'Listen to the Marriage' lautet der amerikanische Originaltitel - lausche der Ehe. Das trifft den Kern des Buches sehr genau, während der deutsche Titel doch ein wenig kitschig klingt. Ob der Roman letztlich so kitschig war wie der Titel vermuten lässt - hier kann man es nachlesen:
Alles spielt sich in einem Raum mit vier Stühlen ab. Auf denen sitzen: eine Frau und ein Mann Mitte 30 sowie eine Paartherapeutin mit unorthodoxen Methoden. Der vierte Stuhl bleibt leer, er steht für die Ehe, die die beiden aufgebaut haben. Und von der die Therapeutin zu Anfang sagt, die Chance, sie zu retten, sei höchstens 1:1000.
(Klappentext Diogenes Verlag)
- Gebundene Ausgabe: 288 Seiten
- Verlag: Diogenes; Auflage: 1 (24. Oktober 2018)
- Sprache: Deutsch
- Übersetzung: Jenny Merling
- ISBN-10: 3257070438
- ISBN-13: 978-3257070439
- Originaltitel: Listen to the Marriage
IST DIE EHE NOCH ZU RETTEN?
Der grüne Sessel bleibt während der Therapie unbesetzt - dort sitzt die Ehe... |
Um
herauszufinden, ob es für ihre Ehe noch eine Rettung gibt, beginnen die
beiden eine Paartherapie bei Sandy, einer erfahrenen Therapeutin. In 31
wöchentlichen Situngen kommen hier die ganze angestaute Wut, der
Schmerz, die Verletzungen, die Verstörung ans Licht. Und was der
Klappentext kaum glauben macht: dieser Roman ist durchaus spannend!
"Sie waren so vertraut zusammen, wie ein Paar nur wirken kann. Abgesehen von den kaputten Uhrwerken in ihrem Herzen."
Erzählt
wird das ausschließlich auf die Sitzungen beschränkte Geschehen aus der
Sicht der Therapeutin, was m.E. ein kluger Schachzug des Autors war. So
bleibt der Leser wie Sandy selbst eher neutral, auch wenn eigenes
Erleben in der Vergangenheit (oder Gegenwart) die ein oder andere Szene
vielleicht emotional färben mag. Zudem erhält der Leser auf diese Art
nicht nur einen Einblick in das konkrete Geschehen in dem Raum, sondern
auch in die Gedanken der Therapeutin. Gerde im Hinblick darauf, was mit
etwas Gesagtem eigentlich tatsächlich gemeint ist, waren diese Gedanken
für mich durchaus erhellend. Somit fungiert Sandy in ihrer Rolle auch
als 'Dolmetscherin' für die Verhaltensweisen und Gespräche der beiden
Eheleute.
Durch
das Setting ist klar, dass es hier einen hohen Anteil an wörtlicher
Rede gibt. Dies, verbunden mit einem flüssigen Schreibstil und
durchsetzt von Stellen plötzlichen Humors, lässt den Leser durch die
Seiten fliegen. Immer gespannt darauf, ob Charlotte und Steve letztlich
wieder zueinander finden - oder ob sie, jeder für sich gestärkt, ein
eigenes Leben führen werden, verbunden allerdings durch ihre gemeinsamen
Kinder.
Ein überraschend kurzweiliger Roman, der zeigt, dass es sich immer lohnt, an sich selbst zu arbeiten. So oder so...
© Parden
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John Jay Osborn, geboren 1945, ist ein US-amerikanischer Anwalt, Jura-Professor und Autor. Während seines Studiums an der Harvard Law School schrieb er seinen ersten Roman, der unter dem Titel ›Zeit der Prüfungen‹ mit Timothy Bottoms und John Houseman verfilmt und mit einem Oscar prämiert wurde. John Jay Osborn lebt in Palo Alto.
► übernommen vom Diogenes Verlag
"Der Gott des Gemetzels" einmal anders?
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