Sonntag, 17. Oktober 2021

Knöppler, Florian: Kronsnest

Das Dorf und der kleine elterliche Hof in der Elbmarsch sind seine ganze Welt: Der empfindsame ­Hannes ­leidet unter seinem gewalttätigen, unberechenbaren Vater und den Schikanen in der Schule. Zuflucht findet er allein in der Natur und in seinen Büchern. Doch Hannes beginnt, sich zu wehren, und unversehens ­gerät er dabei in die politischen Spannungen der Dorfgemeinschaft. Dabei will er doch eigentlich nur eines – die geheimnisvolle Mara für sich gewinnen, die so ganz anders ist als all die Mädchen im Dorf. Ein anderes Leben, denkt Hannes, ein anderes Leben muss doch möglich sein.  

(Klappentext)










  • Herausgeber ‏ : ‎ Pendragon; 1. Edition (24. Februar 2021)
  • Sprache ‏ : ‎ Deutsch
  • Gebundene Ausgabe ‏ : ‎ 448 Seiten
  • ISBN-10 ‏ : ‎ 386532746X
  • ISBN-13 ‏ : ‎ 978-3865327468 
 
 
 
Anfang des Jahres gab es von Seiten des Autors eine freundliche Anfrage an unseren Blog, ob wir den Roman lesen und rezensieren wollten. Ich habe zunächst gezögert, weil ich ja wirklich nicht unter akutem Lesestoffmangel leide, aber unter der Prämisse, dass es "etwas dauern" könnte, habe ich schließlich zugesagt. Ausgelesen ist der Roman schon länger, rezensiert an anderer Stelle auch - nur in den Blog hat es die Rezension bislang nicht geschafft. Aber jetzt... Besser spät als nie! An dieser Stelle noch einmal ein herzliches Dankeschön an den Autor für die Bereitstellung des Rezensionsexemplars. Wie mir der Roman gefallen hat, könnt Ihr hier lesen:


 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 




HARTES LANDLEBEN DURCHSETZT MIT NATURSCHILDERUNGEN VON SCHLICHTER SCHÖNHEIT...




Erster Satz: „Hannes befühlte die geschwollene Wange.“


Schon dieser erste Satz zeigt: das Leben auf dem Lande in den späten 1920er Jahren ist kein Zuckerschlecken. Zu Beginn der Handlung lebt der anfangs 15jährige Hannes mit seinen Eltern auf einem kleinen Hof in der holsteinischen Elbmarsch. Sein Leben pendelt zwischen der Schule und dem Hof, das Geld reicht gerade für das Nötigste, und neben Essen und Schlafen beherrscht die harte körperliche Arbeit den Tag. Hannes Hilfe wird selbstverständlich erwartet, und ein Wort des Dankes bekommt er kaum einmal zu hören. Dafür neigt der wortkarge Vater zu körperlicher Gewalt, was Hannes immer wieder zu spüren bekommt. Die Mutter kann ihn nicht davor schützen, so dass der Junge, sehnsüchtig um Anerkennung bemüht, stets mit dem Schlimmsten rechnen muss. 

Trotzdem hat Hannes sich eingerichtet in seinem Leben. So wie die willkürlichen Launen des Wetters gehören auch die Ausbrüche des Vaters einfach dazu, doch die Freundschaft zu Thies, einem Nachbarsjungen, lindert die Härte des Alltags zumindest ein wenig. Der introvertierte Hannes ist klug und belesen, sehr zum Unwillen seiner Klassenkameraden, so dass er auch hier ein Außenseiter ist. Neben den Büchern liebt Hannes die Natur und will eigentlich nur in Ruhe leben, ein wenig träumt er auch davon, Mara, die Tochter des Großgutsbesitzers, zu erobern, zumindest versucht er, sich aus den Querelen des Dorflebens herauszuhalten.

Doch das ist alles andere als einfach. Dunkle Schatten ziehen auf, die Bauern rebellieren gegen die Berliner Politik, die das Landvolk hungern und in Armut verkommen lässt, und auch wenn sich einzelne Ortsgruppen bald schon zerschlagen, nimmt die Nationalsozialistische Partei nach und nach all die Unzufriedenen in ihren Reihen auf. Dem gegenüber stehen kommunistische Bestrebungen anderer Dorfbewohner, schwere Konflikte sind vorprogrammiert. Kommunisten gegen Braunhemden – Hannes will nichts damit zu tun haben, doch er lernt: Freundschaften sind nicht in Stein gemeißelt, und eines Tages muss jeder Position beziehen…

Düster, grau und bedrückend kommt die Erzählung daher, leise im Ton, eindringlich in einzelnen Szenen. Kein vor Spannung brodelnder Roman, sondern eine langsam erzählte Geschichte ohne große Höhepunkte – und dennoch interessant. Vor allem die Naturschilderungen sind oftmals beeindruckend – vor dem inneren Auge erscheinen Bilder von schlichter Schönheit trotz eines eher schnörkellosen Schreibstils. Die Charaktere des Dorfes bleiben dabei eher blass, gesehen nur durch Hannes Augen, dessen introvertierte Art keine ausschweifenden Schilderungen zulässt. Dennoch überzeugen die gut recherchierten Details des Romans, der dadurch alles in allem ein authentisches Zeitkolorit zeichnet. 

Dieser Debütroman von Florian Knöppler wartet noch auf seine Fortsetzung. Die Richtung wird am Ende angedeutet, doch bleiben viele Handlungsstränge unaufgelöst, was ich etwas schade fand. Dennoch oder gerade deswegen bin ich gespannt auf den Fortgang der Erzählung, der 12 Jahre später (1941) einsetzen wird. 


© Parden



















Florian Knöppler, geboren 1966, studierte Romanistik, Germanistik und Philosophie in Bonn und Bologna. Nach der anschließenden Ausbildung zum Redakteur arbeitete er für verschiedene Radio- und Fernsehsender und schrieb Zeitungsreportagen, häufig über Menschen mit besonderen Lebenswegen vor zeitgeschichtlichem Hintergrund. Mittlerweile lebt er mit seiner Familie auf einem Hof in Schleswig-Holstein. Dort in der Nähe spielt auch »Kronsnest«, sein erster Roman.



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