Donnerstag, 3. November 2022

Spix, Ida: Die zerbrochenen Flöten - Jadefisch und Motecuzoma

Manche Bücher brauchen etwas länger. Dieses hier wurde mit bereits im letzten Jahr „übergeben“. Es war auf der BuchBerlin 2021. Kerstin Groeper betreute wie üblich den Stand des Traumfängerverlages, diesmal unterstützt von Angelika Danielewski, alias Ida Spix. Mal keine nordamerikanischen Indianer, dafür bewegen wir uns in südlichere Gefilde, wir reisen mit Ida Spix  nach Mexiko. Zunächst einmal in das reiche Tenochtitlan, dort wo Motecuzoma herrscht, während an der Küste ein gewisser Hernando Cortez anlandet. Wir sind also bei den Azteken angekommen, im Jahre 1519. Vor siebenundzwanzig Jahren landeten die Schiffe des Christobal Colon in der Karibik und nun steht Cortez mit „Hirschen“ und „Feuerschlangen“ im Reich des Herrschers der Azteken Motecuzoma II ( 1465 – 1520).

Soeben lernt der Fürstensohn Zwölf-Bewegung Jadefisch auf der Flöte das Blumenlied. Jadefisch soll der neue Ixiptla werden und damit zum neuen Abbild des Gottes Tezcatlipoca werden. Jedoch ist es die Bestimmung des Ixziptla, am Ende des Jahres selbst dem Gott geopfert zu werden. Der große Sprecher, Moctecuzoma ist zu Beginn noch nicht erfreut, denn das Flötenspiel des Sohnes von Nachtjaguar, einer von sechs Herrschern in Cholollan, der Stadt der Grünfederschlange, lässt noch zu wünschen übrig, die Töne sitzen noch nicht perfekt.


Doch Jadefisch wird es schaffen und hat nun ständig mit dem Großen Sprecher zu tun, Als Ixiptla des Tetzcatlipoca kommt er fast überall hin und lernt nun auch Maisblüte, die Tochter des Herrschers der Atzteken kennen, eifersüchtig überwacht von ihrer Mutter Quetzalmatte. Sie kommen sich näher...

Eines Tages steht der Gesandte des Callox von Castillan, den Königs von Kastilien, vor Motecuzoma, man begrüßt und beschenkt sich, das Volk schaut ehrfürchtig zu, der Herrscher seinem noch nicht zu erahnendem Untergang entgegen. 

Das Buch endet, als sich Motecuzoma und Jadefisch zu wehren beginnen: Krieg!

Das Buch ist sehr bunt, in allen Schilderungen ist die Farbenpracht der aztekischen Gesellschaft spürbar. Da sind zum Beispiel die ausgestopften Vögel, die von Händlern angeboten werden:


Kolibri © URDD
„Ein weiblicher Vogel für einen Mann, ein männlicher Vogel für eine Frau... Er wird nach allen Regeln der Kunst präpariert. Man stopft ihn aus mit wohlriechenden Kräutern und weißem Kopal, auch ein Edelstein wird ihm eingefügt. Er wird mit roten Korallenschnüren umwunden und abermals mit Steinen geschmückt; auch Gold darf dabei sein. Die Zauberformeln werden über ihn gesprochen, wenn er ein letztes Mal in den Rauch gehalten wird – Die Formeln, die der Käufer erfährt, die nur für ihn bestimmt sind. Ein Mann trägt ihn am Gürtel seines Schurzes in einem Lederbeutel... eine Frau, wenn sie Mut hat im Haar.“
(Seite 142)


Die Rede ist von den kleinen farbenfrohen Kolibris; besitzt man einen, geht in Liebesdingen nichts mehr schief.

An die vielen völlig ungewohnten Namen muss man sich gewöhnen, mehrere für den selben Gott, die seltsamen Namen der handelnden Personen, mal ins Deutsche übertragen, mal mexikanisch (?)... Da hilft das Personenverzeichnis gleich im Einband und das Glossar am Ende.

Da finden wird dann die Bedeutung des Tezcatlipoca: Rauchender Spiegel, einer der Schöpfergötter, Gott der Gerechtigkeit, der die Einhaltung gesellschaftlicher Normen erzwingt, Gott, an dessen Stelle der Herrscher regiert, Gegenspieler des Quetzalcoatl, häufig Zerstörung bewirkend und deshalb besonders gefürchtet. Der Ixiptla ist dessen Abbild, wandelndes Abbild. Quetzacoatl ist die Grünfederschlange oder Kostbarer Zwilling, einer der Schöpfergötter, Gott der Künste, des Wissens, des Handels und außerdem der Titel der beiden Hohepriester.

Das muss man sich erst einmal merken. Hinzukommen die einzelnen Teilreiche, für die eine Art Karte nicht schlecht gewesen wäre. Das hätte das Verständnis über die Teile des Atztekenreiche, die Fürstentümer und die Verwaltung erleichtert. Um sich nicht „richtig“ zu bekriegen, führen die Fürsten zum Beispiel Blumenkriege: Dabei gibt es zwar Zweikämpfe und auch Gefangene, aber keine Schlachten, in denen sich tausende Krieger gegenüberstehen würden.




Die Stadt Tenochtitlan muss gewaltige Ausmaße gehabt haben. Die Wege, die der Ixiptla bewältigt, sind nicht leicht nachzuvollziehen. Ach hier wäre es schön, wenn ein "Stadtplan" vorhanden wäre. 

Es war also kompliziert zu lesen, dabei aber spannend und Wikipedia habe ich öfter bemüht, was an den Collagen vielleicht gut zu erkennen ist.



Es gibt unzählige Bücher über die Konqistadoren, dieses hier ist den Eingeborenen gewidmet, nicht dem einfachen Volk aber trotzdem einem Volk, dass dem Untergang geweiht war. Will man mehr über Montezuma II. (im Deutschen meist so geschrieben), dann sollte man Sachliteratur bemühen.

Die Autorin Ida Spix hat ihre Dissertation einst über atztekische Gesänge geschrieben, die Welt der Atzteken hat ihr der Dichter Ernesto Cardenal eröffnet mit seinem Zyklus „Für die Indianer Amerikas“ Und so studierte die in Berlin Köpenik geborene Angelika Danielewski Alt- und Lateinamerikanistik.

„Ich schreibe auf, was die Figuren mir zuflüstern. O ja, ich verhandle auch mit ihnen, damit sie mir etwas anderes sagen können. Höflich geben sie mir neue Worte, nur ihren Sinn ändern sie selten. Rückschauend glaube ich, dass ich ich ihnen eine Stimme geben wollte. Sie stehen für Menschen, die der ihren beraubt wurden, vor sehr langer Zeit., sie sind fiktiv, so wie mein (Autoren-) Name, indem der kleine blaue Spix-Ara weiter leben soll, denn auch er hat in der Welt, die ihm gehörte, keine Stimme mehr.“ (Einband)

Sie sagt auch, dass der Weg zu den Ureinwohnern der amerikanischen Kontinente mit einer gewissen Liselotte Welskopf-Henrich begonnen hat. Wer mich und diesen Blog schon ein bisschen kennt, versteht, dass diese Aussage von Bedeutung ist.


BuchBerlin November 2021


© Bücherjunge

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