Samstag, 11. Juli 2015

Kafka, Franz: Brief an den Vater

Franz Kafkas Brief hat den Vater nie erreicht. Dagegen fand der Text durch Max Brods posthume Edition eine breite Leserschaft: Die Klage des Sohnes über den übermächtigen Vater wurde zu Literatur. Kafka scheint sich in die Reihe der Protagonisten seiner Erzählungen einzugliedern; wie Georg Bendemann im »Urteil« stellt er fest: »Mein Vater ist immer noch ein Riese.« Der Brief an den Vater ist Mittler zwischen Werk und Wirklichkeit. Nicht nur die äußeren Lebensumstände des Prager Versicherungsangestellten werden erfahrbar, sondern auch die innere Welt des Schriftstellers, dessen ebenso beunruhigendes wie inspirierendes Werk die Geschichte der Literatur dieses Jahrhunderts nachhaltig beeinflußt hat.







  • Taschenbuch: 96 Seiten
  • Verlag: FISCHER Taschenbuch; Auflage: 8 (1. November 1999)
  • Sprache: Deutsch
  • ISBN-10: 3596146747
  • ISBN-13: 978-3596146741





 

 

LEBENDIGES ZEUGNIS...

 
 

 
Der nie abgesandte Brief an den Vater (1919) gilt als Schlüssel zum dichterischen Werk Franz Kafkas (1883–1924). Dieses eindrucksvolle Zeugnis eines dramatischen Vater-Sohn-Konfliktes kann als ein ganz besonderes Dokument der Weltliteratur bezeichnet werden. Anklage und Selbstanalyse zugleich, vermittelt es dem Leser Einblick in das komplizierte Seelenleben des Autors. In eindringlichen Worten, denen man sich kaum entziehen kann, rechnet Kafka mit seinem autoritären Vater ab, der ihm so tyrannisch und übermächtig erschien...

Kafka hat den in seiner Handschrift mehr als hundert Seiten langen Brief 1919 in einer Pension in Schelesen geschrieben. Er hat den Brief nie abgeschickt oder ihn dem Vater übergeben. Mit 36 Jahren hat er sich daran gemacht, in Form eines Briefes mit dem Vater 'Frieden zu schließen', den für sein gesamtes Leben so wichtigen Konflikt mit dem Vater schreibend zu bewältigen. Womöglich hatte der Brief seinen Zweck schon im Imaginären erfüllt: Im Bewusstsein, sich dem Vater einmal so vollständig wie möglich gegenüber zu erklären, sich überhaupt erklären zu können.
 
Dabei versteht Kafka seine Darstellung niemals als bloße Anklage, sondern ist immer bemüht, auch die Schuldlosigkeit des Vaters festzuhalten. Zwei zu unterschiedliche Wesen, ein von Anfang an übermächtiger Vater, dem weder das Kind noch der erwachsene Mann ebenbürtig werden konnten - so hören sich seine Entschuldigungen an. Dennoch litt Franz Kafka Zeit seines Lebens unter dem Eindruck des Vaters, wovon der Brief das lebendigste Zeugnis gibt.

Wann immer ich mich den Werken Kafkas bislang gewidmet habe, gab ich letztlich entmutigt auf - vielfach fehlte mir schlichtweg der Zugang, das Verständnis. Dieser Brief verdeutlicht jedenfalls eines, nämlich wo die für Kafka so  typische Atmosphäre existenziellen Ausgeliefertseins ihren Anfang nimmt: im Elternhaus. In dieser brieflichen Auseinandersetzung mit seinem Vater, in der Kafka auch schon dessen Entgegnungen antizipiert und wiederum hierauf eingeht, liegt ein Schlüssel zum Verständnis seines schriftstellerischen Werkes.
 
Ein fiktiver Diskurs zwischen Vater und Sohn, der Kafka geholfen haben mag, seine Kindheit und Jugend Revue passieren zu lassen und letztlich auch aufzuarbeiten, der aber auch in jedem Fall dem Leser vor Augen führt, was Kafkas Werken zugrunde liegt. Ein beunruhigender aber aufschlussreicher Einblick...


© Parden























Franz Kafka (jüdischer Name: אנשיל, Anschel; * 3. Juli 1883 in Prag, Österreich-Ungarn; † 3. Juni 1924 in Klosterneuburg-Kierling, Österreich) war ein deutschsprachiger Schriftsteller. Sein Hauptwerk bilden neben drei Romanfragmenten (Der Process, Das Schloss und Der Verschollene) zahlreiche Erzählungen. Kafkas Werke wurden zum größeren Teil erst nach seinem Tod und gegen seine letztwillige Verfügung von Max Brod veröffentlicht, einem engen Freund und Vertrauten, den Kafka als Nachlassverwalter bestimmt hatte. Kafkas Werke zählen unbestritten zum Kanon der Weltliteratur.


HIER gibt es auf einer eigenen Homepage noch zahllose weitere Informationen zu Franz Kafka!

3 Kommentare:

  1. Manchmal ist es schwer nachvollziehbar, wie Literatur zu Weltliteratur wird.

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    1. Kann ich daraus schließen, dass Dir der Zugang zu Franz Kafka bisher auch verwehrt blieb? ;)

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    2. Kannst du. Mühsam ernährte sich bisher das Eichhörnchen.

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