Donnerstag, 24. Februar 2022

Wells, H.G.: Der Unsichtbare

Unsichtbarkeit, das ist die Faust, die man nicht kommen sieht – Macht über andere. H.G. Wells' berühmter Roman läßt diesen Menschheitstraum zur grauenvollen Realität werden. Entsetzen springt den Leser an: Hinter dem grotesk bandagierten Gesicht und der dunklen Brille des unheimlichen Fremden, der da im Gasthof eines englischen Dorfes absteigt, verbirgt sich ein schwarzes Nichts. Selbst sehen, ohne gesehen zu werden, das bedeutet Macht über andere. Der Chemiker Griffin hat diesen Menschheitstraum verwirklicht. Doch alles hat seinen Preis: Gnadenlose Einsamkeit und hemmungslose Destruktivität sind die Folge. Die Angst geht um. Wells' phantastisch-utopischer Roman von 1897 ist ein Klassiker. Reich an Gruseleffekten und packend erzählt... (Klappentext)
 
 
 
 
 
 
 
  • ASIN ‏ : B078C4RZ28
  • Herausgeber ‏ : Books on Demand; 1. Edition (28. November 2017)
  • Sprache ‏ : Deutsch
  • Dateigröße ‏ : 364 KB
  • Seitenzahl der Print-Ausgabe ‏ : 176 Seiten
  • Originaltitel  : "The Invisible Man" 
 
 
 
 
Vor sechs (!) Jahren bereits stellte ich hier im Blog das Hörspiel zu "The War of the Worlds" vor, das den Original-Rundfunkabend von 1938 präsentierte, der dazu führte, dass der damals 23jährige Sprecher Orson Welles eine ganze Nation in Panik versetzte, so echt war die Inszenierung gestaltet, die auf der Romanvorlage von H. G. Wells beruhte. "Der Unsichtbare" ist nun mein zweites gelesenes Buch des englischen Schriftstellers, der als Pionier des Science Fiction Genres gilt. Ob der Roman, der nunmehr vor 125 Jahren das erste Mal veröffentlicht wurde, heute noch aktuell ist? Lest selbst:




 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 

125 JAHRE ALTER SCIENCE FICTION KLASSIKER...

Man muss sich wirklich vor Augen halten, dass dieser Roman vor nunmehr 125 Jahren erstmals erschienen ist (1897) - und für damalige Zeiten war dies vermutlich eine schockierende Erzählung, die seither als Vorreiter der modernen Science-Fiction-Literatur gilt. H.G. Wells, u.a. auch bekannt durch seine Klassiker "Krieg der Welten" und "Die Zeitmaschine", war ein englischer Schriftsteller und eben ein Pionier der Science-Fiction-Literatur.

Was für eine Vorstellung! Da findet ein junger, vom Ehrgeiz zerfressener Wissenschaftler nach intensiver Arbeit heraus, wie man Gegenstände wie Lebewesen unsichtbar machen kann. Nach einigen Experimenten kommt es zum Selbsttest, und es funktioniert! Ungeahnte Möglichkeiten tun sich auf - doch leider auch zahllose Gefahren und unvorhergesehene Probleme. So muss der junge Mann ohne Kleider herumlaufen, will er seine Unsichtbarkeit bewahren. Im tiefsten Winter eher kein Vergnügen - doch zieht er Kleider an, wirkt seine Kopflosigkeit womöglich verstörend auf seine Umwelt. 

Was hier amüsant klingen mag, treibt Griffin - so heißt der junge Wissenschaftler - zunehmend in die Einsamkeit und ins soziale Aus. Er braucht aber eine Bleibe, eine Möglichkeit für weitere Forschungen, etwas zu essen und vor allem seine Ruhe. In dem Wirtshaus, in dem er sich schließlich einquartiert, bekommt er all dies nur bedingt. Sein dick mit Bandagen verhülltes Gesicht führt im Dorf zu allerlei Spekulationen, und als seine Unsichtbarkeit ruchbar wird, kommt es zum Eklat.

Etwas schräg fand ich die Tatsache, dass H. G. Wells den Roman so aufbaut, dass er zu Beginn ein Geheimnis um die Unsichtbarkeit Griffins macht - das soll sich erst nach und nach herauskristallisieren. Dann aber hätte man doch vielleicht einen anderen Romantitel wählen sollen, denn nicht nur der deutsche Titel verrät schon sehr eindeutig, worum es hier geht, sondern ebenso der Originaltitel: "The Invisible Man".

Trotz des altertümlichen Schreibstils fand ich das Buch über weite Strecken unterhaltsam und süffig zu lesen. Es hat in meinen Augen durchaus auch heute noch Unterhaltungswert, auch wenn der Unsichtbare nicht nur den Dorfbewohnern und späteren Begegnungen gegenüber auf Distanz bleibt, sondern auch gegenüber der Leserschaft. Bei sehr dynamischen Handlungsabschnitten oder auch bei wissenschaftlichen Diskursen, die Wells hier einstreut, hatte ich teilweise allerdings Verständnisprobleme. Die Fantasie des Autors gerade bei der Erläuterung der wissenschaftlichen Hintergründe der Unsichtbarkeitsformel fand ich dagegen wieder bemerkenswert.

Insgesamt wirkte die Erzählung vom Aufbau her für mich leider nicht wirklich ausgewogen. Ein recht schleppender Beginn, der sich mehr mit der Dynamik innerhalb der Dorfgemeinschaft beschäftigt, die mit Ausgrenzung und Vorurteilen zu tun hat, zwischenzeitlich Szenen, die vielleicht mit "Tohuwabohu" überschrieben werden können, dann die durchaus interessante Vorgeschichte des ehrgeizigen Wissenschaftlers, ein verblüffender wie nicht durchgängig verständlicher wissenschaftlicher Diskurs und schließlich der komplette moralische Verfall des Unsichtbaren, der schlussendlich auf ein sehr plötzliches Ende der Geschichte hinsteuert. Das war irgendwie unspektakulär.

Letztlich ist mir auch nicht ganz deutlich, worauf die Erzählung - abgesehen von der Neuartigkeit des Genres und der damals sicherlich gruseligen Wirkung auf die Leserschaft - abzielt. Will H. G. Wells vor wissenschaftlichen Allmachtsfantasien warnen? Davor, dass jeder mögliche Fortschritt immer auch zwei Seiten hat? Oder will er den Roman als Hinweis darauf verstanden wissen, dass böse Entwicklungen sich nicht aufhalten lassen, der Mensch immer weiter forscht, auch wenn die Konsequenzen bekanntermaßen tragisch sein könnten? Irgendwie lässt mich die Erzählung ein wenig ratlos zurück.

Ich fand es nett, diesen eher aus alten schwarz-weiß TV-Verfilmungen bekannten Stoff nun auch in der Romanvorlage kennenzulernen, muss aber sagen, dass die Erzählung schon ein wenig wie ein Museumsstück anmutet. Im zeitlichen Kontext verortet wird die Bedeutung verständlich, heutzutage schockt einen der Inhalt jedoch nicht mehr wirklich...


© Parden 

 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 


Herbert George Wells, geboren 1866 in Bromley bei London, widmete sich nach einem naturwissenschaftlichen Studium immer mehr dem Schreiben. Er bezeichnete sich selbst als Autor „wissenschaftlich fundierter Abenteuergeschichten“ und führte Phänomene wie Unsichtbarkeit, Zeitreisen und die Invasion der Erde durch Ungeheuer aus dem All in die Literatur ein. Damit gelangte der Gesellschaftssatiriker und Utopist nicht nur zu Weltruhm, sondern gestaltete die Entwicklung der Science fiction entscheidend mit. H. G. Wells starb 1946 in London. (Quelle: Verlagsgruppe Random House)
 
 
 

1 Kommentar:

  1. Gelegentlich mag ich Texte und Übersetzungen aus früherer Zeit. Die Sprache zwingt einen, langsamer zu lesen

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