Samstag, 22. August 2015

Schätzing, Frank: Tod und Teufel

... gleich noch ein Krimi aus dem Mittelalter

"Köln im Jahr 1260. Erzbischof und Bürger versuchen, einander mit allen Mitteln in die Knie zu zwingen. Jacop den Fuchs, Herumtreiber und Nichtstuer, kümmert die politische Situation wenig. Ihn interessieren vielmehr die bischöflichen Äpfel. Während er diese unerlaubt pflückt, wird er Zeuge eines Mordes: Der Baumeister des Kölner Domes, Meister Gerhard wird vom Gerüst gestoßen. Jacop ist der einzige Zeuge, aber auch der Mörder hat Jacop gesehen..." (Buchrücken)

"Virtuos gemeuchelt, mit Gespür für historisches Flair, Spannung und Witz" - schrieb die Kölnische Rundschau - und die "muss" das ja schreiben, schließlich ist es ein Köln Roman und, es geht auch irgendwie rund um den Dom.


Nein, dies ist kein Dombau-Roman a la Follett´s Die Säulen der Erde oder Falcones Kathedrale des Meeres (hier). Der Dombaumeister ist in in irgendwelche Machenschaften der Patrizier verstrickt oder kennt diese zumindest. Daher muss er wohl sterben. Dass der herrschende Erzbischof mal im Dom begraben sein will, ist auch eher eine Randepisode. Die Gebeine der heiligen drei Könige sind aber zu diesem Zeitpunkt schon in Köln.

Ansicht aus dem Jahr 1571 (siehe auch hier)
Es ist ein Krimi. Mit Verfolgungsjagden quer durch die mittelalterliche Stadt, mehreren Morden, Verschwörungen und duraus auch vielen geschichtlichen Hintergründen. Der geheimnisvolle Mörder hat auch eine geheimnisvolle Waffe, diese stammt wohl aus den Kreuzzügen, wie wohl auch der Mörder selbst, dessen Geheimnis bis zum Schluss gewahrt bleibt. Da den Jacop ja nur die "bischöflichen Äpfel" interessieren, braucht er Helfer, die er auch in drei Urkölnern findet, einer davon ist ein Physikus und Dechant*. Als Physikus, allgemeiner Arzt, wird dieser Jasper Rodenkirchen** auch mehrfach gebraucht. Jasper übernimmt es, dem Jungen, der auch ein Geheimnis mit sich herumträgt, über notwendige geschichtliche Hintergründe aufzuklären. Vor allem sind dies die Kreuzzüge und der Kampf des Erzbischofs Konrad von Hochstaden gegen die Patrizier.

* * *

Albertus Magnus hatte 1285 in einem sogenannten kleinen Schied (Urteil) darauf erkannt, dass der Erzbischof zwar höchste geistlie und weltlich Macht sei, der Stadt aber durch ein sogenanntes Schöffengericht auch eine eigene Gerichtsbarkeit zustand. Diese Schöffen bestanden ertmal als Patriziern, Konrad aber entmachtete diese und ernannte Schöffen aus den Zünften. Einen Patrizieraufstand schlug er 1260 nieder, lies ein paar hinrichten und sperrte andere auf der Festung Godesberg ein. (wiki)



Das ist der Hintergrund für den Roman von Frank Schätzing. Unerheblich ist, dass der Dombaumeister Gerhard von Rile erst 1271 starb (wiki). Interessant dagegen ist, dass er unter mysteriösen Umständen vom Gerüst stürzte und dabei starb.

Der Kölner Dom und seine Entstehung sind schon mal für sich Faszination allein. Wenn man nicht nur davorsteht, sondern auch von oben herunter schaut, dann wird diese Faszination nur größer. Dass der Dom erst im Jahre 1880 fertig wurde und Meister Gerhards Pläne immer fortgalten, nachdem man 1814 alte Pläne wieder fand, ist schon verblüffend. Gebaut wird immer am Dom. Man kann unter dem Dom, im Dom und auf dem Dom Führungen buchen. Wirklich sehr interessant.





* * *

Gelegentlich hört oder liest man von diversen Bloggerinnen und Bloggern, dass die geschichtlichen "Ausschweifungen" in historischen Roman störend empfunden werden. Ich sage, sie sind die eigentliche Würze in einem historischen Roman. Hier nun geht es auch gar nicht ohne, weil die Verschwörung ohne diese Hintergründe überhaupt nicht erklärbar wären. Dies hat Schätzing hervorragend hinbekommen. Ausmeiner sicht hat er auch noch ein paar Kölner Originale dazu gepackt. Neben dem genannten Jasper sind auch noch der Färber Goddert und dessen Tochter Richmodis wichtige Personen. ein Genuss sind die ständigen Streits zwischen dem Gelehrten und dem Färber, nur unterbrochen durch: "Trinken wir noch einen?" Dieses Vierergespann kann man sich gut vorstellen. Bei den Patriziern scheint mir dies nicht so gut gelungen zu sein, auch wenn zum Beispiel die Familie der Overstolzen breiten Raum einnimmt, was historisch auch vollkommen richtig ist.***

Das was ich an historischen Romanen mag, hat Schätzing geschafft. Spannung und Fakten interessant zusammenzufügen.

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Quelle
Wir haben, das ist eigentlich verblüffend, bisher noch gar keinen Schätzing besprochen. Einzig TinSoldier hat mal einen angekündigt. Insofern ist der Zufall, dass sein erster Roman Tod und Teufel aus dem Jahr 1995, welcher auch zum Bestseller wurde, hier nun vorgestellt wird. Der Name Frank Schätzing ist inzwischen ziemlich berühmt und seine Webseite verspricht das, was er meist auch macht: Gute Thriller. Geboren wurde er 1957 in Köln. Aha. Studiert hat er Kommunikation. Den Roman Tod und Teufel findet man  auch im Emons Verlag, dessen Bücher in unserem Blog schön mehrfach eine Rolle spielten.

Der Aufbau seiner Roman hat oft etwas mit seinen spezifischen Hobbyx oder Interessen zu tun, als da wären: Köln, Tauchen, das Meer, Politik... Für seine Romane und Projekte hat er schon eine Reihe von Preisen eingesammelt. Da er sich auch für Umwelt und Klimawandel interessiert und engagiert ist dieses Interview auch sehr interessant.


  • Frank Schätzing in der wikipedia
  • Frank Schätzing in der DNB
  • DNB / Emmons / Köln 1995 / ISBN: 3-924491-59-3 / 373 S.

© Bücherjunge (19.11.2023)


* Dekạn [der; lat. decanus, „Aufseher über 10 Personen“], Der aus dem spätröm. Heerwesen stammende Titel ist zunächst im Mönchtum für den Aufseher über 10 Mönche übernommen worden. Von dort hat die Bez. Eingang in die Ämterorganisation der Domkapitel (Domdekan als 2. Beamter) u. Kollegiatstifte gefunden. (aus: Bertelsmann Lexikothek)
** bezeichnet auch einen Stadtteil von Köln 
*** Schätzing drängt aber historische Tatsachen für den Roman etwas zusammen.




1 Kommentar:

  1. Ein Buch von Schätzing habe ich bislang vor allem deshalb noch nicht gelesen, weil der sich meist nicht kurz fassen kann, *gg*. Diese dicken Schinken entmutigen mich ein wenig, auch wenn ich schon viele begeisterte Rezensionen zu Schätzings Büchern gelesen habe...

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