EINE KINDHEIT IM NORDEN lautet der Untertitel, und genau darum geht es hier. Um eine Kindheit, die in einem Dorf in der Uckermark spielt und die in die Zeit des Nationalsozialismus fiel.
Diese Mischung aus Autobiografie und Zeitgeschichte interessierte mich - und so griff ich zu...
Manchmal lohnt es sich, abseits des Mainstreams zu lesen. Ob das hier auch so war? Lest selbst:
- Format: Kindle Edition
- Dateigröße: 1094 KB
- Seitenzahl der Print-Ausgabe: 147 Seiten
- Verlag: EDITION digital (6. Juni 2014)
- Verkauf durch: Amazon Media EU S.à r.l.
- Sprache: Deutsch
- ASIN: B00WYDOTTO
AUTOBIOGRAFIE UND ZEITGESCHICHTE IN EINEM...
Quelle: Pixabay |
»Lesen verdirbt den Charakter« und »Ruhe ist die erste
Bürgerpflicht« sind Leitsätze der Großeltern - kleiner Leute - für die
Erziehung von Lore, die mal was Besseres werden soll. Je mehr sie aber
behütet wird, umso mehr strebt sie >overkieksch< ein eigenes Leben
an, Krieg und Nachkrieg bestimmen den Alltag der Heranwachsenden und
lehren sie, dass auch der Satz der Vatergeneration »Mit den Wölfen muss
man heulen« falsch ist. Sie bricht aus der vorgegebenen Welt aus;
engagierte Lehrer und geliebte Gedichte helfen ihr auf der Suche nach
dem eigenen Weg.
Fast jede Nacht heulten die Sirenen. Großmutter riss das Kind mitten in der Nacht aus dem Schlaf. Lore sollte übereinander anziehen, was sie besaß: zwei Leibchen, zwei Kleider, den Wintermantel. Vor Müdigkeit zitternd, manchmal den großen Puppenjungen im Arm, folgte sie der Großmutter in den Keller.
Ich lese ja gerne auch abseits des Mainstreams, und so griff ich zu, als ich zufällig auf dieses Buch stieß. Die Epoche zur Zeit des Nationalsozialismus interessiert mich nach wie vor, und da mein Vater im selben Jahr geboren wurde wie die Autorin, wurde ich neugierig. Kindheiten sind kaum miteinander vergleichbar, auch wenn sie sich in derselben Zeit vollziehen. Doch gibt es für diese Epoche sicher oftmals Parallelen - wie beispielsweise eine strenge Erziehung, ein Aufwachsen ohne Vater, da dieser an der Front, in Gefangenschaft oder gefallen war, karge Zeiten, in der der Hunger regierte, usw.
Tatsächlich bietet diese Biografie einen interessanten Einblick in eine recht einsame Kindheit in der Uckermark zwischen 1934 und 1952, wobei die Zeitgeschichte immer auch eine Rolle spielte. Erzählt wird hier v.a. zu Beginn aus einer eher kindlichen Perspektive, die das gesellschaftliche Geschehen noch gar nicht einordnen kann und es kritiklos hinnimmt. Nur die Auswirkungen der gesellschaftlichen Entwicklung auf die Familie und die engere Nachbarschaft werden beobachtet und geschildert. Lore wächst jedoch heran - und mit ihr der Widerspruchsgeist. Die wie in Stein gemeißelten Erziehungs-Dogmata boykottiert das Mädchen immer wieder und nimmt dafür auch in Kauf, irgendwie nirgendwo richtig dazu zu gehören.
Nicht immer chronologisch und auch oft wenig zusammenhängend, reiht die Autorin einzelne erinnerte Episoden aneinander. Hier hätte ich mir manchmal größere zusammenhängende Abschnitte gewünscht, denn oft genug wurde ich recht abrupt aus einer Szene herausgerissen ohne damit gerechnet zu haben. Insgesamt jedoch habe ich mir ein recht umfassendes Bild dieser Kindheit machen können, v.a. auch im Zusammenhang mit dem damaligen Zeitgeschehen. Und tatsächlich schweiften meine Gedanken oftmals ab zu meinem Vater und dessen Erzählungen aus dieser Zeit.
Lonny Neumann versäumt es nicht, einen Brückenschlag in die jüngere Vergangenheit zu machen und die Schicksale einzelner Familienmitglieder weiter zu verfolgen. Dies rundet die Erzählung zusammen mit den plattdeutschen Einschüben und den zahlreichen Schwarz-Weiß-Fotos in meinen Augen gelungen ab.
Die Geschichte einer Kindheit in schwierigen Zeiten - Autobiografie und Zeitgeschichte in einem. Sehr persönlich und authentisch.
© Parden
Wissenswertes zu der Autorin findet sich bei Wikipedia:
► HIER
Gehört vielleicht auch zu "Gegen das Vergessen"?
AntwortenLöschenIch war mir unsicher. Aber wenn Du das auch so siehst: schon ergänzt... ☺
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