Altes muss nicht schlecht sein... Aktuell gibt es das Buch nicht mehr im Knaur-Verlag, aber als Mängel-Exemplar gebraucht erstanden geht es zur Not auch. Immerhin habe ich hier den ersten Band einer Reihe erwischt. Gregg Hurwitz ist mir schon durch 'Orphan X' bekannt, und da ich daher weiß, dass er mitreißend schreiben kann, griff ich bei diesem Buch zu...
Der Plot erscheint grausam - und ist es auch. Hurwitz spart nicht an Action-Szenen, und spannend ist es allemal, auch durch einige überraschende Wendungen und Ereignisse. Faszinierend fand ich hier zudem die ethische Fragestellung: ob Selbstjustiz unter gewissen Umständen nicht nur nachvollziehbar sondern möglicherweise auch tolerierbar sein könnte. Aber ich will hier nicht vorgreifen - lest selbst:
Inhalt: (Quelle: Amazon)
Tim Rackley ist US Marshal in Los Angeles. Als seine sechsjährige
Tochter brutal ermordet und der Täter wegen eines juristischen
Formfehlers freigesprochen wird, gerät seine Welt aus den Fugen. Das
Verlangen nach Rache wird übermächtig, und so schließt sich Rackley
einer Organisation an, die sich das Ziel gesetzt hat, solche ›Fehler‹
der Rechtsprechung zu beseitigen. Als skrupellose Mitglieder bei ihren
Aktionen ein Blutbad anrichten, begreift Rackley, dass es eine Qual sein
kann, sich zum Herrn über Leben und Tod aufzuschwingen…
GESETZ ODER GERECHTIGKEIT...
Los Angeles (Quelle: Pixabay) |
Was für ein Thriller! Ich mag es, wenn Spannungsliteratur nicht nach
Schema F gestrickt, sondern mit einer besonderen Fragestellung verknüpft
ist. Hier ist dies der Fall - die Handlung begleitend stellt sich die
Frage, ob Selbstjustiz ein probates und nachvollziehbares Mittel sein
kann, um Lücken im Gesetz zu flicken. Wenn nämlich nachweislich üble
Zeitgenossen aufgrund von Verfahrensfehlern vor Gericht freigesprochen
werden, ihre Schuld tatsächlich aber außer Frage steht. Sollte dann
nicht jemand dafür sorgen, dass diese Mörder, Vergewaltiger und Folterer
keinen weiteren Schaden mehr anrichten können?
Tatsächlich schleichen sich beim Lesen vor allem zu Beginn des Buches
unangenehme Gedanken ein, dass dies - bei allem Verständnis für die
Notwendigkeit der Aufrechterhaltung der demokratischen Organisationen -
tatsächlich in einigen Fällen wünschenswert sein könnte.
Gerade am Anfang des Thrillers gelingt es Gregg Hurwitz grandios, die
emotionale Ausnahmesituation, in der Tim und seine Frau Dray nach dem
Mord an ihrer kleinen Tochter stecken, überaus plastisch darzustellen.
Teilweise blieb mir dabei fast der Atem weg. Und es erscheint mehr als
plausibel, dass Tim - eigentlich US-Marshall - aufgrund einiger übler
Entwicklungen anfällig ist, als er von besagter Organisation angeheuert
wird.
Skeptisch zunächst, entscheidet sich Tim schließlich tatsächlich,
dieser Gruppe von Scharfrichtern beizutreten, zumal ihm das Verfahren,
wie über ein Eingreifen entschieden wird, nachvollziehbar und
tolerierbar erscheint. Als Lohn winkt ihm darüber hinaus ein Einblick in
die Unterlagen zum Mord an seiner Tochter, wodurch er sich
entscheidende Erkenntnisse erhofft.
Durch den emotional aufwühlenden Anfang der Erzählung erscheinen Tims
Schritte überaus
nachvollziebar und fast schon logisch. Er will die
Dinge selbst in die Hand nehmen und vorantreiben können und ist dafür
auch bereit, unter Umständen einen hohen Preis zu bezahlen. Mit Sorge
betrachten er und der Leser dabei die negative Entwicklung seiner Ehe -
schon das Trauma des gewaltsamen Todes ihres gemeinsamen Kindes lassen
die Beziehung von Tim und Dray auseinanderdriften. Seine Entscheidung,
den Scharfrichtern beizutreten, tut ein übriges. Krisen wohin man
schaut...
Tim als ausgezeichneter und gut ausgebildeter Polizist benötigt im
Verlauf seine gesamte Erfahrung, um sich den zunehmend heikler werdenden
Situationen zu stellen. Es ist zu merken, dass Gregg Hurwitz gewöhnlich
Drehbücher für Hollywood schreibt - die Actionszenen sind nicht von
schlechten Eltern, spannend und mitreißend, wenn auch zuweilen für mich
zu rasch in der Abfolge - eben wie im Film, was mir das Vorstellen der
Szenen z.T. erschwerte.
Alles in allem eine gelungene Mischung aus Emotionen, Action und
Spannung, verknüpft mit einer heiklen Fragestellung. Wendungen und
überraschende Entwicklungen inbegriffen. Das Ende bietet erwartungsgemäß
einen spannenden Show-Down und ganz am Schluss noch eine weitere
überraschende und im Grunde sehr ironische Entwicklung, die mir sehr
gefallen hat.
Ein gelungener Auftakt einer vierbändigen Reihe um Tim Rackley, der
mich neugierig auf die weiteren Folgen gemacht hat. Für Liebhaber dieses
Genres wirklich empfehlenswert!
© Parden
Produktinformation: (Quelle: Amazon.de)
- Taschenbuch: 636 Seiten
- Verlag: Knaur (1. Mai 2006)
- Sprache: Deutsch
- Übersetzung: Ulrich Hoffmann
- ISBN-10: 3426632675
- ISBN-13: 978-3426632673
- Originaltitel: The Kill Clause
Informationen zum Autor: (Quelle: Verlagsgruppe Droemer Knaur)
Gregg Hurwitz, geboren 1973, studierte Englisch und Psychologie an der
Harvard University sowie in Oxford (GB). Mit seinen Thrillern um US
Marshal Tim Rackley ("Die Scharfrichter", "Die Sekte", "Die Meute")
sowie dem Stand-alone "Blackout" gelang ihm in den USA und
Großbritannien der Durchbruch als Spannungsautor. Er lebt in Los
Angeles.
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