Dienstag, 8. August 2017

Pergande, Frank: Die Inselkrähe von Mirow

Mirow. Ungefähr zwanzig Jahre Liegeplatz der BURRE. An einem historischen Ort. Der Schlossinsel. Und auf dieser Insel gab es einen Mord. Im Jahr 1761. Weitere Handlungsort sind Buchholz und Neustrelitz. Und am Ende landet eine Prinzessin in London.

Mirow ist ein Nest im Herzogtum Mecklenburg - Strelitz. Da wohnte der apanagierte Prinz von Mirow. Das bedeutet, dass er einen älteren Bruder hatte, der als Herzog in Neustrelitz residierte. Aber ich will überhaupt nicht soviel Geschichte betreiben hier. Die folgende Geschichte spielt wie gesagt in Mirow zu einer Zeit, da die herzogliche Familie der Prinzessin Sophie Charlotte von Mecklenburg-Strelitz auch in der neuen Residenz wohnte. Eigentlich. Aber die Schlossinsel hatte wohl ihren eigenen Reiz, es war der Witwensitz der Mutter unserer Prinzessin.


Das Buch hat auch seinen Reiz. Es besteht aus einzelnen, sehr offenen, manchmal erotischen und abenteuerliche Begebenheiten enthaltenden, Briefen. Diese schreibt eine Erzieherin besagter Prinzessin, dem 17jährigen Lotchen. Die Kammerfrau und Erzieherin heißt Luise Ernestine von Gagern. Wie es aussieht keine wirklich historische Person im Gegensatz zu Friderike Elisabeth von Grabow, die tatsächlich von der Herzoginwitwe Elisabeth Albertine zur Erzieherin des Lotchen berufen wurde. Die spielt hier auch eine Rolle. Obwohl sie meistens nur stickt.




Das Schloss wird auch Drei-Königinnen-Schloss genannt.  Ihm gegenüber steht ein Kavaliersgebäude für die vielen Gäste, die gelegentlich erwartet werden.




Des Lotchens Vater ist schon seit knapp 10 Jahren tot und die Herzoginwitwe liegt fast im Sterben. Doch erst einmal erreicht eine Kutsche die Schlossinsel und heraus fällt ein toter Graf. Diesen Mord gilt es schleunigst aufzuklären, denn ein Frühlingsfest für die Prinzessin steht bevor. Beauftragt damit wird der Drost von Raden. Der verwaltet Mirow im Auftrag des Herzogs und hat die Polizeigewalt inne. Im zur Seite gesellt sich unsere Briefschreiberin. Übrigens schreibt sie an den Kammerherrn ihrer königlichen Majestät Elisabeth Christine von Preußen, Ernst Ahasverus Heinrich Graf von Lehndorff. Den gab es auch. Wieso schreibt so ein Kammerfräulein an einen preußischen Kammerherrn? Die Strelitzer haben nicht viel am Hut mit dem Großen König, weil der immer die Bauernburschen braucht für sein stehendes Heer.




Luise Ernestine fängt an zu ermitteln. Wer ist dieser Tote? Was hat das alles mit Wien zu tun? Und wieso kennt die Grabow diesen Mann? Was hat Luise eigentlich vor? Und warum antwortet der von Lehndorff bald nicht mehr? Wer ist der Mann, der den "Kopf unter ihre Röcke steckt" und wo führt der Geheimgang hin, in dem er sich fast zu Tode stürzt? Verraten kann man ja wenigstens, dass der Geheimgang zur Gruft in der Johanniter-Kirche führt, wo auch der Schlosskirchenpastor seine Geheimnisse zu haben scheint.  

Aber am Ende kommt alles anders als man denkt. Die beschauliche Hofhaltung der Mirokesen, wie das für das gute Benehmen der Sophie Charlotte zuständige Kammerfräulein wenig despektierlich die Mirower nennt, schafft es, das Prinzesschen hervorragend zu verheiraten: es wird 57 Jahr lang die Königin von England sein und seine Heimat nie wiedersehen.

Blick vom Kirchturm auf das Schloss hinter Bäumen.


* * *

Das ist schon eine Idee, die ganze Geschichte nur anhand einseitiger Briefe zu erzählen. Ganz langsam kommt heraus, welche Rollen da gespielt werden. Aber ich will nichts weiter verraten.
Der Autor, Frank Pergande, jedenfalls hat erklärt, dass er Motive von Christie, Dostojewski, Schiller, Flemming, Chandler, Poe, Donna Leon und Simeon verwendet hat. Zu meiner Schande gestehe ich, dass ich von allen mal gehört, aber nur von Donna Leon was gelesen habe. Wie es scheint, aber habe ich nun indirekt doch was von diesen allen gelesen. Amüsant und spannend war es allemal. Und damit eine schöne Lektüre im Lokalkolorit, und für Mirow gehört es sich, dass dieses auch noch historisch sein muss. 

Die Idee zur Geschichte könnte durchaus mit jenem Herr von Lehndorff zusammenhängen, denn der schrieb am 1. August 1761 in sein Tagebuch:

"Halb Berlin eilt nach Strelitz, um die glückliche Prinzessin zu sehen, 
die das Schicksal auf einen so schönen Königsthron setzt."

* * * 


Die  BURRE jedenfalls ist wie damals der Bruder des Lotchens auch nach Neustrelitz umgezogen. Gern besuchen die, die damit umherfahren, die Mirokesen auf der Schlossinsel, dort wurde auch dieses Buch erworben.

Der letzte Herzog von Mecklenburg -Strelitz ist allerdings auf  dieser Schlossinsel begraben wurden. Es war wohl bis in das zwanzigste Jahrhundert die heimliche Liebe der Herzöge von Mecklenburg - Strelitz gewesen sein, dieses Mirow.


Das Lotchen hat Strelitz berühmt gemacht. 
Auch wegen dieser Blume, die nach ihr benannt wurde. 
Die Strelitzie.


Bilder siehe wikipedia




DNB / Hinstorff / Rostock, 2014 / ISBN: 978-3-356-01871-4 / 223 Seiten


© KaratekaDD


3 Kommentare:

  1. Du findest aber auch immer Bücher... ;) Wieder einmal eine schöne Buchbesprechungen mit eigenen Eindrücken 'vor Ort'. ☺

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    1. Das Buch hat mich gefunden. Außerdem hätte ich bei dem Mirokesen im Hafen auf der Schlossinsel eher nicht nach Büchern gesucht.

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    2. Wobei mir einfällt: Im dritten Stock des Kirchturms ist eine Art Antiquariat.

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