Montag, 17. Februar 2014

Krause, Roland: Der Tod kann warten



Der Sandner hat a gscheite Method´ fürs Ermittln von Mordsachen…

Meine Rezension zum Rezensionsexemplar, welches mir DER Krause, freundliches Buchgesicht, fix ä mol rüber geflackt hat...

Zumindest sind sie, die Ermittlungsmethoden, ungewöhnlich.
Was steht auf der Klappe?

"Die 97-jährige Mutter des pensionierten Oberstaatsanwaltes ist aus dem Seniorenheim verschwunden. Ihre Entführer fordern nur eines: Die Aufklärung eines alten Mordfalls. Während sich seine Kollegin auf die Suche nach der alten Dame macht, begibt sich Hauptkommissar Josef Sandner undercover in die Münchner Vorstadt, in der einst das Verbrechen geschah. Dann stellt ein weiterer Mord das Ermittlerteam vor eine Zereißprobe…"

Weiterhin steht da noch, dass die FRANKFURTER RUNDSCHAU findet, der Sandner würde seine Fälle bravourös lösen und der MÜNCHNER MERKUR meint, dass die Geschichte bis zum Ende authentisch wäre. Der muss es ja wissen.

 * * *
Das Ermittlerteam besteht aus:
DEM Sandner, DER Wiesner, DEM Hartinger und DEM Johnny. Natürlich darf man DEN Brauner, das ist der oben genannte Ex - Oberstaatsanwalt nicht vergessen. DER Wenzel ist ebenfalls, wenn auch amtierender Staatsanwalt, allerdings eine ziemlich negativ besetzte Figur. Warum ich das so schreibe? Wir sind hier schon im tiefsten bayerischen Rede- und Schreibstil, denn genau so gehen alle Absätze los.

"DER Sandner schleicht belämmert über den Parkplatz. An seiner Seite der Rotschopf. Seine erhobenen Hände hält er in zupackender Bereitschaft. Altenpfleger-Attitüde. Nicht, dass ihm der Chef aus den Latschen kippt. Großes Zutrauen scheint er in dessen Konstitution nicht zu haben. Kein Wunder. Niedergeschlagen, im reinsten Wortsinn."[1]

Quelle: fotocommunity.de
DER Hartinger, Jungspund im Münchener K11, hat seinen Chef gerade vom Boxen weggeholt. DER Sandner hat sich dabei, weil vom Hartinger abgelenkt, einen Haken eingefangen. Nun ist er unpässlich. Warum ich das so schreibe? Genau das ist der Stil des Autors, DEM Krause Roland. Hauptsätze, Hauptsätze und noch mehr kurze Hauptsätze, was die Handlung in der jeweiligen Sequenz ein wenig beschleunigt und außerdem "nebensächliche" Erklärungen ermöglicht.

Natürlich wird das Ganze durch bayerische Redewendungen gewürzt:
Boxtrainer: "Was soll des darstellen, Mädels? Geht´s doch ins Ballett! ... Steck dir a Rosen in den Oasch, Sandner!" 

DER Sandner ist wohl leicht rechthaberisch. Sein dienstliches Motto lautet wohl: "Du sollst nicht andere Götter haben neben mir!" Das meint zumindest DIE Wiesner, "schönste Oberkommissarin im ganzen Land…". Hinzu die Jungspunde Johnny und Hartinger, schon haben wir ein seltenes Ermittlerteam. Wie es scheint, hat der urbayerische Autor auch nirgends anders abgeschrieben. Soll heißen, er hat sein eigenes Team gebildet.

Vornamen kommen selten vor. Da DER Sandner mit dem Polizeirat, das ist sein Chef, der gar keinen Namen hat, und DEM Brauner per DU ist, erfahren wir, dass DER Sandner Josef heißt. DIE Wiesner wird Sandra gerufen. Aber das wäre unwesentlich, wenn nicht die polizeilichen Gegenüber mit wesentlich mehr mit Vornamen ausgestattet wären. Vermutlich kann der Leser die gerade ins Bild gerückten Personen so besser unterscheiden. (Scherz, Kruzitürken).

Wo muss DER Sandner nun eigentlich undercover ermitteln?

Quelle: fotocommunity.de

Im ► HARTHOFVIERTEL.[2] Das ist ein leicht heruntergekommener Stadtteil von München. Die Reichen und Schönen wohnen woanders. Der Harthof liegt nördlich der Innenstadt. Landwirtschaft gabs bis 1960 (!) Es herrscht der soziale Wohnungsbau vor. 

"Durch den hohen Bestand an Sozialwohnungen gab es am Harthof schon seit deren Bau einen überdurchschnittlichen Anteil von sozial schwachen Gruppen, wofür der Stadtteil auch bekannt war. Im Zuge des Neubaus der Blockstrukturen strebt die [Gemeinnützige Wohnungs- und Siedlungsgesellschaft] GWG eine stärkere Durchmischung an."[3]
Das liest man in wikipedia. 

google map

Die Leute, mit denen es DER Sandner nun zu tun bekommt, sind genau solche. Manche sind gut, manche sind schlecht, ansonsten sind es halt Münchener Bayern, wobei auch Zugezogene da "rumflacken", zum Beispiel ein zukünftiges Mordopfer namens YILMAZ. Wen wunderts… Eine Unmenge an BMW-Autobauern leben da auch, sofern die Rationalisierung nicht allzu sehr zugeschlagen hat. Das ► BMW - Gelände befindet sich in der Nähe.


Quelle wiki

Jedenfalls hat DER Krause den dortigen Bewohnern ein Denkmal geschrieben. So schlimm kann das Viertel auch nicht sein, wie ein paar ► Bilder zeigen werden.

google map
Aber ich will ja hier nicht ► München beschreiben.
Für den Nichtbayern oder die meisten Leute jenseits des Weißwürschtl - Äquators ist der Stil gewöhnungsbedürftig. Außerdem kann sich DER Krause einen Seitenhieb auf "meine" Spezies nicht verkneifen:
Der Pflegedienstleiter des Altenheimes in dem DIE alte Brauner wohnt "… kann seine sächsische Herkunft nicht verleugnen. Die Stimme quietscht der Wiesner im Gehörgang, als würde ein Schimpanse auf der Tin Whistle üben."

Jo mei, geht´s noch? Da mog sich DER Krause auf sei Sofa flacken und Sätze überlegen, die net so anfangen: "Wie die beiden Kriminaler zuvor beim Haupteingang gestanden sind…"[4]
(So, diesen Seitenhieb kann ich mir nicht verkneifen!)

Fakt ist aber auch, dass wir es hier mit einer ruhigen aber auch gelegentlich überraschenden Handlung zu tun haben. Diese muss am Ende noch die Erklärung bringen, ob denn nun eine Entführung überhaupt stattfand. DER Sandner und DIE Wiesner schaffen es außerdem, einen ziemlich verdächtigen, die Staatsmacht im Harthof verkörpernden Typen, welcher durch unlautere Art und Weise an die Dienstpistole DES Sandners gekommen ist, nur mit wenigen lakonischen Bemerkungen zu Fall zu bringen:

"Das Grinsen bleibt in seinem Gesicht [Des Sandners] hängen wie eingefroren, als der Mann die Waffe auf den Tisch legt.. Zwei Schritte tritt er zurück. Einen seiner Lederhandschuhe streift er ab. Er öffnet die Sicherheitsschlaufe seines Holsters. Alles ist bereit.[5] 
'Greif zu', fordert er den Sandner auf. 'Sie ist geladen und entsichert'[6] 
'Aha. Und wenn nicht?'
Der Mann zuckt mit den Schultern. 'Dann erschieß ich dich so, du feiger Hundling.'
'Sechs Schuss müssen noch drin sein', sagt der Sandner und betrachtet die Pistole…"

Etwas später:
"Der Mann schaut am Sheriff vorbei.
'Erschieß ihn nicht, Sandra.'
'Wieso nicht?', fragt eine Stimme aus dem Hintergrund. Die Wiesner steht an den Türrahmen gelehnt,
lässige Attitüde, die Heckler&Koch beidhändig im Anschlag. Der Griffspannhebel klickt… 
'Weil', sagt der Sandner.
'Das ist kein Grund.'
'Lohnt nicht.'
'Philosophisch oder materiell?'

… (Das Gegenüber hat "nichts Wertvolles beizutragen")

'Er bedroht dich mit einer Waffe', beharrt die Wiesner.
'Okay, vielleicht in die Schulter, falls er zieht', gibt der Sandner nach.
'Nein', kommt die Antwort. 'Wenn schon, denn schon.'
'Ich…' Mehr bringt der Dicke nicht hervor. Dann fällt er einfach um, wie ein Sack Kartoffeln. Nicht einmal seine Waffe bringt er noch aus dem Holster."
[7]

Den Typen hat es dahin geflackt. Wenn das mal kein Erfolg ist. Anschließend Festnahme. Unter Zuhilfenahme von wiederbelebenden Sanitätern. Leicht schwitzt der Sandner schon. Aber er hat ja eine Kollegin dabei, die "Fachkraft für besondere Anlässe" ist.
Der lakonische Stil, gelegentlich gewürzt mit bayerischen Redewendungen, ("Ihr könnts da net einfach reintrampeln, ihr depperten Kasperln!") macht das Buch tatsächlich authentisch. 

Mir hat es gefallen.

Was zum Teufel bedeutet eigentlich das vermutliche Verb: geflackt, flacken? 

Es hat bestimmt einen Grund, wenn DER Krause am Ende DEN Erasmus von Rotterdam zitiert: 
"Und zum Schluss: Der Umgang mit Büchern bringt die Leute um den Verstand."


* * *

http://www.piper.de/autoren/roland-krause-2888

Roland Krause wurde 1964 in Lindau geboren. Nach einigen Jahren in Nürnberg lebt und arbeitet er heute in München. Die Stadt mit all ihren heiteren, skurrilen und abgründigen Facetten menschlichen Daseins bildet auch den Hintergrund seiner Erzählungen. Nach »Der Sandner und die Ringgeister« und »Fuchsteufelswild« ist »Der Tod kann warten« sein dritter Kriminalroman um Hauptkommissar Josef Sandner.

DNB / PIEPER Verlag GmbH / München 2013 / 364 S.
► Roland Krause in der DNB

© KaratekaDD



[1] KRAUSE, R.: Der Tod kann warten, Piper Verlag, München 2013, Seite 12
[4] siehe Krause, Seite 47
[5] Hauptsätze, Hauptsätze…
[6] Waffen deutscher Polizisten müssen nicht ge- bzw. entsichert werden…
[7] siehe Krause, Seite 309 ff



1 Kommentar:

  1. Eine eigenwillige Rezension zu einem offenbar eigenwilligen Buch - gefällt mir! :D

    Auf google map als Bildquelle bin ich bisher noch nicht gekommen... Gute Idee!

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