Montag, 3. April 2023

Borrmann, Mechtild: Die andere Hälfte der Hoffnung (Hörbuch)

Valentina wartet auf die Rückkehr ihrer Tochter aus Deutschland. Seit Monaten hat sie nichts mehr von ihr gehört. Sie scheint spurlos verschwunden – wie viele andere Studentinnen, die angeblich ein Stipendium in Deutschland erhalten haben. Valentina lebt dagegen in der verbotenen Zone von Tschernobyl, ihrer alten Heimat. Um dem trostlosen Warten und dem bitterkalten Winter zu trotzen und die Hoffnung nicht zu verlieren, beginnt Valentina ihre Lebensgeschichte aufzuschreiben. In Deutschland versteckt währenddessen Martin Lessmann eine junge osteuropäische Frau vor ihren Verfolgern. Als sie sich kurz darauf die Pulsadern aufschneidet, rettet er sie ein zweites Mal – und erfährt Ungeheuerliches. (Klappentext) 

DNB / audio media verlag / 2014 / ISBN:  978-3868048490 / 362 Minuten

 

 

 

 

 

Kurzmeinung:

 
Man kann den Glauben an die Menschheit verlieren, die Autorin legt den Finger in die Wunde - zeitgeschichtliche Missstände, menschengemacht.

 

 

 

 

 

 

 

 

 TSCHERNOBYL, KORRUPTION UND MENSCHENHANDEL...

 

Kühlturm Tschernobyl (Quelle: Pixabay)
 

Drei Handlungsstränge verwebt Mechtild Borrmann in diesem bedrückenden Roman, die zu Beginn nur wenig miteinander zu tun zu haben scheinen. 

Zum einen gibt es da den alten Schafbauern Lessmann, der allein mit seinem Hund auf seinem Hof in Zyfflich am Niederrhein lebt. Mitten im Winter flüchtet sich eine nur spärlich bekleidete junge Frau auf seinen Hof, auf der Suche nach Schutz vor ihren Verfolgern. Nach kurzem Zögern lässt Lessmann sie ein - und fortan steht sein Leben auf dem Kopf. 

Dann gibt es in der Ukraine in der sog. Entfremdungszone bei Tschernobyl eine ältere Frau, die ihre Tochter seit einem Jahr vermisst. Gemeinsam mit ihrer Freundin ist Walentynas Tochter nach Deutschland gereist, weil ein Stipendium ihr dort ein Studium versprach. Die Polizei reagiert genervt, wenn Walentyna dort auftaucht, um zu erfahren, ob es in dieser Angelegenheit etwas Neues gibt. Walentyna hat begonnen, für ihre Tochter ihr Leben aufzuschreiben, in einer Art Tagebuch besondere Ereignisse ihrer Vergangenheit zu notieren. Das geht vom Schicksal von Walentynas Mutter während des Zweiten Weltkriegs über die Katastrophe in Tschernobyl, die alles zum Schlechten veränderte, bis hin zum heutigen Tag. Ein düsteres Vermächtnis.

Als drittes spielt Leonid Witalijowytsch Kyjan eine Rolle, Oberleutnant der Kriminalmiliz, der sich um die Aufklärung zahlloser Fälle verschwundener ukrainischer Mädchen bemüht. Offensichtlich gibt es einen geschickt operierenden Menschenhändlerring mit Verbindungen bis in die oberste Spitze. Auch die Miliz scheint nicht gefeit zu sein vor Korruption und Vertuschung. Leonid kämpft gegen Windmühlen und wird schließlich suspendiert. Auf eigene Faust fährt er nach Deutschland, um nach den verschwundenen Mädchen zu suchen...

Abwechselnd rückt einer der Handlungsstränge in den Fokus, und so entsteht schließlich ein düsteres Mosaik von menschengemachten Missständen, das einen den Glauben an die Menschheit verlieren lassen kann. Menschenhandel, Zwangsprostitution, Korruption, Behinderung der Ermittlungen, dazu noch die unfassbaren Geschehnisse rund um die Reaktorkatastrophe von Tschernobyl mit all den Lügen, Verschweigungstaktiken und Dementieren von Seiten der Regierung - und den fatalen Folgen für die Bevölkerung, die bis heute andauern.

Mechtild Borrmann verleiht diesen Missständen Gesichter, Einzelschicksale die bewegen, die aber auch wütend und ratlos machen. Dabei verwebt sie die Handlungsstränge zunehmend miteinander, bis deutlich wird, welche Zusammenhänge da bestehen. Doch auch wenn es zuletzt Antworten gibt - der Roman lässt einen bedrückt zurück. Die ungekürzte Hörbuchfassung (6 Stunden und 2 Minuten) wird ruhig aber eindringlich gelesen von Ulla Wagener und Axel Wostry.

Die andere Hälfte der Hoffnung - ist Hoffnungslosigkeit. 


© Parden

 

 

 

 

 

 

 


 

 

 

 

 

 

 

Mechtild Borrmann, Jahrgang 1960, verbrachte ihre Kindheit und Jugend am Niederrhein. Bevor sie sich als Schriftstellerin einen Namen machte, war sie u. a. als Tanz- und Theaterpädagogin und Gastronomin tätig. Die Autorin ist mit zahlreichen renommierten Preisen, u.a. dem deutschen Krimipreis ausgezeichnet worden. Ihre Romane "Trümmerkind" und "Grenzgänger" standen monatelang unter den TOP 10 der Spiegel-Bestsellerliste. Mechtild Borrmann lebt als freie Schriftstellerin in Bielefeld. (Quelle: Droemer Knaur)

 

 

1 Kommentar:

  1. Schein ein kurzes Buchzu sein für drei Handlungsstränge… Der Bj

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