Sonntag, 20. Mai 2018

Wolff, Carola: Der Fluch des Erlkönigs

Nun schau sich einer dieses Cover an. Gruselig - oder? Wer bitte vermutet dahinter ein Kinder- und Jugendbuch? Als solches entpuppte es sich jedenfalls, wie ich zu meiner Überraschung feststellte. Als solches aber ist es durchaus gelungen.

Der Erlkönig beschäftigt die Fantasien der Menschen seit Jahrhunderten. Und offensichtlich hat er bis heute nicht an Aktualität verloren. Carola Wolff hat hier eine spannende und unterhaltsame Fantasy-Geschichte daraus gezaubert...







Ein Wellness-Hotel in ein abgelegenes Waldgebiet zu setzen — für den Baulöwen Harry Kaiser ist dies Projekt das wichtigste seiner Karriere. Proteste von Naturschützern glaubt er niederbügeln zu können, und würde ihm jemand sagen, dass sein Vorhaben die Heimat eines Elfenvolkes zerstört, würde der Unternehmer dies als spinnert abtun. Eher zufällig gerät Harrys Sohn Finn zwischen die Fronten. Der junge Mann, ein begabter Zeichner, dessen künstlerische Neigungen so gar nicht den Vorstellungen des Vaters von einem Nachfolger entsprechen, hadert mit der familiären Situation, trauert um die tote Mutter, fühlt sich missachtet. Finn lernt die Öko-Aktivistin Tonia kennen und gerät in den Bann der Erlkönigin.

(Klappentext Fabulus-Verlag)

  • Gebundene Ausgabe: 300 Seiten
  • Verlag: fabulus Verlag (1. März 2018)
  • Sprache: Deutsch
  • ISBN-10: 3944788605
  • ISBN-13: 978-3944788609
  • Vom Hersteller empfohlenes Alter: 11 - 13 Jahre











BEI DEM COVER HÄTTE ICH KEIN KINDERBUCH ERWARTET!


Wer reitet so spät durch Nacht und Wind...

Der Klappentext und das doch sehr gruselig gehaltene Cover haben mich nicht auf die Idee kommen lassen, dass es sich hierbei um ein Kinder-/Jugendbuch handeln könnte (Altersempfehlung des Verlages: 11-13 Jahre). Doch nach dem ersten Erstaunen las ich neugierig weiter und kam auch rasch in die Geschichte hinein.

Der Leser begleitet in diesem Roman den Jungen Finn, den es in seinen Sommerferien an den A. der Welt verschlagen hat - in ein kleines Dorf an der polnischen Grenze, wo einfach nichts los ist. Das hat er seinem Vater und seinen ehrgeizigen Bauplänen zu verdanken. Ausgerechnet im Niemandsland will dieser ein riesiges Projekt umsetzen - ein Wellness-Hotel. Eigentlich interessiert sich Finn nicht für die Vorhaben seines Vaters - er ist viel zu beschäftigt damit, heimlich eine Bewerbungsmappe fertigzustellen für ein Kunststudium. Heimlich deswegen, weil sein Vater von dieser Idee gar nichts hält - der möchte nämlich, dass Finn einmal einen handfesten Beruf erlernt und Wirtschaft studiert.

Doch im Dorf begegnet Finn Tonia und ein paar anderen Gegnern des Bauprojekts seines Vaters. Er belächelt deren Aktionen zwar zunächst, doch weil Tonia ihm irgendwie auch imponiert, steht Finn plötzlich zwischen den Fronten. Als er sich den Ort des Geschehens anschaut, entdeckt der Junge, dass ein ganzer Wald dem Bauvorhaben seines Vaters weichen müsste - und dagegen haben offensichtlich nicht nur Tonia und die anderen Aktivisten etwas. Etwas Unheimliches ist da im Wald, dort, wo der Erlkönig begraben liegt...

Einen spannenden Fantasyroman hat Carola Wolff da geschrieben, der die reale Welt mit der der Mythen, Legenden und Sagen gekonnt verknüpft. Der Erlkönig spielt hier tatsächlich immer wieder eine Rolle, und auch der Verfasser des allseits bekannten Gedichts ("Wer reitet so spät durch Nacht und Wind..."), Johann Wolfgang von Goethe, wird hier mehr als einmal erwähnt.

Zwei Kriterien störten mich hier ein wenig. Das sind zum einen die doch recht klischeehaft gestrickten Charaktere, die wenig Überraschendes boten. Und das ist zum anderen das enorme Tempo, in dem die Handlung vorangetrieben wird. Hier hätte ich mir mehr Zeit und Raum gewünscht, zumal die Reaktionen Finns so für mich an manchen Stellen recht sprunghaft und überzogen wirkten.

Ansonsten gefiel mir die Umsetzung der originellen Idee aber wirklich gut, und ich denke, dass vor allem Kinder/Jugendliche in der genannten Altersklasse - also Fantasy-Anfänger - hier voll auf ihre Kosten kommen können. Der Text las sich flüssig und angenehm, und die Aufmachung des Buches kann man einfach nur als liebevoll bezeichnen. Das Cover ist ein besonderer Hingucker, die Seitenschnitte sind in Dunkelblau gehalten, und ein Lesebändchen fehlt hier auch nicht. Alles in allem also ein tolles Gesamtpaket, das ich mir auch als Geschenk gut vorstellen kann.

Für mich eine schöne Entdeckung!


© Parden









Der Fabulus-Verlag schreibt über die Autorin:

Carola Wolff  lebt in Berlin, zusammen mit Stapeln ungezogener Bücher, die überall herum lümmeln und einer extensiven Sammlung literarischer Teebecher. Sie ist gelernte Buchhändlerin, hat einen BA in englischer Literatur und ein Faible für alles Britische. Als Autorin, die sowohl bei Verlagen als auch als Selfpublisherin veröffentlicht, hat sie den zweiten Platz beim Autoren@LeipzigAward erreicht, war auf der Auswahlliste des Leserpreises von LovelyBooks vertreten und gewann einen Fanfiction-Preis. In ihren Romanen und Geschichten tummeln sich u.a. eine erfolglose Selbstmörderin, ein im Park ausgesetzter Mann, ein verliebter Teufel und magische Musen. Wenn sie nicht gerade völlig selbstvergessen ihre Computertastatur bearbeitet, kann man sie in Buchläden beim verzückten Schnüffeln an frisch Gedrucktem erwischen oder in Papeterien auf der Jagd nach schönen Notizbüchern beobachten.

übernommen vom Fabulus-Verlag


2 Kommentare:

  1. Wusstest du, liebe Anne, dass es zich Versionen des Erlkönigs gibt?
    http://privat.stephan.manske-net.de/lyrik/erlkg.html

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  2. Dr Erlgeenich - Lene Voigt

    Ä Babba, där reidet mit Gustav, sein Sohn,
    Seit anderthalb Schtunden dorchs Rosendahl schon.
    Dr Doktor, der hatn Bewäächung empfohln,
    Die will sich dr Alde nu jede Nacht holn.
    Sei Gleener wärd ängstlich un meent: „Gugge da,
    Dr Erlgeenich schbukt dort, schon gommtr ganz nah!“
    „Ächa, dummes Gind“, brillt dr Babba zurick,
    „De bist ähm schon schläfrich, da flimmert dr Blick.“
    „Ich sähn awer doch, dorten feixtr im Busche,
    Äs Mondlicht, das fälltn diräkt uff de Gusche.“
    „Ich weeß gar nich, Gustav, was du heite hast,
    Das is weiter nischt wie ä schimmlicher Ast.“
    „Nee, nee, gannst mrsch gloom, ’s is ä Gärl un drhinter
    Da schwähm seine Dechter. Verbibbch, sin das Ginder!
    De eene, die winkt mitn Schnubbduch un lacht,
    Ach Babba, is das änne gomische Nacht!“
    Dr Alde wärd ärcherlich, reidet wie dumm,
    Un meent zu sein Jung: „Gugg dich bloß nich mähr um!
    De schteckst een ja dadsächlich an mit dein Bleedsinn.
    Wie gann bloß ä neinjährches Gind so verdreht sin!“
    Un doller noch reidet dr Babba drufflos,
    Wild fliechen de Fätzen von Aerde un Moos,
    Dr Gaul schnauft wie närrsch, wärft de Mähne gen Himmel
    Un denkt: Was mei Reider is, där hat ä Fimmel! –
    Na endlich da landense, ’s wärd schon bald helle.
    Dr Alde greift hinter sich – läär is de Schtälle.
    Da ruftr un gratzt sich drbei hintern Ohrn:
    „So’s richtch, jetz habbch Gustaven glicklich verlorn!“

    aus dem Buch

    Säk’sche Balladen von Lene Voigt

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