Freitag, 5. November 2021

Bazyar, Shida: Drei Kameradinnen

In ihrem neuen Roman erzählt Shida Bazyar voller Wucht und Furor von den Spannungen und Ungeheuerlichkeiten der Gegenwart – und von drei jungen Frauen, die zusammenstehen, egal was kommt. Seit ihrer gemeinsamen Jugend in der Siedlung verbindet Hani, Kasih und Saya eine tiefe Freundschaft. Nach Jahren treffen die drei sich wieder, um ein paar Tage lang an die alten Zeiten anzuknüpfen. Doch egal ob über den Dächern der Stadt, auf der Bank vor dem Späti oder bei einer Hausbesetzerparty, immer wird deutlich, dass sie nicht abschütteln können, was jetzt so oft ihren Alltag bestimmt: die Blicke, die Sprüche, Hass und rechter Terror. Ihre Freundschaft aber gibt ihnen Halt. Bis eine dramatische Nacht alles ins Wanken bringt.

Shida Bazyar zeigt in aller Konsequenz, was es heißt, aufgrund der eigenen Herkunft immer und überall infrage gestellt zu werden, aber auch, wie sich Gewalt, Hetze und Ignoranz mit Solidarität begegnen lässt. »Drei Kameradinnen« ist ein aufwühlender, kompromissloser und berührender Roman über das außergewöhnliche Bündnis dreier junger Frauen – und das einzige, das ein selbstbestimmtes Leben möglich macht in einer Gesellschaft, die keine Andersartigkeit duldet: bedingungslose Freundschaft. (Klappentext)

  


  • Herausgeber ‏ : ‎ Kiepenheuer&Witsch; 2. Edition (15. April 2021)
  • Sprache ‏ : ‎ Deutsch
  • Gebundene Ausgabe ‏ : ‎ 352 Seiten
  • ISBN-10 ‏ : ‎ 3462052764
  • ISBN-13 ‏ : ‎ 978-3462052763

 

 

Ich habe lange gezögert, zu diesem Roman zu greifen - zu unterschiedlich fielen die Leser-Bewertungen aus. Doch als der Roman für die Longlist des diesjährigen Deutschen Buchpreises nominiert wurde, wurde ich doch neugierig. Ob sich das gelohnt hat, könnt Ihr hier nachlesen:



 

 

 

 

 

 

 

 

 

 VON FREUNDSCHAFT, AUSGRENZUNG UND SCHUBLADENDENKEN...

 

Quelle: Pixabay

Drei junge Frauen treffen sich anlässlich der Hochzeit einer gemeinsamen Freundin wieder. Sie sind gemeinsam aufgewachsen in einer Siedlung, ihre Familien kamen aus unterschiedlichen Ländern und aus verschiedenen Gründen nach Deutschland. Obschon die drei Frauen einen guten Schulabschluss gemacht und anschließend studiert haben, erleben sie im Alltag immer wieder Ausgrenzungen. Dies war bereits in ihrer Kindheit und Jugend so und zieht sich durch ihr ganzes Leben.

Dabei reagieren die Freundinnen sehr unterschiedlich auf den alltäglichen Rassismus, die Vorurteile und Zuschreibungen. Kasih, die Ich-Erzählerin, nimmt meist eine beobachtende Haltung ein und leidet eher still, wirkt in der Regel reflektiert und überdenkt mögliche Konsequenzen bevor sie handelt. Saya dagegen ist sehr impulsiv mit einem schwer zu bremsenden Aggressionspotenzial und teilweise ungefilterten Ausbrüchen, die von Alkohol geschürt rasch hochexplosiv zu werden drohen. Und Hani als die dritte im Bunde ignoriert Anfeindungen und Ungerechtigkeiten, als würden sie nicht existieren, oder lacht sie einfach weg. Dennoch ist die Freundschaft der drei unverbrüchlich, und sie ist es auch, an der sich alle drei festhalten können, den Erlebnissen zum Trotz.

Die Erzählung springt dabei episodenhaft aus der Gegenwart in die Vergangenheit und zurück ohne ein erkennbares zeitliches Muster. Erlebnisse aus Kindheit und Jugend werden ebenso dargelegt wie Ereignisse der Gegenwart, wobei auch recht aktuelles tatsächliches Zeitgeschehen wie beispielsweise der Prozess gegen die NSU um Beate Zschäpe einfließt. So entsteht ein umfassendes - manchmal sich sehr in Details verlierendes und dadurch langatmiges - Bild vom Aufwachsen und Leben in Deutschland, wenn man einer anderen Kultur angehört und die Privilegien von Weißen einfach hinnehmen muss, zusätzlich zu der Tatsache, dass man als Frau sowieso schon meist als Mensch zweiter Klasse gilt. 

Die Ich-Erzählerin belässt es dabei nicht bei Betroffenheitsäußerungen oder suhlt sich in Selbstmitleid. Sie klagt im Gegenteil an - und das auf eine oft pampige und leider pauschalisierende Art, was mich sehr gestört hat. Natürlich kann Provokation dazu beitragen, sich ausführlicher mit den Schilderungen zu beschäftigen, die eigene Position zu hinterfragen und der Thematik die Brisanz zuzuschreiben, die sie verdient. Aber dass Schubladendenken nicht nur einseitig ist, beweist Shida Bazyar eben auch. Alle Weißen als Rassisten zu bezeichnen ist schon ein starkes Stück - und gleichzeitg ein Totschlagargument, denn dazu verbietet sich letztlich jede Diskussion. Die aber wäre wohl nötig auf dem Weg zu mehr Toleranz auf allen Seiten. 

Dass sich die Ich-Erzählerin spätestens am Ende auch noch als überaus unzuverlässig erweist, hat mich das Buch letztlich frustriert zuschlagen lassen. Dieser Umstand in Verbindung mit der Langatmigkeit einzelner Passagen und der pauschalen Schuldzuweisung hat den Roman für mich definitiv zu keinem Lesevergnügen gemacht. 

Wichtiges Thema, für mich allerdings unbefriedigend umgesetzt. Schade...


© Parden

 

 

 

 

 

 


 

 

 

 

 

 

Shida Bazyar, geboren 1988 in Hermeskeil, studierte Literarisches Schreiben in Hildesheim und war, neben dem Schreiben, viele Jahre in der Jugendbildungsarbeit tätig. Ihr Debütroman »Nachts ist es leise in Teheran« erschien 2016 und wurde u.a. mit dem Bloggerpreis für Literatur, dem Ulla-Hahn-Autorenpreis und dem Uwe-Johnson-Förderpreis ausgezeichnet und in mehrere Sprachen übersetzt. 

(Quelle: KiWi)

 

 

2 Kommentare:

  1. Was immer sich die Autorin dabei gedacht hat. Werden Buchpreise nach Thema vergeben? Das glaube ich dann aber doch nicht.

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    1. Der Roman hat den Deutschen Buchpreis ja nicht gewonnen - er stand nur auf der Longlist. Die Kriterien für die Auswahl der Longlist und v.a. für den Siegertitel erschließen sich mir aber auch nicht wirklich...

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