In einem großen, fast kreisrunden Raum lernte ich am 24. Mai 2023 die Christina Bacher kennen. In diesem riesigen, fast kreisrunden Raum befanden wir uns in Berlin Kreuzberg und schauten über die Berliner Mauer auf den Berliner Fernsehturm. Von dieser buchigen Leseveranstaltung schrieb ich bereits hier.
Der Moderator der Veranstaltung, Willi Hetze meinte, dieses Buch hier könnte man in einem Rutsch durchlesen, so war es dann auch - fast.
Um was geht es? Im Jahre 1861 geschieht bei Marburg ein Mord. Eine junge Frau stirbt samt ihrem ungeborenen Kind. Viele Leute nennen sie DAS HINKEL. Sie hinkt etwas, gilt als dumm und dann auch noch der "Braten in der Röhre" - ein Bastard.
Der Mörder ist weithin bekannt, das Opfer eher nicht. Es soll ein schöner Mann gewesen sein, witzig, überzeugend, das Opfer dagegen ist den Menschen eher nicht geläufig. Ludwig Hilberg, der die werdende Mutter mit mehreren Messerstichen und durchgeschnittener Kehle um Leben brachte ist zudem der letzte Verbrecher, der auf der Rabensteiner Richtstätte mit dem Schwert gerichtet wurde.
Der Mörder ist weithin bekannt, das Opfer eher nicht. Es soll ein schöner Mann gewesen sein, witzig, überzeugend, das Opfer dagegen ist den Menschen eher nicht geläufig. Ludwig Hilberg, der die werdende Mutter mit mehreren Messerstichen und durchgeschnittener Kehle um Leben brachte ist zudem der letzte Verbrecher, der auf der Rabensteiner Richtstätte mit dem Schwert gerichtet wurde.
Dies erzählte Christina Bacher während der Lesung und erklärte, dass das Buch dem nahezu unbekannten Opfer gewidmet ist, welches sie an die Öffentlichkeit holen wollte. Dies ist ihr mit Hinkels Mord gelungen. Ich weiß zwar nicht, ob das Taschenbuch nun zu Hauf in den Haushalten um Marburg zu finden sein wird, aber hier gibts ja zumindest eine neue Besprechung.
Nun haben wir kein Sachbuch vor uns liegen, sondern einen historischen Roman. Der Mord bekommt eine Rahmenhandlung, denn die angehende Journalistin Liva Lohrey, die das Leben bisher eher etwas leicht nahm, muss nach Hause, denn ihre Mutter liegt nach einem Überfall im künstlichen Koma in der Klinik. Schlimm, denn der ältere Bruder Alex gilt seit drei Jahren als vermisst und nun das.
Alex hat sich mit dem Mordfall beschäftigt. Und Liva braucht noch ein Thema für eine Reportage im Journalistik-Studium. So vertieft sie sich in den Fall, dessen Beschreibung sie im Zimmer des Bruders im mütterlichen Haus findet, vom Vater weiß sie nichts.
Zur Seite steht ihr in den Misslichkeiten immer wieder und auch unverhofft Konstantin, der beste Freund des Bruders. Freund? - Wir werden sehen...
Zur Seite steht ihr in den Misslichkeiten immer wieder und auch unverhofft Konstantin, der beste Freund des Bruders. Freund? - Wir werden sehen...
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Es sind ziemlich viele Verwicklungen, und es dauert eine Weile bis zur Auflösung. Das wäre nicht Sinn eines Sachbuches. Gleichermaßen aber funktioniert ein historischer Roman aus meiner persönlichen Sicht dann, wenn historische Fakten Ausgangspunkt für die Geschichte sind.
Dies erfordert eingehende Recherche, und dafür haben Journalistinnen wie Bacher ein besonderes Gespür, wenn, oder eben weil sie es vermittelt bekamen. Was Liva hätte noch alles herausbekommen hätte, stellt sich, im Roman dann auch ohne Recherche ein, irgendwann stellt die junge Frau fest, dass es da einen familiären Susammenhang gibt… Mehr wird hier nicht verraten.
Dies erfordert eingehende Recherche, und dafür haben Journalistinnen wie Bacher ein besonderes Gespür, wenn, oder eben weil sie es vermittelt bekamen. Was Liva hätte noch alles herausbekommen hätte, stellt sich, im Roman dann auch ohne Recherche ein, irgendwann stellt die junge Frau fest, dass es da einen familiären Susammenhang gibt… Mehr wird hier nicht verraten.
Um genau solche Dinge ging es im Mauer-Panorama, um Fiktion und Wahrheit in historischen Romanen. Erst letztlich las ich in einer Rezension, zu einem solchen Roman, es wäre zu wenig Fiktion für den Geschmack der Leserin enthalten gewesen. Sonst liest man eher, dass Zuviel „Geschichte“ drin wäre. Auch wenn der Mittelweg wieder einmal golden wäre, ich neige eher zu mehr Geschichte. Die fiktiven Figuren sind die Glieder, die den historischen Ramen erzählbar machen, bei denen darf die Autorin oder der Autor dann auch „spinnen“, was bei den historischen Figuren in Grenzen bleiben muss.
Christina Bacher ist das hier gut gelungen. Auch hat sie sie Spannung gehalten bis zum Schluss. Taucht dieser Alex wieder auf? Wer eigentlich ist der Vater der beiden? Und welche Rolle spielt beider Freund, dieser Konstantin? - Ob das „studentische“ Leben der Liva Erfahrungen der Autorin wiederspiegelt, darüber können nun wir spekulieren.
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Die Facebookseite der Autorin heißt witzigerweise Soko Marburg-Biedenkopf. Dort findet man noch mehr zu HINKELS MORD, obwohl, und das geht mir ständig durch den Kopf, Dorothea Wiegand gar keinen Mord begangen hat. 👀😏
PS: Der Scharfrichter, der letztmalig auf der Richtstätte das Schwert schwang, soll dies mit Wut und Grausamkeit getan haben. Wut muss er gehabt haben, denn sein Gewerk war fürderhin nicht mehr gewollt, weil ein Franzose ein Werkzeug erfand, welches besser geeignet sein sollte. Aber inwiefern er „grausam“ zuschlug, will mir nicht einleuchten, die Profession des Scharfrichters war es ja, eben schnell genau und trotz allem plötzlich zuzuschlagen, und wie der Kopf des auf einen Stuhl gefesselten Delinquenten fixiert wurde, ist mir auch ein Rätsel. (Dieser Exkurs ist aber eigentlich nicht sehr relevant für diese Rezension; das steht sicherlich genau beschrieben im oben erwähnten Sachbuch)
- DNB / KBV /2020 / ISBN: 978-3-95441-522-9 / 250 Seiten
- Richtstätte: https://de.m.wikipedia.org/wiki/Datei:Richtst%C3%A4tte_Rabenstein_Marburg_(02).jpg
© Der Bücherjunge
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