Samstag, 26. März 2022

Sréter, Wolfgang: Herzogs Höhenflüge

Eigentlich führt Konstantin Herzog ein angenehmes Leben in München. Bei seiner täglichen Arbeit als Taschendieb oder „Kunstzieher“, wie er es selbst nennt, ist er ein genauer Beobachter, der äußerst behutsam und unaufgeregt vorgeht. Mit Panik reagiert er allerdings, als er eines Tages seinen Freund aus der Schulzeit, den Zollfahnder Fliege, erhängt in dessen Wohnung findet. Flieges Ex-Frau bittet ihn, mehr über den Mord herauszufinden. Unfreiwillig gerät Herzog in ein großes Abenteuer. Er reist um den halben Globus, um ehemalige Schulkameraden zu treffen. Herzog findet heraus, dass sie in illegale Geschäfte verwickelt sind. Aus der Ferne unterstützt ihn seine Freundin Margret. Sie ist in New York aufgewachsen, arbeitet bei einer Sicherheitsfirma und ist erst vor Kurzem von einem Einsatz im Irak zurückgekehrt. Auf seiner Reise stolpert Herzog von einer gefährlichen Situation in die nächste und wird wider Willen zur Hauptfigur in einem Krimi. Wolfgang Sréter liefert eine abenteuerliche und temporeiche Road-Story von hoher Aktualität, die von München über Bangkok, Hué und Jerusalem bis nach Prag führt und am Gardasee ein Ende findet. (Klappentext)
 
 
  • Herausgeber ‏ : Lichtung (23. November 2021)
  • Sprache ‏ : Deutsch
  • Taschenbuch ‏ : 240 Seiten
  • ISBN-10 ‏ : 3941306448
  • ISBN-13 ‏ : 978-3941306448
 
 
 
 
 
Auf dieses Buch wurde ich aufmerksam, als der Verlag bei Lovelybooks dazu im Rahmen einer Leserunde freundlicherweise einige Rezensionsexemplare verloste. 'Seit 30 Jahren steht der lichtung verlag für gute Literatur aus der Region Ostbayern' - so steht es auf der Homepage der edition lichtung. 'Herzogs Höhenflüge' ist der erste Roman des unabhängigen Kleinverlags, den ich bislang in den Händen hielt. Wie es mir damit erging, könnt Ihr hier nachlesen:





 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 

TOURING CRIMINALE...

Dieser Roman ist kein klassischer Krimi, auch wenn er Anteile davon aufweist. Hier reist der Hauptcharakter einmal um die halbe Welt, um herauszufinden, was mit seinem Freund geschah, den er erhängt in dessen Wohnung auffand. Ein wenig naiv wirkt der unscheinbare Münchner Konstantin Herzog, der den offenbaren Mord an seinem Freund nicht der Polizei meldet, sondern selbst Hinweisen folgt, die ihn der Lösung näher bringen könnten.

Dabei stehen innerhalb kürzester Zeit nicht nur Bangkok, Hué, Jerusalem, Prag und der Gardasee auf der Reiseliste, sondern auch eine ordentliche Portion gefährlicher Momente. Konstantin selbst lässt alles auf sich zukommen und mit sich geschehen - er wirkt eher wie ein stiller Beobachter denn wie ein zielorientierter Akteur. Er versucht, möglichst unsichtbar zu bleiben sowie Informationen zu sammeln, um dann den nächsten Schritt zu planen. Nur dass die nächsten Schritte irgendwie immer von außen vorgegeben werden. Und selbst als Herzog nicht mehr übersehen kann, dass er selbst in akuter Gefahr schwebt, bleibt er merkwürdig passiv und blauäugig.


"Wäre dieser Unfall auch passiert, wenn Herzog nicht nach Hué geflogen wäre, wenn er einfach nur zu Hause in München geblieben wäre, vor Flieges Wohnung die Polizei angerufen und seine Aussage gemacht hätte? Entweder gab es seit Kurzem in seinem Leben überhaupt keine Zufälle mehr oder sie waren brandgefährlich." (S. 72)


So viele Orte auf gerade einmal 240 Seiten - da ist klar, dass Herzog nirgendwo lange bleibt. Ich hatte befürchtet, dass das zu einem bloßen Abreißen der Zielpunkte gerät, doch gelingt es Wolfgang Sréter erfreulicherweise, immer ein ausreichend skizziertes und authentisches Bild der jewieiligen Stadt zu zeichnen, so dass man sich die Atmosphäre und die jeweiligen Besonderheiten bildhaft vorstellen kann. Auch wird hier immer wieder gelungen ein diffuses Unbehagen transportiert, wodurch mir manchesmal eine Gänsehaut den Rücken hochkroch.. Und wie nebenher werden auch noch gesellschafts-, sozial- und politikkritische Einsprengsel geliefert, was mir gut gefiel.


"Sie schienen keine Ganoven zu sein, aber heutzutage war es schwierig einen Ganoven zu erkennen, wenn schon katholische Priester kleinen Jungen in die Hose fuhren, britische Minister ihre Pornovideos über die Staatskasse abrechneten und Landespolitiker die Hand aufhielten, ohne sich später daran erinnern zu können." (S. 144)


Am Schluss kommt es schließlich doch noch zu einem krimimäßigen und spannenden Showdown, das hatte ich so gar nicht mehr erwartet. Die vielen Fragezeichen werden logisch aufgelöst, das Motiv erscheint nachvollziehbar. Leider empfand ich das Ende dann als zu abrupt, und es blieben auch einige Aspekte offen, was ich schade fand. Das schwächte den insgesamt sehr runden Eindruck ab, den ich bis dahin von dem Roman hatte.

Alles in allem konnte mich dieser außergewöhnliche Roman mit Krimianteilen jedoch gut unterhalten. Eine besondere Entdeckung!


© Parden

 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
Wolfgang Sréter wurde 1946 in Passau geboren. Er wuchs in einer deutsch-ungarischen Familie auf, studierte Volkswirtschaft und Soziologie und arbeitet seit vielen Jahren als Dozent für Kulturmanagement. Wolfgang Sréter lebt als Autor und Fotograf in München.
 
 
 

2 Kommentare:

  1. Eine Krimi-Weltreise. Eine komplizierte Weltreise dazu. Wenn wir unsere Bücher zusammen schmeißen würden, käme ein bunter Mischmasch heraus,

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    1. Das glaube ich allerdings auch... Und man bräuchte definitiv viel Platz.

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