Mittwoch, 25. Juni 2025

Jelinek, Elfriede: Die Klavierspielerin (Hörbuch)

  

Als Kind von ihrer kontrollsüchtigen Mutter zum Klavierspiel gezwungen, übt sich Erika Kohut als erwachsene Frau in der Unterdrückung ihrer selbst. Unter der andauernden Umklammerung ihrer Mutter findet sie weder einen Zugang zu sich noch zu anderen Menschen. Nur im sadomasochistischen Verhältnis zu einem ihrer Schüler sieht die Klavierlehrerin einen Ausweg, verstrickt sich jedoch immer tiefer in grausame Machtspiele, die blutig enden. Das Psychogramm der Klavierlehrerin: verstörend schauerlich und ästhetisch grazil. (Verlagsbeschreibung)

DNB / Der Audio Verlag (Antiquariat) / 2019/ ISBN: 978-3-7424-1130-3 / 222 Minuten
 
 
  
Kurzmeinung: Sprachvirtuos aber absolut verstörend...










TOXISCHE BEZIEHUNGEN...



Von ihrer Mutter wurde sie unerbittlich zur Pianistin gedrillt. Nachdem die geplante Solokarriere gescheitert war, nahm Erika Kohut deshalb eine Professur am Konservatorium an und gibt dort seither Klavierstunden. Doch sie findet nicht aus der von der kontrollsüchtigen Mutter kreierten Isolation heraus. Unfähig, sich auf das Leben einzulassen, wird die 36jährige Erika zur Voyeurin. Sie beobachtet heimlich Liebespaare und betreibt Studien in einer Peepshow. Emotional und sexuell abgestorben, versucht Erika ihre eingeschränkte Libido in einem sadomasochistischen Verhältnis mit ihrem Schüler Walter Klemmer zu überwinden. Doch es läuft letztlich anders als sie es sich vorgestellt hat und endet in einer Katastrophe...

1983 bereits erschien dieser Roman der österreichischen Autorin, die 2004 den Nobelpreis für Literatur erhielt. 2001 wurde das Buch unter dem gleichnamigen Titel mit Isabelle Huppert verfilmt.

In außergewöhnlich bildhafter Sprache  führt die Autorin tief hinein in ein toxisches Beziehungsgeflecht. Erika, die ohne jeglichen persönlichen Freiraum noch bei ihrer Mutter lebt und von dieser bis ins Kleinste kontrolliert und dominiert wird, wirkt emotional abgestumpft, ist lediglich eine Beobachterin des Lebens ohne selbst daran teilzuhaben. Das Verhältnis zu ihrer Mutter schwankt zwischen absoluter Angepasstheit und dem Stehlen kleiner Freiheiten, einem ständig schlechten Gewissen und plötzlicher gewalttätiger Rebellion. 

Der deutlich jüngere Schüler Walter Klemmer ist auf ein unverbindliches sexuelles Abenteuer aus und wird überrascht von den sadomasochistischen Fantasien seiner Klavierlehrerin. Diese stehen im Widerspruch zu den tiefliegenderen Wünschen Erikas, von denen ihr Schüler jedoch nichts ahnt. Walter, zunächst verstört und abgestoßen, fasst schließlich einen Entschluss...

Der Roman zählt wohl zu den bedeutendsten Werken Jelineks und beinhaltet auch einige autobiografische Motive. Attestieren kann man der Autorin durchaus eine beeindruckende sprachliche Virtuosität, aber auch den Mut von Tabubrüchen, v.a. angesichts des Entstehungsdatums. Solch explizite Schilderungen sadomasochistischer Sexualität habe ich jedenfalls selten gelesen. Gleichzeitig fand ich die ganze Geschichte im Verlauf zunehmend abstoßend und verstörend, auch wenn ich gespannt darauf war, welches Ende die Erzählung nehmen würde. 

Diesem Hörbuch zu lauschen war ein wenig wie eines Unfalls ansichtig zu werden - man kann nicht wegschauen, ist aber geschockt und angewidert. Mitschwingen kann man hier in keiner Weise, weil die Protagonistin absolut gefühllos ist - und wenn gegen Ende tatsächlich Emotionen hochkommen, so sind diese entstellt und beunruhigend. 

Therese Affolter liest die gekürzte Hörbuchfassung (3 Stunden und 42 Minuten) mit der notwendigen Härte in der Stimme, was glücklicherweise etwas Distanz zum Geschehen entstehen lässt. 

Alles in allem: sprachvirtuos aber absolut verstörend...


© Parden



Elfriede Jelinek, geboren 1946 und aufgewachsen in Wien, hat für ihr Werk eine Vielzahl von Auszeichnungen erhalten, darunter den Georg-Büchner-Preis und den Franz-Kafka-Literaturpreis. 2004 wurde ihr der Nobelpreis für Literatur verliehen. (Quelle: Rowohlt)


Therese Affolter, geb. 1951 in Bern, ist eine Schweizer Schauspielerin. Obwohl sie vorwiegend am Theater tätig ist, wirkte Therese Affolter auch bei mehreren Filmen mit. 1986 verkörperte sie Ulrike Meinhof in Reinhard Hauffs Film Stammheim. Daneben ist sie mit Hörbüchern und Dichterlesungen aktiv. (Quelle: Wikipedia)


Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen

Durch das Kommentieren eines Beitrags auf dieser Seite, werden automatisch über Blogger (Google) personenbezogene Daten, wie E-Mail und IP-Adresse, erhoben. Weitere Informationen findest Du in unserer Datenschutzerklärung und in der Datenschutzerklärung von Google. Mit dem Abschicken eines Kommentars stimmst Du der Datenschutzerklärung zu.

Um die Übertragung der Daten so gering wie möglich zu halten, ist es möglich, auch anonym zu kommentieren.