher Lebensabschnitt, das weiß jeder, der
diese Phase bereits selbst durchlaufen oder aber Kinder hat, die sich
auf dem Weg ins Erwachsenenleben befinden. Dies wird in dieser Erzählung
gekonnt thematisiert ohne ins Klischeehafte abzudriften, was für mich
ein großer Pluspunkt ist.
Erzählt wird dieser Roman aus der Ich-Perspektive des 15jährigen
Morten Schumacher, der von allen nur Motte genannte wird. Ganz
unabhängig von den besonderen Themen, die hier im Laufe der Erzählung
noch in Szene gesetzt werden, gelingt es Matthias Brandt, dem Leser die
Zeit der Pubertät noch einmal intensiv in Erinnerung zu rufen. Ständig
abschweifende Gedanken, eine Scheißegal-Haltung allem gegenüber, das
Hinterfragen von Erwachsenen, unbegründete und ununterdrückbare
Lachflashs, das Hinterfragen allen Tuns hinsichtlich dessen, was andere
von einem denken könnten, Coolsein, sich ausprobieren... Die Darstellung
des Charakters von Motte erscheint dadurch ausgesprochen authentisch.
Motte ist ein intelligenter und eher schüchterner Junge, der oft eher
die beobachtende Position einnimmt und nicht zu den Draufgängern
gehört. Außer Rockmusik interessiert ihn eigentlich nicht viel. Die Ehe
seiner Eltern ist zerrüttet, die Trennung unvermeidlich. Motte zieht
daher mit seiner Mutter innerhalb der Kleinstadt in ein anderes Viertel
und lässt damit altbekannte Strukturen zurück, auch seinen Freund Bogi,
mit dem er sich seit Jahren jeden Tag getroffen hat.
Doch der hat gerade ganz andere Sorgen, denn er muss wegen einiger
medizinischer Auffälligkeiten ins Krankenhaus. Als schießlich bei Bogi
ein Non-Hodgkin-Lymphom diagnostiziert wird, gerät die Freundschaft der
beiden in Schieflage. Motte fühlt sich unter Druck gesetzt, seinen
Freund ständig besuchen und diesen aufheitern zu müssen, fühlt sich dem
aber kaum gewachsen. Zudem geht sein eigenes Leben weiter - er verliebt
sich beispielsweise zum ersten Mal - während Bogi jeweils nur noch auf
die nächste Infusion zu warten scheint. Doch gehen die Erwachsenen um
ihn herum wirklich weniger hilflos mit der Möglichkeit des Todes um?
Die Erzählung weist zeitweise durchaus einige Längen auf, und doch
konnte mich die Atmosphäre gefangen nehmen, die Matthias Brandt hier
aufbaut. Sowohl die erste Liebe als auch der drohende Tod des besten
Freundes wollen erst einmal verkraftet werden, und dies geschieht hier
auf eine absolut authentische und kein bisschen schwülstige Art und
Weise. Fest verbunden mit der hin- und herfliegenden Gedankenwelt
Mottes, kämpft sich der Leser durch die Hürden des Lebens und versinkt
zwischenzeitlich auch in einer großen Sprachlosigkeit. Aber der Autor
führt Motte und den Leser weiter, mit trockenem Humor und Gefühlen, da
wo es angebracht scheint.
Eine Coming-Of-Age-Geschichte mit Tiefgang, witzig und berührend - empfehlenswert...
© Parden
Produktinformation: (Quelle: Amazon.de)
- Gebundene Ausgabe: 288 Seiten
- Verlag: Kiepenheuer&Witsch (22. August 2019)
- Sprache: Deutsch
- ISBN-10: 3462053132
- ISBN-13: 978-3462053135
Informationen zum Autor: (Quelle: Kiepenheuer & Witsch)
Matthias Brandt, geboren 1961 in Berlin, ist einer der bekanntesten deutschen Schauspieler. Für seine Leistungen ist er vielfach ausgezeichnet worden. Als Autor debütierte Matthias Brandt 2016 mit seinem hochgelobten Erzählband »Raumpatrouille«.
Matthias Brandt hat sogar den Spion Guillaume gespielt, den er als Kind kannte und über den sein Vater stürzte.
AntwortenLöschenTurnbeutel: da haben wir was gemeinsam. Meinen ersten Kassettenrecorder bekam ich zur Jugendweihe von den Großeltern.
Liebe Grüße an die Turnbeutelträgerin...
Das war mir klar, dass Du den Schauspieler kennst und auch die Filme dazu... *grins* :) Liebe Grüße zurück!
LöschenIch kann mich in eure Turnbeutelgang einreihen ;-)
AntwortenLöschenAn die Pubertät meiner Tochter möchte ich nicht erinnert werden...
Mathias Brandt mag ich als Schauspieler sehr.
Deine Rezi macht mich schon sehr neugierig.
Liebe Grüße Regina
Hihi, Turnbeutelgang... :) Tja, die Pubertät meines Sohnes - daran denke ich auch nicht gerne zurück. Aber es gehört nun einmal dazu.
LöschenLiebe Regina, ich glaube unbedingt, dass dies ein Buch für Dich wäre! Leider habe ich es selbst nur geliehen, sonst würde ich es Dir zuschicken...