Sonntag, 24. September 2017

Heinz Rein: Finale Berlin

Finale Berlin von Heinz Rein

entstand unmittelbar nach Ende des Krieges und ist deshalb ein authentisches Zeitzeugnis und ein packender Roman zugleich, der völlig zu Unrecht in Vergessenheit geraten ist.
Finale Berlin:
Eine besonders schön gestaltete
Ausgabe der
Büchergilde Gutenberg
Die Beschreibungen der todwunden Großstadt Berlin kurz vor der "Stunde Null" sind bedrückend. Heinz Rein gibt uns, die wir den Krieg nur aus Büchern kennen, eine Ahnung davon, was Krieg und Zerstörung wirklich bedeuten. Diese Beschreibungen, eingebettet in die Schilderung von fiktiven, aber sehr glaubwürdigen Einzelschicksalen in jenen apokalyptischen letzten Kriegstagen des April 1945, sind in meinen Augen eine bedrückend realistische Interpretation der physischen Wunden des Krieges, die wir heute noch überall in Berlin sehen können, weil sie bewusst oder unbewusst erhalten wurden:
Ich denke an die noch heute in vielen Hausfassaden sichtbaren Einschusslöcher von Infanteriewaffen oder Granatsplittern, an die Ruine der Gedächtniskirche, an die Wände des Reichstagsgebäudes, auf denen noch heute die Graffitis russischer Soldaten sichtbar sind. Besonders auf den ersten Seiten: Vorfinale. Berlin April 1945 kommen in mir vage Assoziationen an Alfred Döblin´s Berlin Alexanderplatz auf, ohne dass ich explizit sagen könnte, warum.



Berlin 1945
Quelle: Internet

Zu unterschiedlich sind eigentlich die Sujets. Wenngleich: Hier wie da herrscht Trostlosigkeit und innere Zerrissenheit der Charaktere. Vielleicht sind es auch einfach nur die blanke Wucht der Sprache und die Duplizität des Handlungsortes Berlin...

Heinz Rein
1906 - 1991
Mein Vergleich mit Döblins Meisterwerk, den manche als deutschen Ulysses, dem großen Roman des Iren Joyce sehen, endet hier aber auch schon:
In Heinz Rein´s Roman sehen wir die Welt nicht durch die Brille von inneren Bewusstseinszuständen und Reflexionen der Protagonisten.
Das Buch konfrontiert den Leser vielmehr sehr plastisch mit den Folgen von Nationalsozialismus, Krieg und Unterdrückung exemplarisch am Beispiel einiger ganz verschiedener Menschen, deren Wege sich in Oskar Kloses Kneipe in der Straße Am Schlesischen Bahnhof kreuzen und die sich dort zu einer Untergrundorganisation zusammenfinden, die das Regime der Nationalsozialisten bekämpft. 
So erleben wir die gespenstische Atmosphäre jener letzten Kriegstage und Bombennächte im eingekesselten Berlin und werden konfrontiert mit den inneren Konflikten und psychischen Blessuren einer entwurzelten, politisch missbrauchten Jugend.

Ullstein
Paperback-Ausgabe


Es ist zugleich die spannende Geschichte von Menschen, deren heimlicher Widerstand exemplarisch für den zivilen Ungehorsam jener unbekannten, vergessenen Minderheit ganz normaler Menschen steht, die sich in einer Zeit der Unterdrückung unter ständiger Lebensgefahr gegen die Unmenschlichkeit des nationalsozialistischen Regimes gestellt haben. 






Heinz Rein: Finale Berlin
Roman, 759 Seiten, gebunden
Ausgabe der Büchergilde Gutenberg

auch erschienen bei:

Ullstein, Berlin 2017
Broschur
Preis: 12,00 Euro


3 Kommentare:

  1. Anfang der 70er Jahre war es, als wir als Kinder in der Alten Schönhauser Allee eine Bombe aus dem Zweiten Weltkrieg entdeckt haben. Das Buch merke ich mir mal.
    Liebe Grüße, Anne

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    1. Liebe Anne,
      vielen Dank für Deinen Kommentar zu meiner Rezension. Schön, dass ich Dich neugierig auf das Buch machen konnte....

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  2. Warum findet sich in letzten Kriegstagen eine "Untergrundorganisation" zusammen, die die in den letzten Zügen liegenden Machthaber bekämpft?
    Aber um das zu kommentieren müsste ich das Buch dann doch erst einmal lesen.

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