Donnerstag, 21. März 2024

Zürcher, Dorothe: Bittermandeln aus Byzanz


Das Erste, was mir bei diesem Titel und dem Cover in den Sinn kam, war Mord. Bittermandeln, da kommt einem doch Cyanwasserstoff, also Blausäure in den Sinn, und die ist bekanntlich hochgiftig. Bei unbehandelten Bittermandeln würde während des Verdauungsvorganges eben solche Blausäure freigesetzt werden, unbehandelte Bittermandeln sind daher für den menschlichen Genuss nicht geeignet. Das kann man bei einer bekannten Online-Enzyklopädie nachlesen.

Wenn zudem noch ein Mörser abgebildet ist, dann kommt der Leserin oder dem Leser vielleicht eine Apotheke in den Sinn. Vielleicht eine Gelegenheit, diesen oder jenen räuberischen Franken abzumurksen, der sich anschickt, 1190 unter Kaiser Barbarossa das Heilige Land zu erobern, im alten Byzanz aber erst einmal halt machen muss. So ganz von ungefähr kommt die Überlegung am Ende nicht. In Adrianopel macht der Kreuzfahrer Diethelm von Toggenburg halt. Dort kochte bis eben für den byzantinischen Stadthalter die Delikatessenköchin Alkmene Bittermandeln, genauer, sie macht Confectum daraus... Lecker, dieses Zeug, das glaubt man Dorothe Zürcher sofort.

Die in Zürich lebende Autorin hat dieses abenteuerliche historische „Kochbuch“ geschrieben, in dem besagte Alkmene unter für unsere Gewohnheiten unglaubliche Küchenzustände, zum Beispiel in einem Feldlager allerlei aus wenig Zutaten zaubern muss. Aber es ist auch ihr Glück...

Unter den vielen Speisen, die da zu Beginn eines Kapitels, in dem sie eine nicht unwesentliche Rolle spielen werden, empfiehlt die Autorin Blutpudding und Veilchenwein. Da sie „vergessen“ hat anzugeben, in welchen Wein die aufgezogenen Veilchenblätter zwei mal sieben Tage getaucht werden müssen, muss Blutpudding als Beispiel dienen. Aber wie lesen auch von weich gekochten Eiern, Pfefferkuchen, Gewürzzwiebeln und einer „weißen Speise“, gedacht für die Reichen und Fürsten, die Zubereitungszeit dauert arg lang. Mit manchem Zeug könnten Alkmene und Frau Zürcher mich jagen, zum Beispiel wenn für „Moretum“, eine Art Pesto mit Schafskäse, „ranziges Olivenöl, Knoblauch und bittere Olivenblätter“ verwendet wird.



Kochen zum Leben und zum Überleben, auch wenn der Kreuzzug beim lesen irgendwann zur Nebensache wird. Diethelm, Alkmene und Pares, ein Eunuch, stehen im Mittelpunkt der Geschichte, in der die Liebe nicht fehlt, wie auch die Gewalt, denen die Einwohner Adrianopels beim Einzug der ungehobelten, ewig von Durchfall und Hunger geplagten fränkisch-deutschen Kreuzrittern ausgesetzt sind.

Andere Gegenden werden wir vielleicht im August 2024 kennen lernen, wenn mit Anisbrot in Antiochia sich die Handlung des zweiten Bandes bis nach Jerusalem bewegen wird. Es bleibt also spannend...


Mandelblüten - pixabay - Angeleses


Trotzdem riss mich der Roman nicht so richtig mit. Zeitweise fragte ich mich, „passiert hier mal was?“ – Aber eigentlich passiert genug. Unter den Figuren sticht dieser Eunuch hervor, die anderen, bis auf den kindlichen Knappen des Diethelm von Toggenburg (hist. Person), Pio, bleiben etwas farblos.
Natürlich sehen wir Alkmene mutig durch die Küchen hinken, sie hat eine verletzte Hüfte, aber wenn schon der Kaiser und sein Sohn Friedrich von Schwaben, auftauchen, dann hätte ich mir etwas mehr gewünscht außer der Idee von Gift...



"Kochbücher im Bestand"


Vielleicht, sehe ich das nach Band 2 etwas anders. Auf jedenfalls ist es kein Aller-Welts-Mittelalter-Roman, die Kochkunst als Aufhänger zu nehmen, war eine tolle Idee. Vielen Dank, Frau Zürcher, auch für das Rezensionsexemplar.


© Der Bücherjunge


1 Kommentar:

  1. Bei "Blutpudding" bin ich schon raus... Vielleicht überzeugt der zweite Band mehr?

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