Sonntag, 24. Juni 2018

Matson, William B.: Crazy Horse

Tashunka Witko: Geheimnispferd. Kriegshäuptling bei den Dakota. Unversöhnlicher Gegner Mattotaupas und daher ebenso Feind seines Sohnes Harka Steinhart Nachtauge..., der den Oberhäuptling später mit einer Kriegspfeife in den Kämpfen an der Union Pacific in der Nähe des North Platte River narrt. Harka – Stein mit – Hörnern – Tokei-itho trifft ihn noch einmal in der Reservation, kurz vor dem Mord an diesem großen Krieger – genannt Crazy Horse – Verrücktes Pferd. So erzählt Liselotte Welskopf-Henrich von ihm wie auch von Tatanka Yotanka (Sitting Bull) [1] in Die Söhne der Großen Bärin. So lernte ich ihn kennen und nun also die Biografie aus berufenem Mund.



CRAZY HORSE
Das Leben & Vermächtnis eines Lakota Kriegers
Die Edward Clown Familie



Es berichten Floyd Clown, Doug War Eagle und Don Red Thunder als Repräsentanten der Crazy Horse Familie. Aufgeschrieben von William B Matson und übersetzt von Martin Krueger. Herausgegeben vom Traumfänger-Verlag und dafür schon mal vielen Dank.

Es war nicht ganz einfach, sich auf eine Biografie solcher Art einzulassen, wenn diese auf fast nur mündlichen Überlieferungen beruht, welche außerdem von der oft betonten Spiritualität oder Religiosität geprägt sind. Wir sind eine etwas andere „Geschichtsschreibung“ gewohnt, aber diese Biografie erhält durch die Überlieferungen etwas Wahrhaftiges. Wir können es uns vermutlich nicht vorstellen, dass mündliche Texte Jahrzehnte oder gar Jahrhunderte ohne Veränderungen oder gar Verfälschungen überstehen, vertrauen wir doch dem geschriebenen Wort im urkundlichen Sinne wesentlich mehr. [2]


Crazy Horse / Seite 105
Auch empfiehlt es sich, wenn wir uns von unserem Familienbegriff etwas lösen, da die Lakota-Krieger ja oft mehrere Frauen gleichzeitig oder nacheinander in ihr Tipi nahmen. [3] Die drei „Berichterstatter“ stammen aus Familien, die auf Ta Sunke Witko  [4] zurückgeführt werden können; öfter vergebene oder übergebene Namen machen es ebenso nicht leicht, die Abstammungslinie zu verfolgen. Die drei Lakota stammen von einer Halbschwester, Julia Iron Cedar, des bekannten Anführers in der Schlacht am Little Bighorn ab, sein Vater, der ebenfalls den Namen Crazy Horse trug, lebte mit einer ganzen Reihe von Frauen (gleichzeitig und nacheinander) zusammen. [5]

Das Buch, die Biografie ist von der Anlage her eine Erzählung. Folglich sprechen die Erzähler immer von „Wir“. Wir, dass sind die Verwandten, die Nachkommen, der Bund der Minniconjou, das Volk der Lakota. [6]  Erzählt wird das Leben des bekanntesten Crazy Horse (1840 - 1877) [7]  von seiner Jugend bis zum Tod sowie die Familiengeschichte vom Großvater Crazy Horse / Walks With Sacred Buffalo (ca. 1780 bis 1830) bis in die heutige Zeit.



Die Erzählweise ähnelt der von Ernie LaPointe, Urenkel von Tatanka Iyotake (Sitting Bull). Beide kann man als authentisch ansehen, hier wird „typisch indianisch“ erzählt, mündliche Geschichte, Wort für Wort erzählt, aufgeschrieben. [8]  Die Verfasser betonen, dass sie wütend sind auf die „weiße“ Geschichtsschreibung, welche oft genug ohne Verifizierung durch vor Jahrzehnten noch befragbare Zeitgenossen oder Befragung von Nachkommen „auskam“.


Crazy Horse / Seite 341
Wir erhalten Kenntnis von heiligen Ritualen wie dem Sonnentanz, den nicht nur einzelne herausragende Männer (Krieger) absolvierten, sondern ganze Gruppen und mancher mehrere Jahre hintereinander.

Crazy Horse / Seite 344
Zu Beginn des Buches erzählen die Verfasser davon, wie die Krieger zu den Adlerfedern kamen und wie die Weiße-Büffelkalb-Pfeifen-Frau dem Volk die Büffelkalbpfeife brachte. Die verschiedenen Glaubenssätze erzählen sie hier den Lesern, etwas was sie lange verschwiegen, weil die Ausübung des Glaubens durch die US-Regierung verboten war. [9]


Ebenso erfahren wir, dass die Lakota bis zuletzt in verschiedenen anderen Stämmen ihre Feinde sahen, dazu zählen zum Beispiel die Crow (Absarokee) oder die Pawnee. Indianeragenturen, heute Reservationen, bestanden doch schon viele Jahre bevor die noch freien Prärie-Stämme ihre letzten Kämpfe oder Schlachten gewannen. Wiederholt wird die Verbindung zum Stamm der Cheyenne erzählt, die zu den Häuptlingen Little Wolf und Dull Knife. Teile der Familie leben zum Beispiel auf einer Cheyenne-Reservation.

Manche der Geschichten und Legenden wurden bereits von anderen aufgeschrieben, erinnert sei an John Okute Sica (Das Wunder vom Little Bighorn) und Zitkala-Ša (Roter Vogel erzählt). Dadurch aber erweist sich im Vergleich das Buch wiederum als ein wahrhaftiges.

Crazy Horse / Seite 317
An keiner Stelle las ich, dass sich die Autoren auf irgend eine Art und Weise als Amerikaner, als US-Amerikaner sehen, oder als ein Volk neben den vielen eingewanderte Menschen aller möglichen Länder. Einerseits ist das verständlich, wenn die Lakota um ihre Identität als Volk ringen, andererseits lassen sie sich heute in christlichen Kirchen trauen, dienen in der US-Armee und hissen bei bedeutsamen Veranstaltungen die US-Flagge. [10]  Edward Clown, Vater bzw. Großvater der genannten Erzähler, war Prediger in der Episkopalkirche. Er war der Auffassung, dass es nur einen Schöpfer für alle Menschen gäbe. Dass er außerdem die traditionellen Lakota-Zeremonien abhielt, musste er in den 50ziger und 60ziger Jahren geheimhalten. Sein Enkel Blaine diente in den 50ziger Jahren in der Armee, sein Bruder Moses fiel im 1. Weltkrieg. [11]  Vielleicht sind die Indianer mehr Amerikaner, als sie hier und da zugeben?



Crazy Horse / Seite 5
Sowohl der oben erwähnte Ernie LaPointe wie auch die Verfasser hier legen viel Wert auf den Beweis der Abstammung, denn unter den Lakotafamilien, gibt es ebenso Missgunst und Lügen.

* * *

Am Ende liegt uns hier ein sehr gutes Buch vor, welches sich wieder einmal abhebt von anderen Büchern über die Native Americans. [12] Der Traumfänger-Verlag hat das Buch natürlich im Programm wie so viele „Indianerliteratur“. Was ist das, „Indianerliteratur“? Es sind selbstverständlich nicht nur Bücher, die von den Ureinwohnern in den letzten 120 Jahren selbst geschrieben wurden. Vermutlich gibt zu wenige davon. Der Verlag verlegt Bücher, die auch als Romane authentisch sind, die die Geschichte und Gegenwart der indianischen Völker wahrhaftig erzählen. Die verlegte Sachliteratur ist sorgsam ausgewählt, wie eben die erwähnten Biografien oder das Buch Ein Leben für die Freiheit über den seit über 40 Jahren in Gefängnissen des FBI sitzenden Leonard Peltier.

* * *

Autor und Übersetzer haben in Vorworten ihre Begeisterung und ihre Schwierigkeiten mit dieser Arbeit ausgedrückt. Martin Krueger, der Übersetzer, hatte schon Erfahrung durch die Übersetzung der Biografie zu Sitting Bull von Ernie LaPointe. Er erzählt zum Beispiel, das die Forderung nach wortgetreuer Wiedergabe der Berichte oft an Grenzen stieß. Der Verfasser, William B. Martin, stellt die Erfahrung der langen Zusammenarbeit mit den drei Erzählern und der Familie in den Vordergrund.

Mein Dank geht an den Traumfängerverlag, vor allem an Kerstin Groeper, für das Überlassen dieses Exemplars.


DNB / Traumfängerverlag / Hohentann 2017 / ISBN: 978-3-941485-52-5 / 511 S.

© Bücherjunge

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Quellen
1 http://litterae-artesque.blogspot.de/2018/01/lwh-neuauflage-der-barensohne.html
2 Dies wissen natürlich die Lakota und der Autor, daher fügen Sie dem Buch eine Menge an Dokumenten (Urkunden und Protokolle) an, die z.B. die Abstammung bzw. Ereignisse beweisen (sollen).
3 Dies lag oft auch daran, dass die Familien verunfallter oder gefallener Krieger versorgt werden mussten.
4 So die Bezeichnung des Lalota-Namens im vorliegendem Buch.
5 Curly / Ca-Ohan / Crazy Horse ist der Sohn von von Crazy Horse Wagula und Rattling Blanked Woman. Iron Cedar ist die Tochter von Wagula und Red Leggin. vgl. W. Matson: Crazy Horse, Seite 2 bis 5 (Stammbäume)
6 Durch unterschiedliche Dialekte und Stammesgebiete gibt es Dakota, Nakota und Lakota sowie weitere Gruppen.
7 Vater und Großvater trugen ebenfals diesen Namen. Nach dem Tod von Tasunke Witko nahm sich sein Vater den Namen, welchen er einst dem Sohn verlieh, wieder zurück. Heute trägt Don Red Thunder den Namen Tashunke Witko Yamni.
8 http://litterae-artesque.blogspot.com/2016/05/lapointe-ernie-sitting-bull.html
9 Die heilige Büffelkalbpfeife ist immer noch im Besitz der Lakota.
10 vgl. W.B. Matson, Crazy Horse, Seite 332: In der Mitte des Platzes einer der Tanzplätze (Powwow) wehte eine amerikanische Flagge.
11 vgl. Ebenda, Seite 316 und Stammbaum Seite 5
12 Native Amercans: Ein Begriff, den die idigenen Völker Nordamerikas wohl nicht leiden können



1 Kommentar:

  1. Da ist er wieder in seinem Element... ☺ Man kann sich wieder einmal ein gutes Bild von dem Buch machen, sehr schön! Und 'Traumfänger-Verlag' klingt doch alleine schon vielversprechend.

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