Wer mich persönlich kennt, der weiß, dass ich ein gespaltenes Verhältnis zu Ärzten habe. Zu viele Oberflächlichkeiten, zu wenig Einfühlungsvermögen, zu groß das Desinteresse - das sind die häufigsten meiner Erfahrungen bisher.
Ja, es gibt die Ausnahmen, und auch denen bin ich bereits begegnet. Aber ist es nicht im Grunde auch heute noch so, wie es einst der kluge Voltaire (1694-1778) zusammenfasste: "Ärzte
schütten Medikamente, von denen sie wenig wissen, zur Heilung von
Krankheiten, von denen sie noch weniger wissen, in Menschen, von denen
sie gar nichts wissen."? Wie schön ist es da allein schon, im Gegenüber auf wirkliches Interesse zu stoßen, auf einen ganzheitlicheren Blick, auf ein Bemühen! Und dann solch ein Titel - der ja impliziert, dass ein einzelner Patient das Leben und Wirken eines Arztes entscheidend beeinflusst hat. Natürlich wurde ich da neugierig!
Inhalt: (Quelle: Verlagsgruppe Droemer Knaur)
Der Arzt und preisgekrönte Wissenschaftsjournalist Bernhard Albrecht
erzählt von Patienten, deren Fälle aussichtslos erscheinen, und von
Ärzten, die alles daransetzen, die Krankheit gegen alle
Wahrscheinlichkeit zu heilen und Leben zu retten. Und er zeigt, wozu die
Medizin imstande wäre, wenn jeder Patient einen Arzt fände, der alles
für ihn gibt.
WAHRE GESCHICHTEN AUS DER MEDIZIN...
Quelle: Pixabay |
Wer wünscht ihn sich nicht: einen Arzt, der
alles, wirklich ALLES tun würde, um einen vor dem sicheren Tod zu
retten? Da ist der Arzt, der einen Jungen zurück ins Leben holt, der mit
einer Körpertemperatur von nur noch 17 Grad im Koma liegt. Da ist das
Medizinerpaar, das eine künstliche Luftröhre baut, um einem todgeweihten
Patienten ein normales Leben zu ermöglichen. Und da ist der
Stationsarzt, dem es erstmals weltweit gelingt, einen Patienten von Aids
zu heilen. Sie alle standen an einem Punkt, wo herkömmliche
medizinische Methoden versagten und sie völlig neue Wege suchen mussten,
um ihren Patienten zu helfen.
Sich
zum Arzt oder gar ins Krankenhaus zu begeben, bedeutet meist auch,
seinen Status als eigenständiger Mensch zumindest ein Stück weit
aufzugeben. Eine Maschinerie wird in Gang gesetzt, die selten Blicke
nach rechts oder links erlaubt, sondern einen im Gleichschritt durch die
notwendigen Prozeduren schleust und am Ende bestenfalls als geheilt -
oder zumindest mit einem passenden Rezept in den Händen - entlässt.
Bernhard
Albrecht stellt hier verschiedene Patienten vor, die durch eine
Erkrankung extreme Einschränkungen erfuhren bzw. sogar in akuter
Lebensgefahr schwebten. Bei aller Unterschiedlichkeit der zugrunde
liegenden Erkrankungen (verätzte Luftröhre, Aids, Leukämie, chronische
Schmerzen, Gehirnerkrankung, Klumpfuß u.a.m.), durchliefen die Patienten
doch ähnliche Stationen: endlose Arztbesuche, festgeschriebene
Diagnosen, jahrzehntelange Irrfahrten, achselzuckende Hilflosigkeit der
Ärzteschaft, Resignation. Bis sie zu ihrem Glück zufällig auf genau den
einen Arzt stießen, der bereit war, auch einmal über den Tellerrand
hinaus zu blicken.
Nicht
aufgeben, sondern Neuland betreten und ungewöhnliche Methoden zum
Einsatz bringen. Die hier vorgestellten Ärzte wagten diesen einen
besonderen Schritt, der von der übrigen Ärzteschaft oft misstrauisch
betrachtet wurde, der manches Mal bei der Ärztekammer angezeigt wurde
oder/und der den Arzt Nerven und reichlich Geld kostete, wenn die
Krankenkasse sich weigerte, für das Mittel der Wahl aufzukommen...
Teilweise
wurde ein Weg dabei genau ein einziges Mal beschritten, entweder weil
bei dem einen Patienten die Bedingungen so günstig waren wie sonst bei
keinem anderen mit seinen Symptomen oder aber weil dem Arzt im Anschluss
solche Steine von Behörden/Kassen in den Weg gelegt wurden, dass er in
Zukunft auf weitere Schritte in diese eingeschlagene Richtung
verzichtete.
Bernhard
Albrecht stellt hier interessante Fälle vor, wobei er - für mich
erstaunlicherweise - auch den persönlichen Hintergrund des jeweiligen
Patienten ausführlich ausleuchtete. Einerseits wird so natürlich
deutlich, dass es sich in jedem einzelnen Fall um ein persönliches
Schicksal handelt und eben nicht nur um einen 'Fall', andererseits liegt
dadurch der Schwerpunkt der Schilderungen manchmal sehr deutlich auf
Seiten des Patienten, da erscheint der medizinisch innovative Weg eher
nebensächlich.
Die
medizinischen Ansätze fand ich sehr interessant - und z.T. auch
bedrückend. In einem Fall stellte sich beispielsweise heraus, dass es
zur Behandlung einer bestimmten Erkrankung schon zig Jahre zuvor eine
erfolgreiche Methode gab, dass diese aber in alten Fachzeitschriften vor
sich hin moderte, auf die in der Regel kein moderner Arzt mehr
zurückgreifen würde - verlorenes Wissen, das ansonsten schon unzähligen
Patienten davor hätte helfen können.
Eine
interessante Sammlung, die romanhafter geraten ist als ich vermutet
hatte (ein erzählendes Sachbuch also), die durch die Verschiedenartigkeit der Fälle aber für reichlich
Abwechslung sorgte. Im Grunde sollten angehende Ärzte Bücher wie dieses
als Zwangslektüre lesen müssen - damit sie gar nicht erst in die Schiene
der seelenlosen Maschinerie geraten und ihr selbständiges und
kritisches Denken nicht am Krankenhauseingang beim Pförtner abgeben und
dann stehen lassen wie einen vergessenen Regenschirm.
Wozu wäre wohl die Medizin imstande, wenn jeder Patient einen Arzt fände, der alles für ihn gibt?
© Parden
Produktinformation: (Quelle: Amazon.de)
- Gebundene Ausgabe: 272 Seiten
- Verlag: Droemer HC (1. August 2013)
- Sprache: Deutsch
- ISBN-10: 3426275945
- ISBN-13: 978-3426275948
Informationen zum Autor: (Quelle: Verlagsgruppe Droemer Knaur)
Bernhard Albrecht studierte Medizin und Publizistik in Bochum, Uppsala,
Barcelona und Straßburg und promovierte zum Dr. med.. Er arbeitete
zunächst als Arzt und schrieb nebenher für Tageszeitungen und
Zeitschriften. Seit 2000 arbeitete er als Journalist für verschiedene
Fernsehanstalten und schrieb u.a. für Spiegel und Geo. Mehrfach wurde er
für seine Arbeiten ausgezeichnet, u.a. mit dem Adolf-Grimme-Preis.
Bernhard Albrecht lebt heute als Redakteur des "Stern" in Hamburg und
München.
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