Dienstag, 13. Juni 2023

Frech, Jochen: Plagiat

Wenn Polizisten Romane schreiben, dann kann man sich mit (relativer) Wahrscheinlichkeit auf etwas freuen, was "polizeilich korrekt" daher kommt. Trotzdem, natürlich, geben beim Schreiben von Thrillern auch (ehemalige) höhere Polizeiführer dabei ihrem Affen Zucker. 

So war das bei dem gleich siebenteiligen Werk TÖDLICHE DISTANZ von Jochen Frech, welche Anne Parden allesamt wohlwollend im Jahre 2015 bereits hier besprach (hier Teil 1). Selbst verfasste ich eine Zusammenfassung mit "Tatortskizze" - Das Ganze war ein überaus spannender Krimi, bei dem die G7-Staatschefs auf der Europabrücke über den Rhein bei Kehl in tödliche Gefahr geraten sollten. 

Jochen Frech führte einst ein SEK, da sind Scharfschützen, besser Präzisionsschützen ihm selbstverständlich sehr bekannt, außerdem sind solche Leute international gut vernetzt. 

Wenn ein Buch dagegen "Plagiat" heißt und das Plagiat von der Kandidatin für das Bundeskanzleramt stammt, dann glaubt man doch, dass hier aktuellste Bezüge eine Rolle spielen könnten, Politiker wurden des öfteren "Opfer" ihrer eigenen "wissenschaftlichen" Schlamperei. 

Nun aber hat diese Kandidatin in ihrer Dissertation vor Jahren durch ein Plagiat ihre eigenen Familiengeschichte geschönt, das ist milde ausgedrückt.

"Ein junger deutscher Historiker wird bei Warschau tot aufgefunden. Carla, seine Schwester, glaubt nicht an Selbstmord, vor allem, als zwei weitere Personen sterben, die mit ihm in Kontakt standen. Als sie versucht herauszufinden, woran ihr Bruder gearbeitet hat, stößt sie auf eine höchst brisante Recherche, die der Kanzlerkandidatin zum Verhängnis werden könnte.  Doch die eigentliche Gefahr lauert im Hintergrund. Und als Carla die Dimension des Komplotts begreift, auf das sie gestoßen ist, schwebt sie längst selbst in Lebensgefahr."

Das liest sich nach einem spannenden Plot. Carla wäre auch genau eine Person, die dazu passt, passionierte Freikletterin, Sportlerin, eine die sich solchen Herausforderungen stellt. Diese Herausforderungen hier bringen sie an ihre Grenze...

Mich brachte das Hörbuch an die Grenze. Da wäre zum einen dieses "Komitee", welches mit Mord und Totschlag versucht, den Skandal zu vermeiden. Eine weltweite Vereinigung von Machtmenschen hochentwickelter kapitalistischer Staaten. Die Mittel und Möglichkeiten sind unerschöpflich, das betrifft Kapitalressourcen, aber es ist seltsam, dass sich der "Präsident" auf zwielichtige mörderische und wodkasaufende Russen verlässt. 
Carla und ihre Freunde, die einst auf die Spuren des Plagiats stießen, sind technisch genauso gut ausgerüstet und fähig, die israelischen Geheimdienste mischen da mit. 

Ehrlich, für Weltverschwörungen fehlte mir angesichts der dussligen Verschwörungstheorien dieser Zeit der Nerv. Da muss außerdem noch "Nowitschok" eine Rolle spielen, das Zeug, mit dem der russische Geheimdienst den Sergej Skripal und dessen Tochter sowie Alexej Nawalny vergiftet hat. Zudem sind des Autoren Sprünge zwischen Zeiten und Orten irgendwie unübersichtlich. Der Autor hat sehr viele Themen miteinander verwoben, KI, Holocaust, deutsche Besatzung in Polen, internationale Politik und Wirtschaft, Demokratiefeindlichkeit und vieles mehr. Aber, ich erwähnte schon die Russen, ein "Komitee", welches auch Hochtechnologie zurückgreifen kann letztlich mit simpler Folter agiert, vermag sich mir nicht zu erschließen.

Diese Carla hätte mit als Figur durchaus gefallen können, nein, sie hat mir sogar gefallen,  andere bleiben blass wie die Kanzlerkandidatin, deren Gründe für das Plagiat sich für den Leser nur teilweise offenbaren. Auch da war durchaus Luft nach oben. Die Folgen für die Politikerin sind auch eher ins Reich der Fantasie zu verorten.  

Die Sprecherin, Jana Marie Backhaus-Tors, fand ich aber gut. 

Natürlich wollte ich wissen, wie das Ganze ausgeht und blieb am Ball. Aber irgendwie stellte sich, anders als im oben erwähnten Siebenteiler, das Hörvergnügen in diesem Fall nicht ein. Das Hörbuch wurde als ungekürzt angegeben, irgendwie hatte ich das Gefühl, dass da jemand "rumgekürzt" hat. (Reichen 400 Seiten für 9 Stunden und 15 Minuten Hörbuch?) 

Aber irgendwann versuche ich noch mal einen Jochen Frech. Vielleicht bietet sich die Sprengung der Nordstream-Piplines als Thema an? Vielleicht empfiehlt er mir eines, denn die Tatortskizze hat ihm damals vor acht Jahren gefallen. Falls er diese Buchbesprechung liest.


  • DNB / Benevento / 2023 / ISBN: 978-3-71090156-0 / 400 Seiten

© Der Bücherjunge



 

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