Das Werk "Moby-Dick; oder: Der Wal" (englisch "Moby-Dick; or, The
Whale") ist ein 1851 in London und New York erschienener Roman von
Herman Melville. Das erzählerische Rückgrat des Romans ist die
schicksalhafte Fahrt des Walfangschiffes "Pequod", dessen Kapitän Ahab
mit blindem Hass den weißen Pottwal Moby Dick jagt, der ihm ein Bein
abgerissen hat.
Entlang dieses erzählerischen Fadens, der knapp die Hälfte des Romans ausmacht, reiht Melville zahlreiche philosophische, wissenschaftliche, kunstgeschichtliche und mythologische Exkurse, zu denen noch viele subjektive, mal lyrische, mal auch ironische Betrachtungen des Autors kommen. In diesem Rahmen wird auch die Welt des Walfangs im 18. und 19. Jahrhundert detailreich dargestellt.
Entlang dieses erzählerischen Fadens, der knapp die Hälfte des Romans ausmacht, reiht Melville zahlreiche philosophische, wissenschaftliche, kunstgeschichtliche und mythologische Exkurse, zu denen noch viele subjektive, mal lyrische, mal auch ironische Betrachtungen des Autors kommen. In diesem Rahmen wird auch die Welt des Walfangs im 18. und 19. Jahrhundert detailreich dargestellt.
(Quelle: Amazon.de)
Klassiker... Lohnt es sich heute noch, diese zu lesen? Sind sie nicht einfach nur antiquiert und längst überholt? Ich finde dies immer schwer zu sagen, so im Vorfeld, bevor ich mich zur Lektüre entscheide. Wie es mir mit diesem Werk erging, könnt Ihr hier lesen:
ANSTRENGEND ABER LOHNENSWERT...
Meine Ausgabe ist ein antiquarisches Werk - vermutlich aus den 50er
oder 60er Jahren des letzten Jahrhunderts. Erschienen ist sie im Eduard
Kaiser Verlag, jedoch ist kein Erscheinungsjahr angegeben, und auch eine
ISBN-Nummer sucht man hier vergeblich. Das Buch gehört neben anderen
Werken in ähnlicher Ausgabe zum Erbe meiner Eltern, und eine Leserunde
veranlasste mich nun, diesen Roman endlich auch einmal zu lesen.
Klassiker eben.
Im Rahmen der Leserunde stellte sich heraus, dass es bei den Ausgaben
v.a. im Umfang große Unterschiede gibt. Meine gehört mit 392 Seiten zu
den schmaleren Exemplaren, andere dagegen haben einen Umfang von über
800 Seiten. Demnach besitze ich offensichtlich eine gekürzte Ausgabe -
und im Nachhinein muss ich gestehen, dass ich froh darüber bin.
"Rache an einem tumben Tier!" rief Starbuck,
"das Dich einfach aus blindstem Trieb geschlagen hat! Wahnsinn! Wütend
zu sein auf ein tumbes Ding, Kapitän Ahab, ist doch wohl
gotteslästerlich."
Bei der Geschichte selbst um Ahab und seinen verbissenen Kampf gegen
den weißen Wal ist vermutlich kaum gekürzt worden, wohl aber bei den
zahlreichen thematischen Exkursen. Im Grunde handelt es sich bei "Moby
Dick" wohl am ehesten um eine Mischung aus Abenteuerroman, Sachbuch,
poetischen Naturschilderungen und essayhaften Ausführungen von
religiös-philosophischen Gedankengängen. Klingt anstrengend? Ist es
auch, selbst bei meiner gekürzten Fassung.
Beim Lesen stellte ich mir oft die Frage: warum? Hatte Melville
womöglich Sorge, ansonsten die für einen Roman notwendige Seitenzahl
nicht zusammen zu bekommen? Ich glaube nicht. Wichtig ist es wohl, das
Werk in dem historischen Kontext zu sehen, in dem es erstand.
Tatsächlich werden wohl auch autobiografische Anteile mit in die
Erzählung geflossen sein, da Melville selbst auch einige Jahre lang zur
See fuhr (1840-1844) und dabei auch auf einem Walfänger anheuerte.
Ende des 18. Jahrhunderts sowie im 19. Jahrhundert etwa
bis zum amerikanischen Bürgerkrieg (1861-1865) boomte der Walfang in
Amerika. Nantucket, die kleine vorgelagerte Insel vor der amerikanischen
Ostküste, entwickelte sich zu einem der bedeutendsten Walfangzentren
der Welt - später lief ihm der kleine Ort New Bedford an der Ostküste
den Rang ab (1850 der reichste Ort der Welt). Beide Orte tauchen zu
Beginn der Romans von Melville auf, und die Bedingungen, die er da
schlidert, scheinen ein authentisches Bild der damaligen Situation in
den Walfangzentren darzustellen.
Überhaupt hat Melville sich bemüht, seine Beschreibungen sehr
detailliert und bildhaft zu verfassen, so dass auch unkundige Leser, die
nie auf einem Walfänger angeheuert haben/hatten, z.B. Abläufe und
Aufbauten auf dem Schiff oder beim Walfang sowie die Funktion von
Gerätschaften nachvollziehen können/konnten. Als ich mir vor Augen
hielt, dass es damals keine TV-Dokumentationen, kein Internet oder
sonstige Möglichkeiten gab, solcherlei in Bild und Ton festzuhalten,
konnte ich mich mit den zuweilen doch sehr ausschweifenden Schilderungen
eher anfreunden, die aus heutiger Sicht gesehen z.T. durchaus langatmig
- und ja, leider auch langweilig erscheinen.
Auch die ausschweifenden Exkurse über Wale im Allgemeinen, ihr
Verhalten und ihre Nützlichkeit/Verwertung für den Menschen im
Besonderen, sind in diesem Kontext nachvollziehbar. Was sich heute in
farbigen Bildbänden wunderbar nachlesen oder in Tier-Dokumentationen
nachschauen lässt, konnte damals eben nur in schriftlicher oder
mündlicher Form weitergegeben werden. Und Melville wollte da
offensichtlich kein Detail auslassen.
Durch die religiös-philosophischen Textanteile mit biblischen und
mythologischen Anspielungen bringt Melville auch eine oder mehrere
metaphysische Ebene(n) ins Spiel. Themen wie Wahrheit und Gerechtigkeit,
die Grenzen menschlichen Handelns, der Kampf gegen die zerstörerische
Urgewalt der Natur oder gar gegen das Böse selbst drängen sich auf. Wenn
man googelt, erscheinen noch andere Deutungen möglich - so z.B. eine
Allegorie der menschlichen Natur, eine heiter-düstere Parabel der
amerikanischen Expansionspolitik, die Zerstörung der Natur durch den
Menschen u.a.m.
Die genannten Aspekte machen sicher deutlich, dass "Moby Dick" keine
einfache Lektüre, kein einfacher, rein unterhaltsamer Abenteuerroman
ist. Im historischen Kontext seiner Entstehung gesehen behält dieser
Roman aber auch in heutiger Zeit seine Bedeutung, bietet er doch einen
intensiven Einblick in diesen Teil der amerikanischen Geschichte, der
seinesgleichen sucht.
Auf den Punkt gebracht, bleibt daher: anstrengend aber lohnenswert!
© Parden
Quelle: Pixabay |
Dieses Format - Weltliteratur to go - gefällt mir immer wieder sehr gut...
Eine sehr interessante Dokumentation rund um den Walfang in Amerika und ja, auch um Moby Dick...
Zur Abrundung der Lektüre habe ich gleich im Anschluss
die bekannte Verfilmung mit Gregory Peck als Kapitän Ahab aus dem Jahr
1956 gesehen. Keine schlechte Umsetzung, allerdings werden hier viele
Themen nicht mit aufgenommen - verständlicherweise...
H. Melville |
Zur Person des Autors gibt es bei Wikipedia einen interessanten Artikel, auf den ich hiermit verweisen möchte.
Ich würde mich ja für die lange Version entscheiden. Wenn ich mal Zeit hätte. Kann sein, dass ich irgendwo ein eBook versteckt habe. Bis dahin gibt’s ja Moby Dick To Go 😉
AntwortenLöschenHallo Anne,
AntwortenLöschenein interessanter Post über ein tolles Buch, ich habe mich auch gefragt, ob ich das Buch heute wohl noch in der Ur-Fassung lesen würde. Wahrscheinlich nicht, denn die philosophischen Ansätze wären nichts für mich. Wohl eher aber die genauen Abläufe an Bord des Walfängers, früher waren diese Bücher eben der Ersatz von TV und Internet.
Danke fürs Vorstellen,
lg
Barbara