Was macht ein indianischer Traumfänger auf dem Deckel eines Buches, auf dem (vermutlich) ein Italiener
und ansonsten ein paar mittelalterlich gekleidete Trommler und sbandieratori (Fahnenschwinger – eher Tänzer) zu sehen
sind?
Ist er noch geheim,
wenn der Mitautor am Ende des Krimis aus der Toskana-Stadt Siena al „geheimer
Informant der Nobile Contrada dell´ Aquila“ bezeichent wird?
Und wie kommt eine
deutsche Autorin, die doch eher mit Romanen über die indianischen Völker
Nordamerikas bekannt geworden ist, dazu, ebenfalls zu den Nobili, den
Edelleuten des Stadtteiles Aquila in Siena, zu zählen?
Und überhaupt, warum
habe ich einen Roman gelesen, den ich nie im Leben selber aus einem Buchregal
gezogen hätte?
Fragen…
* * *
Fangen wir einmal
an, diese zu beantworten.
DER PALIO DES TOTEN
POLITIKERS – Der Titel wird sich als ein gewisser Irrtum herausstellen, denn
der PALIO, zweimal jährlich in Siena ausgetragen, hat mit dem
toten Angehörigen einer deutschen Delegation nur gemein, dass der Mord während
des Volksfestes ausgetragen wird. Ansonsten ist Commissario Luca Marchetti absolut
nicht einverstanden, dass ihm dieser (sein erster) Fall während der
Vorbereitung auf wohl eines der verrücktesten Pferderennens der Welt
aufgedrückt wird. Immerhin hat er in der Contrada dell´ Aquila eine nicht
unwesentliche Rolle übernommen.
Überhaupt: COMMISSARIO
MARCHETTIS ERSTER FALL lautet der Untertitel und der Blogger liest ganz
sicherlich keine BRUNETTI – Kopien.[1] Und
sein erster Fall ist es sowieso nicht. Allerdings ist es der erste seiner Fälle,
der in einem Roman präsentiert wird. Von einer Münchnerin – von Kerstin
GROEPER.
Zurück zur Handlung:
MARCHETTI rennt also
immer hin[2] und
her zwischen den CONTRADIOLOS und der QUESTURA (Polizeipräsidium), dem Tatort
und überhaupt durch eine Stadt im Ausnahmezustand. Und nun kommt auch noch
dieser TEDESCO dazu, der ihn unterstützen soll. Ein riesiger Hauptkommissar aus
München. Das hat ihm noch gefehlt. Zum Glück wird sich der als kompetenter und
liebenswürdiger Zeitgenosse erweisen, welcher stellvertretend für die "adlige"
Kerstin GROEPER die Stirn runzeln darf, zum Beispiel die Sicherheitsvorkehrungen
eines Pferderennens durch die Innenstadt betreffend. Kerstin Groeper darf ja
nicht meckern, sie muss (samt ihrer Familie) die CONTRADA mit dem Doppeladler
als Symbol unterstützen.
Gemeinsam fangen sie
an zu ermitteln und kommen einem ziemlich großen „bilateralen“ Korruptionsskandal
auf die Spur, die zuerst allerdings ins Rotlichtmilieu führt, denn der Tote mochte
es, ihm zugeführte Damen schwer zu verprügeln. Aber warum findet man die dazu
verwendete Reitgerte mit offensichtlichen Spuren? Und warum hat man den Toten
so in einer Mülltonne abgeladen, dass er auf jeden Fall gefunden werden muss?[3]
Und im Ende hat der
Roman doch eine gewisse Ähnlichkeit mit einigen der BRUNETTI – Geschichten,
aber das liegt nicht an Kerstin Groeper, das liegt an Italien und so wie sie schreibt,
kennt sie sich damit aus. Die Szene, in der sich Marchetti mit einem
Carabinieri anlegt, weil die ihn einer Kontrolle unterziehen wollen und das
Ganze beim Rotwein endet, ist bezeichnend.
A propos Rotwein: Vor allem kennt
sich die Autorin mit der Seneser Küche aus. Da läuft einem beim Lesen das
Wasser genauso im Mund zusammen, wie einem in der beschriebenen Sommerhitze
der Schweiß vom Scheitel rinnt.
Genug verraten.
alle Bilder aus commons.wikipedia |
* * *
Wie kam ich nun zu
diesem Buch? Kerstin Groeper drückte es mit während der Dresdner Schriftgut in
die Hand. Ich verbarg meine bereits erwähnte Skepsis ob des Titels nicht. Aber
nun bin ich wirklich begeistert, denn ein Roman zwischen Mord und Volksfest
dieser Art kam mir noch nicht unter die Finger. Aber wenn man wie Kerstin dort im
Sommer seit 20 Jahren förmlich beheimatet ist und der Sohn sogar ein
sbandieratore, dann hat man das Flair schon verinnerlicht. Man muss nur noch
schreiben können. So wie Kerstin Groeper zum Beispiel.
Übrigens: Die
gefährlichsten Szenen entstehen durch das Pferderennen (Bilder),
polizeilich ist da nicht „viel los“. Mit einem Schmunzeln liest man vom Umgang
italienischer Polizisten untereinander.
Die Spannung fällt
nach dem Palio etwas ab. Persönlich kommt mir der Roman so dicht und
abgeschlossen vor, dass ich mir einen zweiten Fall gar nicht so richtig
vorstellen kann. Wir werden also sehen.
Gespannt bin ich jetzt auch, ob Aquila irgendwann mal einen Mantel, einen capotto gewinnt...
Liest man etwas über die Regeln, dass weiß man: Das ist was dran an Bestechung und Betrug... Oder eben gerade nicht... ;)
Liest man etwas über die Regeln, dass weiß man: Das ist was dran an Bestechung und Betrug... Oder eben gerade nicht... ;)
© KaratekaDD
[1] In
Anspielung auf die nunmehr fünfundzwanzigbändige Reihe der in Venedig lebenden
Amerikanerin Donna Leon, die im Untertitel heißt: COMMISSARIO Brunettis 25.
FALL
[2] Er ist Chef der squadra mobili – einer mobilen Kriminalpolizeienheit und Commissario, vermutlich eher Commissario Capo – also Erster Polizeihauptkommissar
[3] Einen Zusammenhang mit dem Palio gibt es aber eher nicht, dazu hätte die „Täterschaft“ wissen müssen, dass der ermittelnde Commissario Seneser durch und durch ist
[2] Er ist Chef der squadra mobili – einer mobilen Kriminalpolizeienheit und Commissario, vermutlich eher Commissario Capo – also Erster Polizeihauptkommissar
[3] Einen Zusammenhang mit dem Palio gibt es aber eher nicht, dazu hätte die „Täterschaft“ wissen müssen, dass der ermittelnde Commissario Seneser durch und durch ist
Quelle der Bilder:
https://commons.wikimedia.org/wiki/Category:Palio_di_Siena?uselang=de; 21.12.2016, 15:00 Uhr
Hallo!
AntwortenLöschenich kenne von der Autorin auch "nur" ihre wunderbaren Indianergeschichten. Ein Krimmi aus ihrer Hand? Interessant! Der etwas sperrige Titel lädt nicht wirklich zum Lesen ein, aber da die Autorin wirklich sehr gut schreiben kann und ich deine Begeierstung herauslesen kann, wandert das Buch gleich mal auf meine Wunschliste!
Liebe Grüße
Martina
http://martinasbuchwelten.blogspot.co.at/
Das passt. wirklich ein Feiner Krimi. Ein Mord wie viele, aber unter der Kulisse...
LöschenBist du also auch der Auffassung, der titel ist des Buches ist ungünstig.