Dienstag, 28. Dezember 2021

Schiewe, Ulf: Die Mission des Kreuzritters

Vor wenigen Wochen wurde ich „aufgefordert“, an einer Leserunde teilzunehmen. Nach längerer Zeit mal wieder und diesmal auf der Leseplattform Whatchreadin. Da ich in gewissen Kreisen als Liebhaber historischer Romane bekannt bin, war das vielleicht folgerichtig, denn Die Mission des Kreuzritters spielt in der Zeit zwischen dem ersten und dem zweiten Kreuzzug, gegen um das Jahr 1130. 

In Jerusalem herrscht König Balduin II.* (1080-1131) der hat nur Töchter, die älteste ist Melisende (1105-1161). Balduin hat seine Tochter auf das Herrschen oder zumindest Mitherrschen vorbereitet, doch dazu soll sie einen gewissen Fulko von Anjou** und Maine (1092 – 1143) ehelichen, der Witwer ist der Prinzessin überhaupt nicht genehm. Also widersetzt sie sich, indem sie versucht, zu ihrer Schwester Alice nach Antiochia zu entfliehen. Dieser Plan geht schief, denn sie wird, beliebtes politisches Mittel in dieser Zeit, entführt von einem Usama Ibn Munqidh (1095 – 1188), dem Neffen des Emirs von Schaizar.

Retten soll sie, als die Entführung in Jerusalem bekannt wird, ein Tempelritter namens Raol de Montalban....


Irgendwie wird das alles schon gut gehen, denn, man sieht es an den Lebzeiten der bisher genannten Personen; wenn man weiter googelt, dann erfährt der interessierte Leser, dass Melisende diesen Fulko tatsächlich heiraten, das Königreich Jerusalem allerdings auch zehn Jahre allein regieren wird.


Dieser de Motalban allerdings ist eine fiktive Figur, der Ulf Schiewe die Montalban-Reihe gewidmet hat. Es ist bereits das vierte Buch um diesen Raol, welches der Vielschreiber verfasste. 

Daraus resultiert vermutlich auch, dass es eben dieser Kreuzritter ist, um den sich letztlich der Inhalt hauptsächlich dreht – was allerdings der Buchtitel ankündigt. 

Es ist ein spannender Plot, der auch ansprechende und interessante Beschreibungen von Kultur und Landschaft bietet, nicht nur, aber vielleicht vor allem für Leser, die Palästina, Jerusalem, Genezareth und den Jordan besucht haben. Also solche wie mich. Wobei zum Beispiel die Beschreibung der Grabeskirche das Bild dieses zentralen Ortes der Christenheit dem heutigen Inneren entspricht. Ich stand förmlich wieder in diesem riesigen sakralen Bau. Auch die Geschehnisse im Harem von Schaizars waren gut zu lesen.

Ich empfand insgesamt das Lesen des Romans als schön und spannend. Allerdings hätte ich mir durchaus etwas mehr „Geschichte“ gewünscht. Ulf Schiewe schreibt zwar im Nachwort, dass zum Beispiel Entführungen ein „beliebtes“ politisches Mittel zur Durchsetzung von Interessen in dieser Zeit gewesen seien, aber ein wenig mehr Outremer oder meinetwegen auftretende Ismaeliten hätten mich mehr angesprochen, zumal die Handlung ja sowieso fiktiv angelegt ist.



Für manche Leserin (Leserunde) scheint aber genug „Geschichte“ in der Geschichte enthalten gewesen sein. Bei mir steht aber eben diese eher im Vordergrund, statt einer Liebesgeschichte im Mittelalter.

* * *

Ulf Schiewe ist wie gesagt ein Vielschreiber. Im Blog hat Anne Parden, die mich zur Leserunde einlud, bereits „Die Kinder von Nebra“ und „Der Attentäter“ besprochen. Gerade Ersteres dürfte irgendwann von mir aufgeblättert werden.



* In dieser Rezension habe ich die verdeutschten Namen benutzt, weil man diese unter Wikipedia besser findet. In der Terra sancta, oder Outremer, wie der Landstrich (Levante) damals genannt wurde, sprach man die Lingua franca ein romanisch / französisches Pidgin, weshalb Ulf Schiewe die französische Schreibweise wählte

„Bei der Lingua franca handelt es sich entgegen älteren Bewertungen nicht um eine Mischsprache oder verunstaltete Einzelsprache oder ein von Sprecher zu Sprecher sich veränderndes Radebrechen, sondern um ein echtes Pidgin auf romanischer Basis mit arabischen, türkischen, persischen, griechischen und slawischen Einflüssen, das in seinem lexikalischen Grundbestand und seiner grammatischen Struktur trotz seiner weiten Verbreitung und jahrhundertelangen Verwendung eine bemerkenswerte Geschlossenheit aufweist.“  (Seite „Lingua franca“. In: Wikipedia – Die freie Enzyklopädie. Bearbeitungsstand: 11. Dezember 2019, 10:12 UTC. URL: https://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Lingua_franca&oldid=194815775 (Abgerufen: 27. Dezember 2021, 11:18 UTC)

** Fulko von Anjou und Main ist der Vater von Gottfried v. Anjou, dem ersten Plantagenet, welcher wiederum Vater des zweiten König Heinrich von England war. Somit war Fulko der Urgroßvater von Richard Löwenherz.


© Bücherjunge

2 Kommentare:

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