Samstag, 30. April 2022

Rooch, Aeneas: Die Entdeckung der Unendlichkeit - Das Jahrhundert, in dem die Mathematik sich neu erfand: 1870 - 1970

                                                                               

Die "Unendlichkeit" ist ein Begriff, dessen Bedeutung ein menschliches Gehirn nicht erfassen kann. Niemand kann sich vorstellen, dass etwas unendlich groß sein kann, es sprengt einfach die menschliche Vorstellungskraft. 

Oder etwa nicht?

Aeneas Rooch ist studierter Mathematiker, Bestsellerautor und Wissenschaftsjournalist. Er vereint somit mathematische Fähigkeiten mit der Kunst, schwierige und teilweise durch sehr abstrakte Denkweisen erlangte mathematische Erkenntnisse anschaulich darzustellen.

Bei der Auswahl dieses Buches stellte sich mir zunächst die Frage: 

Warum sollte ich ein Buch über Mathematik lesen wollen, über ein Fach also, in dem ich in der Schule bestenfalls mittelmäßig abgeschnitten hatte. Mathematik: Versprach dieses Thema nicht, furchtbar trocken und mühsam zu sein? Gleichzeitig aber faszinierte mich der Titel des Buches. Die Unendlichkeit. Versprach das nicht, ein spannendes Thema zu sein, dem man aber nur auf dem Umweg über die Mathematik auf die Schliche kommen konnte? Gleichzeitig konnte ich der Versuchung nicht widerstehen, meine logische Denkfähigkeit an diesem Buch zu erproben und zu üben. Denn eines ist allen Mathematikern gemein: Sie denken in ihrem Fach stets streng logisch und sind uns schon deswegen manchmal "suspekt", weil wir uns in unserem alltäglichen Leben niemals streng an die Logik halten. Ob bewusst oder unbewusst, der Mensch ist zu einem großen Teil emotional und deswegen nicht rein logisch gesteuert. 

Nun stellen Sie sich vielleicht die Frage: Wenn schon der Rezensent den Versuch unternehmen muss, zu begründen, warum man das Buch lesen sollte, kann dies dann als Empfehlung gelten?

Diese Frage muss sich jeder selbst beantworten. Ich jedenfalls habe die Lektüre als außerordentlich interessant und spannend empfunden, weil ich mit geradezu verblüffenden Erkenntnissen konfrontiert wurde. Dies sowohl über die Natur der "Unendlichkeit" (oder besser gesagt "die Unendlichkeiten", denn es gibt deren offenbar viele!) als auch darüber, auf welch geniale Art und Weise die Hauptfiguren des Buches, die Mathematiker Georg Kantor, David Hilbert, Bertrand Russell, Kurt Gödel und Paul Cohen auf tiefgreifende mathematische Probleme und existentielle Fragen Antworten fanden, ja sie streng logisch "erdachten" (und natürlich mathematisch bewiesen).

Aeneas Rooch erzählt uns spannende Details aus den Leben dieser großen Mathematiker und erklärt uns so nebenbei die Probleme, mit denen sie sich befassten sowie über die Art und Weise, wie sie sich den Antworten auf grundlegende Fragen näherten.

Der Autor bedient sich dabei eines Tricks. Für uns mathematisch "normalbegabte" erklärt er die Sachverhalte vereinfacht und so, dass wir sie nachvollziehen können Aber Achtung: Auch dies ist schon anspruchsvoll und erfordert volle Konzentration!

Für alle "Freaks" hat er regelmäßige Abschnitte in sein Buch eingefügt, die überschrieben sind mit "ACHTUNG, SIE BETRETEN DIE NERD-ZONE". Hier liefert er mathematische Beweisführungen und tiefergehende mathematische Betrachtungen zu dem jeweils vorangestellten Kapitel und ich muss gestehen: Ich habe nicht alles aus der "NERD-ZONE" verstanden, was aber dem Verständnis des Buches insgesamt nicht geschadet hat. 

Nach der Lektüre des Buches ist mein Staunen über die Wunder unseres Kosmos noch einmal gewaltig gewachsen. Die Mathematik hat mit diesen Arbeiten ein Stück dazu beigetragen, den Schleier von der Natur unserer Welt ein wenig mehr zu lüften: Es gibt verschiedene Größenordnungen von Unendlichkeiten. Und hinter allem stecken offenbar Naturgesetze: Es gibt in der Welt der natürlichen, rationalen, reellen, algebraischen und transzendenten Zahlen Verbindungen, Strukturen und Gesetzmäßigkeiten, die wir noch längst nicht alle entschlüsselt haben.  

Die Entdeckung der Unendlichkeit ist 

"...nicht nur eine anregende Erkundung eines der größten Rätsel von Mathematik und Philosophie, sondern zugleich eine Liebeserklärung an die präziseste und logisch strengste Wissenschaft, die wir kennen". (Auszug aus dem Umschlagtext).

 

© TinSoldier



Aeneas Rooch:

Die Entdeckung der Unendlichkeit

Wilhelm Heyne Verlag, München 2022

DNB


2 Kommentare:

  1. Ich habe in den Jahren immer mal wieder bei Stephen Hawking und anderen "vorbeigeschaut". Die Quantenphysik und die Quantenmechanik habe ich zwar damit nicht verstanden, aber die Vokabeln sind nicht mehr so fremd, wenn man sie liest. Dann erinnert mich deine Rezension aber auch an DIE VERMESSUNG DER WELT von D. Kehlmann. Grüße vom Bücherjungen.

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  2. Ich finde es schön, nun einmal im Monat etwas von dir zu lesen. Auch wenn diese Bücherwahl mich jetzt nicht direkt anspricht. Aber der Blog lebt ja schließlich von der Vielseitigkeit... :) Liebe Grüße!

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