Donnerstag, 22. Dezember 2016

Groeper, Kerstin: Der Palio des toten Politikers...

 ... Commissario Marchettis erster Fall.





























Was macht ein indianischer Traumfänger auf dem Deckel eines Buches, auf dem (vermutlich) ein Italiener und ansonsten ein paar mittelalterlich gekleidete Trommler und sbandieratori (Fahnenschwinger – eher Tänzer) zu sehen sind?

Ist er noch geheim, wenn der Mitautor am Ende des Krimis aus der Toskana-Stadt Siena al „geheimer Informant der Nobile Contrada dell´ Aquila“ bezeichent wird?

Und wie kommt eine deutsche Autorin, die doch eher mit Romanen über die indianischen Völker Nordamerikas bekannt geworden ist, dazu, ebenfalls zu den Nobili, den Edelleuten des Stadtteiles Aquila in Siena, zu zählen?

Und überhaupt, warum habe ich einen Roman gelesen, den ich nie im Leben selber aus einem Buchregal gezogen hätte?

Fragen…
* * *
Fangen wir einmal an, diese zu beantworten. 

DER PALIO DES TOTEN POLITIKERS – Der Titel wird sich als ein gewisser Irrtum herausstellen, denn der PALIO, zweimal jährlich in Siena ausgetragen, hat mit dem toten Angehörigen einer deutschen Delegation nur gemein, dass der Mord während des Volksfestes ausgetragen wird. Ansonsten ist Commissario Luca Marchetti absolut nicht einverstanden, dass ihm dieser (sein erster) Fall während der Vorbereitung auf wohl eines der verrücktesten Pferderennens der Welt aufgedrückt wird. Immerhin hat er in der Contrada dell´ Aquila eine nicht unwesentliche Rolle übernommen. 

Überhaupt: COMMISSARIO MARCHETTIS ERSTER FALL lautet der Untertitel und der Blogger liest ganz sicherlich keine BRUNETTI – Kopien.[1] Und sein erster Fall ist es sowieso nicht. Allerdings ist es der erste seiner Fälle, der in einem Roman präsentiert wird. Von einer Münchnerin – von Kerstin GROEPER.

Zurück zur Handlung:

MARCHETTI rennt also immer hin[2] und her zwischen den CONTRADIOLOS und der QUESTURA (Polizeipräsidium), dem Tatort und überhaupt durch eine Stadt im Ausnahmezustand. Und nun kommt auch noch dieser TEDESCO dazu, der ihn unterstützen soll. Ein riesiger Hauptkommissar aus München. Das hat ihm noch gefehlt. Zum Glück wird sich der als kompetenter und liebenswürdiger Zeitgenosse erweisen, welcher stellvertretend für die "adlige" Kerstin GROEPER die Stirn runzeln darf, zum Beispiel die Sicherheitsvorkehrungen eines Pferderennens durch die Innenstadt betreffend. Kerstin Groeper darf ja nicht meckern, sie muss (samt ihrer Familie) die CONTRADA mit dem Doppeladler als Symbol unterstützen.



Gemeinsam fangen sie an zu ermitteln und kommen einem ziemlich großen „bilateralen“ Korruptionsskandal auf die Spur, die zuerst allerdings ins Rotlichtmilieu führt, denn der Tote mochte es, ihm zugeführte Damen schwer zu verprügeln. Aber warum findet man die dazu verwendete Reitgerte mit offensichtlichen Spuren? Und warum hat man den Toten so in einer Mülltonne abgeladen, dass er auf jeden Fall gefunden werden muss?[3]

Und im Ende hat der Roman doch eine gewisse Ähnlichkeit mit einigen der BRUNETTI – Geschichten, aber das liegt nicht an Kerstin Groeper, das liegt an Italien und so wie sie schreibt, kennt sie sich damit aus. Die Szene, in der sich Marchetti mit einem Carabinieri anlegt, weil die ihn einer Kontrolle unterziehen wollen und das Ganze beim Rotwein endet, ist bezeichnend. 

A propos Rotwein: Vor allem kennt sich die Autorin mit der Seneser Küche aus. Da läuft einem beim Lesen das Wasser genauso im Mund zusammen, wie einem in der beschriebenen Sommerhitze der Schweiß vom Scheitel rinnt. 

Genug verraten.

alle Bilder aus commons.wikipedia


* * *

Wie kam ich nun zu diesem Buch? Kerstin Groeper drückte es mit während der Dresdner Schriftgut in die Hand. Ich verbarg meine bereits erwähnte Skepsis ob des Titels nicht. Aber nun bin ich wirklich begeistert, denn ein Roman zwischen Mord und Volksfest dieser Art kam mir noch nicht unter die Finger. Aber wenn man wie Kerstin dort im Sommer seit 20 Jahren förmlich beheimatet ist und der Sohn sogar ein sbandieratore, dann hat man das Flair schon verinnerlicht. Man muss nur noch schreiben können. So wie Kerstin Groeper zum Beispiel.

Übrigens: Die gefährlichsten Szenen entstehen durch das Pferderennen (Bilder), polizeilich ist da nicht „viel los“. Mit einem Schmunzeln liest man vom Umgang italienischer Polizisten untereinander.
Die Spannung fällt nach dem Palio etwas ab. Persönlich kommt mir der Roman so dicht und abgeschlossen vor, dass ich mir einen zweiten Fall gar nicht so richtig vorstellen kann. Wir werden also sehen.

Gespannt bin ich jetzt auch, ob Aquila irgendwann mal einen Mantel, einen capotto gewinnt...
Liest man etwas über die Regeln, dass weiß man: Das ist was dran an Bestechung und Betrug... Oder eben gerade nicht... ;)

► DNB / Traumfänger-Verlag / Hohenthann 2016 / ISBN: 978-3-941485-51-8, 261 S.

© KaratekaDD



[1] In Anspielung auf die nunmehr fünfundzwanzigbändige Reihe der in Venedig lebenden Amerikanerin Donna Leon, die im Untertitel heißt: COMMISSARIO Brunettis 25. FALL  
[2] Er ist Chef der squadra mobili – einer mobilen Kriminalpolizeienheit und Commissario, vermutlich eher Commissario Capo – also Erster Polizeihauptkommissar 
[3] Einen Zusammenhang mit dem Palio gibt es aber eher nicht, dazu hätte die „Täterschaft“ wissen müssen, dass der ermittelnde Commissario Seneser durch und durch ist

Quelle der Bilder: 
https://commons.wikimedia.org/wiki/Category:Palio_di_Siena?uselang=de; 21.12.2016, 15:00 Uhr


2 Kommentare:

  1. Hallo!
    ich kenne von der Autorin auch "nur" ihre wunderbaren Indianergeschichten. Ein Krimmi aus ihrer Hand? Interessant! Der etwas sperrige Titel lädt nicht wirklich zum Lesen ein, aber da die Autorin wirklich sehr gut schreiben kann und ich deine Begeierstung herauslesen kann, wandert das Buch gleich mal auf meine Wunschliste!
    Liebe Grüße
    Martina
    http://martinasbuchwelten.blogspot.co.at/

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    1. Das passt. wirklich ein Feiner Krimi. Ein Mord wie viele, aber unter der Kulisse...
      Bist du also auch der Auffassung, der titel ist des Buches ist ungünstig.

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