Wenn es allerdings das Buch DER HEILIGE GRAL UND SEINE ERBEN nicht gegeben hätte (seht mal meine Geschichte Nr.1), dann wäre mir Peter Berling vielleicht verborgen geblieben. Was ich nachträglich als schade empfinden würde. Jegliches sinnieren über WAS WÄRE WENN ist aber müßig…
Natürlich könnte ich auch etwas eher anfangen: Der Roman DER NAME
DER ROSE des bekannten Umberto ECO wurde als Bestseller auch in der DDR
verlegt. diesen las ich mit Begeisterung, auch hier war das Buch von
Spannung, unzähligen Personen, langen Lateintexten und ebenso langen
Erklärungen im Anhang geprägt. Vielleicht hat sich BERLING von diesem
bereits 1980 veröffentlichten Roman infizieren lassen. ECO hat es ja
auch mit dem Mittelalter, seht mal bei BAUDOLINO nach…
„Bisher hatte ich immer gedacht, die Bücher sprächen nur von den
menschlichen oder göttlichen Dingen, die sich außerhalb der Bücher
befinden. Nun ging mir plötzlich auf, dass die Bücher nicht selten von
anderen Büchern sprechen, ja, dass es mitunter so ist, als sprächen sie
miteinander. Und im Licht dieser neuen Erkenntnis erschien mir die
Bibliothek noch unheimlicher. War sie womöglich der Ort eines langen und
säkularen Gewispers, eines unhörbaren Dialogs zwischen Pergament und
Pergament? Also etwas Lebendiges, ein Raum voller Kräfte, die durch
keinen menschlichen Geist gezähmt werden können, ein Schatzhaus voller
Geheimnisse, die aus zahllosen Hirnen entsprungen sind und weiterleben
nach dem Tod ihrer Erzeuger? Oder diese fortdauern lassen in sich?“
Das sagt der Erzähler Adson von Melk in der ROSE. Dieser Spruch
könnte sicher Wahlspruch der Buchgesichter sein. Da ist es völlig egal,
ob jemand Fan von BERLING, ECO, THÜRK, WELSKOPF - HENRICH, SCHREYER,
GRISHAM, CLANCY oder aber von GABLE, ROBERTS, MEYER und anderen
Autorinnen oder Autoren ist.
Wer den ECO lieben gelernt hat (Diverse neue Buchgesichter können ja
mal unter DIE KUNST DES BÜCHERLIEBENS oder unter KaratekaDD erzählt…
oder erklärt… stöbern) und außerdem Fan historischer Romane ist, der
kommt an BERLING eigentlich nicht vorbei, es sei denn, dessen
Schreibstil und die "homoerotischen Altherrenfantasien" stoßen ab. Wer
das schrieb? Na das Buchgesicht Numero 1! Wobei ich hoffe, dass dieses
sich zu den weiteren Büchern durchringen kann, denn die RITTER und die
KETZERIN sind ja schon "Geschichte"…
Es stimmt schon: Die Sprache ist derb, sexuelle Szenen zwar nicht
vorherrschend aber wenn, dann gleich mal "gewaltig", Es spielen eine
Menge Personen eine Rolle und die Ausflüge ins Langue d´oc, die Sprache
Ozitaniens plus Tiraden in Latein muss man mögen. Oder überblättern. Man könnte sich ein paar CD´s mit okzitanischen Liedern bestellen.
Das
riesige Clossar ist wirklich notwendig. Es beschreibt nicht nur
Hintergründe und enthält Kurzbiografien historischer Personen, es
erklärt auch die Rolle tatsächlicher oder vermeintlicher fiktiver
Personen. Bis heute weiß ich nicht genau, ob die nicht auch alle
historisch sind. Vitus von Viterbo zum Beispiel oder Loba die Wölfin…
Oder Laura, die spätere Äbtissin… (Wohl eher nicht und so verrückt
danach in jedem Falle zu suchen bin ich auch nicht, obwohl, wenn es den Bischof Guido gab, den Berlin im FRANZISKUS beschreibt und Laura dessen Schwester ist...)
Der GRAL hat ja nun von jeher die Menschen interessiert. Sei es der
Zimmermannskelch, hergestellt vom Joseph von Nazareth, den Indiana Jones
findet, oder Otto Rahn, dessen KREUZZUG GEGEN DEN GRAL später einen
Heinrich HIMMLER dazu bringt, nach dem GRAL suchen zu lassen. RAHN hat
den Montsegúr zur Gralsburg "erhoben".
Wichtiger allerdings ist natürlich ein Wolfram von ESCHENBACH,
dessen PARZIFAL berühmt, und dessen Geschichte von Richard WAGNER
"veropert" wurde, genau wie die seines Sohnes LOHENGRIN. PARZIFAL heißt
soviel wie "schneid mitten durch" ungefähr genauso wie Raimund Roger
TRENCAVEL, Vicomte von Carcassonne, der angeblich das Vorbild für
Eschenbachs Parzival bot. Seine Geschichte wird in der KETZERIN erzählt.
Das die "Urgeschichte von Chrétien de Troyes stammt, sei nur noch
erwähnt. Ebenso sei erwähnt, dass in den mittelalterlichen Romanen der
Bezug zum ARTUSHOF geschaffen wird, zu KING ARTHUR und zu MERLIN…
Manch ein Buchgesicht erinnert sich sicherlich noch an HARTMANN VON
AUE, den mittelalterlichen Sänger, welchen Tim PIEPER in seinem Roman
DER MINNESÄNGER beschrieb. Eine der ersten großen (die erste?)
Leserunden, die so vielen hier gefallen hat. HARTMANN VON AUE widmete
sich ebenfalls dem EREC und dem IRWEIN und damit der Artussage.
Und nun schauen wir uns doch mal die Bibliographie des Peter BERLING
an, welcher die Verschwörungstheorien um die PRIEURE DE SION
verarbeitete, Otto RAHNS KREUZZUG GEGEN DEN GRAL verwendete und was noch
viel interessanter ist, zwei historische Berichte:
ITINERARUM WILLELMI DE RUBRUC, die Reise des Wilhelm von Rubruk zu
den Mongolen, Erzähler in DIE KINDER DES GRAL und deren Beschützer fast
bis zum Schluss und die Biographie VIE DE SAINT LOUIS eines JEAN DE
JOINVILLE, welcher ebenfalls als Chronist auftritt. Es muss schon eine
irre Recherchetätigkeit um ROC und YEZA stattgefunden haben.
Reihenfolge der Veröffentlichungen der Berling-Bücher:
- 01_1990: Franziskus oder Das zweite Memorandum (Vorgeschichte zum Gralszyklus 2) - Rezension
- 02_1991: Die Kinder des Gral, (Grals-Zyklus Band I)
- 03_1993: Das Blut der Könige (Grals-Zyklus Band II)
- 04_1994: Die Nacht von Jesi (Einzelroman) - Rezension
- 05_1995: Die Krone der Welt (Grals-Zyklus Band III)
- 06_1997: Der schwarze Kelch, (Grals-Zyklus Band IV)
- 07_2000: Die Ketzerin (Vorgeschichte zum Gralszyklus 3)
- 08_2002: Zodiak, Die Geschichte der Astrologie
- 09_2003: Das Kreuz der Kinder (Einzelroman)
- 10_2005: Der Kelim der Prinzessin, (Grals-Zyklus Band V),
- 11_2007: Das Paradies der Assassinen (Einzelroman)
- 12_2009: Ritter zum heiligen Grab (Vorgeschichte zum Gralszyklus 1)
- 13_2011: Hazard & Lieblos
Die Kindes des Gral
- Ritter zum heiligen Grab (Vorgeschichte zum Gralszyklus 1)
- Franziskus oder Das zweite Memorandum (Vorgeschichte zum Gralszyklus 2) - Rezension
- Die Ketzerin (Vorgeschichte zum Gralszyklus 3)
- Die Kinder des Gral, (Grals-Zyklus Band I)
- Das Blut der Könige (Grals-Zyklus Band II)
- Die Krone der Welt (Grals-Zyklus Band III)
- Der schwarze Kelch, (Grals-Zyklus Band IV)
- Der Kelim der Prinzessin, (Grals-Zyklus Band V)
Man sieht, die Reihenfolge ist nicht zwingend die Reihenfolge der
Veröffentlichung. den FRANZISKUS las
ich zuletzt. Kein Manko und für
manchen nicht unbedingt als Einstieg zu empfehlen. In dem geht es um den
heiligen Franz von Assisi. Ich hätte nicht gedacht, dass der trotzdem
eitig wird. Aber immerhin ist der im Buch handelnde Bischof Guido eine
historische Figur. Berling macht aus diesem dann noch den Bruder der
Laurence de Belgrave.
Dann beginnt der Zyklus mit der Geschichte der zu Beginn ungefähr
fünf und vierjährigen Kinder Roc und Yeza, DIE KINDER DES GRAL, welche
aus dem Montsegúr geschmuggelt werden. Unfreiwilliger Helfer jener
William von Roebruk, versoffener, verfressener und völlig unkeuscher
Franziskanermönch. (Siehe FRANZISKUS…)
DAS BLUT DER KÖNIGE setzt die Reihe fort. Die Kinder werden auf eine
Mission geschickt, verfolgt vor allem von der ECCLESIA CATHOLICA,
beschützt von William, Laura, Gavin und anderen, Rittern verschiedener
Glaubensrichtungen.
Die NACHT VON JESI hat BERLING sicher so "zwischendurch"
geschrieben. Sie hat mit dem Zyklus nichts zu tun. Allerdings geht es um
FRIEDRICH II. Geboren in JESI und aufgeklärter Staufferkaiser, der den
Islam nicht bekämpfen und eher Handel und Wissenschaft fördern wollte.
Wenigstens eines der genannten Kinder soll Nachkomme des Kaisers sein…
DIE KRONE DER WELT soll auf das Haut der Friedenskinder, Aussöhnung
zwischen dem Morgen- und dem Abendland. Gefordert und gesucht von der
PRIEURE und deren Großmeisterin. Außerdem treten die Mongolen und die
Assassinen auf den Plan.
DER SCHWARZE KELCH muss bis zur Neige geleert werden. Der Große
Plan gelingt nicht in der in Glaubenskriegen und Kreuzzügen zerrissenen
Welt. Alle wollen sie haben, die KINDER DES GRAL und glauben, damit eine
gewaltige Macht erreichen zu können. Das Ganze endet in einer
apokalyptischen Schlacht. Eigentlich das Ende…
BERLING entschloss sich hier in DIE KETZERIN die Geschichte der
Laurence de Belgrave zu erzählen, der Äbtissin, die der Flucht der
KINDER nach verlassen des Montsegúr beisteht. Ihre Freundschaft zu Gavin
Montbard de Béthune besteht viele Jahre. Der Tempelritter ist einer der
wichtigsten Beschützer der KINDER. Nebenbei ist der Erzähler im
FRANZISKUS, Bischof Guido II., der Halbbruder der roten Laura.
Zodiac: Hab ich nicht gelesen…
Die rote LAURA trifft in DIE KETZERIN auf den sogenannten
KINDERKREUZZUG. Nicht ganz so kompliziert hat BERLING dessen Geschichte
aufgeschrieben. Erzählt von Teilnehmern. Es ist ein einzelner Roman in
dem, wenn ich das recht in Erinnerung habe, kein Bezug auf die Romane
des Gralszykus genommen wird.
Der KELIM DER PRINZESSIN ist das letzte Buch des Gralszyklus. Das Schicksal der
Kinder, nun erwachsen, wissend, dass sie keine Geschwister sind und sich
lieben, wird besiegelt. Und das Schicksal der mittelalterlichen Welt
der Kreuzzüge auch. Dass ich den Kelim in der für die Geschichte wohl
exponiertesten Buchhandlung auf der Welt gekauft habe, kann in der
dazugehörigen Buchgeschichte nachgelesen werden.
Im fernen Syrien sitzt in Alamuth eine Sekte: Die Ismaeliten. Sie
senden Meuchelmörder aus und "wirken" so in der Weltpolitik mit.
Zumindest machen sie allen Angst. Vor dem Auszug, der einem Selbstmord
gleichkommt, gibt’s Haschisch und damit einen Blick in das Paradies mit
den 15 Huris (Jungfrauen). Daher der Name Assassinen. Diese sind
natürlich unbedingter Bestandteil des Gralszyklus und Roc und Yeza sind
oft in Alamuth zu Gast. Der Roman DAS PARADIES DER ASSASSINEN ist allerdings ein
Einzelroman.
Woher kommt er, der Gral und welche rolle spielen dabei die
Tempelritter? Wenn BERLING schon solch eine Geschichte schreibt und
dabei die PRIEURE DE SION, in Wirklichkeit wohl eher eine große
Schwindelei, auftritt, dann darf auch die Geschichte der Armen Soldaten
Christi nicht fehlen. Viele Autoren haben darüber bereits geschrieben.
Das Buch kam zuletzt. Ein leichtes also für Peter BERLING nun auch ein
paar "historische" Bezüge zu den Personen aus den Gralsromanen
herzustellen.
Damit sollte die "Reihe" nun wohl abgeschlossen sein. Wer sie
geschafft hat, weiß nun mehr als der Durchschnitt über die
mittelalterliche Welt und die Zeit der Kreuzzüge. Ich glaube durchaus,
ALLE BÜCHER vor den Augen stellen eine ziemliche Herausforderung dar.
HAZARD & Lieblos: hab ich noch nicht ausgelesen… Es ist ein autobiographisches Buch. Ein Fundstück für Freunde der europäischen Filmgeschichte.
Die Romane FRANZISKUS und JESI hab ich geschenkt bekommen von einer, die diesen meinen Faible inzwischen gut kennt.
Vielleicht hilft ja dieser Exkurs zur Überwindung, NOCH eine REIHE zu lesen…
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© Bücherjunge (aktualisiert 29.04.2021)
So etwas verfassen nur wirkliche Fans... Klasse!
AntwortenLöschenNun ja, Fan schn. Aber so klasse find ich den Text mit etwas Abstand nun wirklich nicht mehr.
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