Sonntag, 29. September 2024

Münkemüller, Uwe: Tonka - Mädchen der Sioux

Kinderbücher aus dem Erzählverlag. Gesehen auf Dresden (er)lesen im September 23. Der Blickfang: Ein Indianerkind auf einem Pony. Das Indianerkind heißt Tonka. Eine kleine Einzelgängerin, die wie ein Junge reitet und spielt, mit dem Sohn einer befreundeten Familie. Tonka hat blaue Augen und die besitzt keiner der anderen Dakota, die zu den Sioux gehören. Zwei Familien ziehen durch die Prärie um die Black Hills.

Natürlich ahnen wir, dass das Mädchen eine europäische Mutter haben muss, doch bevor die Fragen ihrer Herkunft in den Vordergrund treten, finden Großer Bär, ihr Vater und Rotfuchs, der Sohn von Falkenauge, eine verendete Stute und ein Stutenfohlen mit einem hellen Fleck auf der Stirn. Sie nennen es Weißer Stern und von nun an wird Roter Büffel, Sa Tatanka = Tonka, es aufziehen und später zu einem sehr schnellen Pony abrichten. Sie werden es brauchen...

Die Geschichte.  Die Familie von Falkenauge, Große Sonne, Rotfuchs und Krähenfeder haben das Mädchen und Großer Bär aufgenommen, oft sind es kleine Familienverbände, die durch die Great Plains zogen und sich einmal im Jahr zu den großen Festen trafen. Nach einem Pferderennen, welches Tonka natürlich gewinnt, denn weißer Stern „kennt“ ein Geheimnis, kommt Tonka zu einem Todfeind, auch unter den Sioux gibt es Neid und Missgunst. 

Eines Tages treffen sie auf eine weißen Pater und der erkennt in Tonka, deren Mutter starb, als sie noch sehr klein war, eben die Mutter wieder. So kommt Tonka im Verlauf der weiteren Geschichte „zwischen die Welten“, doch zunächst trifft sie ihren Großvater, der aus England stammt.

Also besucht Tonka die "alte Welt" - Old England - , Pfarrer Smith hilft ihr dabei, diese Welt kennenzulernen. Diese Geschichte erzählt Munkemüller im zweiten Buch. Im dritten kehrt Tonka aus England zurück, doch die Verbindung zu ihrer Familie mütterlicherseits reist nicht mehr ab.

Inzwischen ist Tonka eine junge Frau und der Spielgefährte ihrer Kindheit, Rotfuchs ist eifersüchtig auf den jungen Anwalt, der die Großtante aus England in den mittleren Westen begleitet...

Das Buch. Uwe Münkemüller erzählt einfühlsam eine Geschichte vom Heranwachsen und Erwachsenwerden. Band eins und zwei wurden für die Verwendung als Klassensätze für den Schulunterricht als Taschenbuch aufgelegt. 

Der Verlag erklärt, Münkemüller hätte mit Klischees aufgeräumt. Eines würde lauten, Indianergeschichten wären nur was für Jungs. Allerdings denke ich, dies ist seit vielen Jahren nicht mehr so. 

Ein anderes könnte das Verhältnis von Vätern und Töchtern oder Jungen und Mädchen untereinander sein. In älterer Literatur wurde dies anders beschrieben. Allerdings sind in dieser kämpfende Kriegerinnen auch nicht vorgekommen

Die Härte des Lebens im weiten Grasland, besonders im Winter, Hunger und Krankheiten beschreibt der Autor anschaulich. Auch lesen wir, dass die Naturvölker doch gelegentlich an ihre Heilgrenzen geritten, der Pater und eine Schwester im fernen New Orleans sind in einer Episode Retter in der Not.

Bis auf Tonka in England und die Personen, die ihr auf diesem Weg zur Seite stehen, treffen wir nur einmal auf europäische Amerikaner, hier sind es Landvermesser für die Eisenbahnen. Weder spielen die Indianerkriege noch der Bürgerkrieg eine Rolle, Sklaverei in den Südstaaten, die Indianerpolitik, Verträge. Wir befinden uns daher vermutlich noch in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts, die Überfahrt nach England erfolgt per Handelsclipper, einem Segelschiff.

Es ist eine schöne Erzählung für Kinder ab 8 Jahren, zum gegenseitigen Vorlesen gut geeignet. Gewalt hält sich in Grenzen, sie bahnt sich ihren Weg im Widerstreit Tonkas und Rotfuchs mit ihrem Widersacher Rabenfeder. Ob die Auseinandersetzungen zwischen den indigenen Völkern und der europäischen Einwanderern bis auf eine, eher harmlose, Episode mit Landvermessern, derartig auszublenden gut zu heißen ist, mag Ansichtssache sein. Vielleicht wirkt sich dies doch zu Gunsten der Geschichte aus.

Am Ende wäre noch zu bemerken, dass eine Kindergeschichte aus dem Jahre 1886, mehrfach erfolgreich verfilmt, weiterhin eine besondere Wirkung aufweist. Gegenüber indianischen Aspekten geriet diese eher europäische Geschichte manchmal zu sehr in den Vordergrund.
Für ein Kinderbuch hätte ich mir einige Illustrationen gewünscht.

Der Autor.  Ein Jurist erzählt solch eine Geschichte zwischen 2019 und 2023. Uwe Münkemüller (1958) führt dies selber auf die Gutenachtgeschichten zurück, die er seinen einst erzählte. Die waren begeistert und „forderten“ Veröffentlichungen. Erfolgreich.

Ich danke dem Verlag für die Rezensionsexemplare der Hardcoverbände.


  • Tonka. Mädchen der Sioux / DNB / Erzählverlag / ISBN 978-3-947831-05-0 / 88 Seiten
  • Tonka. Zwischen den Welten / DNB / Erzählverlag / ISBN 978-3-947831-43-2 / 76 Seiten
  • Tonka. Auf der Prärie / DNB / Erzählverlag / ISBN 978-3-947831-95-1 / 72 Seiten
  • Tonka. Mädchen der Sioux. Zwischen den Welten / DNB / Erzählverlag / ISBN 978-3-947831-26-5 / 168 Seiten

© Der Bücherjunge


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