oder
das Leben des wahren
Grafen von Monte Christo
Wie? Was? Der wahre Graf von Monte Christo? Den gab es wirklich? Nächste Frage: Wer hatte den geschrieben? Alexandre Dumas d.Ä. oder Alexandre Dumas d.J.? Okay, ein Blick ins Lexikon: Der Ältere, der Vater schrieb die Romane, der Jünger war eher Bühnenautor.
Auf dem Cover ein Reitergeneral der französischen Revolutionsarmee. Ein Schwarzer, ein Farbiger. Noch nie gesehen. Und so begann ein sehr interessantes Leseabenteuer.
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Der Name weist auf eine adlige Abkunft hin. Der Geburtsort auf einen "Fehltritt" seines Vaters, einem Grafen. Die Mutter von Thomas Alexandre war die schwarze Sklavin Marie-Cessette Dumas, gekauft vom Vater, der von der Zuckerrohrplantage seines Bruders mit drei Sklaven geflohen war. Nun, das allein ist schon Stoff für einen Abenteuerroman, wenn das Schicksal eines Sklavenjungen in der Mitte des 19. Jahrhunderts jemanden interessiert hätte. Antoine-Alexandre Davy de la Pailleterie ermöglichte dem Knaben eine gediegene Ausbildung in Paris. Dazu gehört das Fechten. Dieses lernte man, wenn man gut war, vielleicht auch bei einem Mulatten, dem Chevalier de Saint-Georges, wie man sieht, aha, Chevalier: also auch ein Ritter. Was es nicht alles gab im Frankreich der Bourbonen am Vorabend der französischen Revolution.
Quelle: wikipedia |
Er ist einer der ältesten (nicht vom Alter her) und erfolgreichsten Generäle, der mit seinen Kavallerieattacken in den Alpen die Österreicher bzw. Habsburger Gegner der Revolution mehrfach bezwingt, die ihn den "schwarzen Teufel" nennen. Aber mit einem ebenso aufstrebenden Artilleriegeneral von der Insel Korsika kommt er nicht zurecht: Mit Napoleon Bonaparte. Mit diesem geht er auf die Expedition nach Ägypten. Als er 1799 Ägypten, vor dem durch Admiral Nelson die gesamte französische Expeditionsflotte vernichtet wurde, verlässt, leckte das morsche Schiff und Dumas bat in Tarent um Hilfe. Hier geriet er in Gefangenschaft, aus der er erst 1801 wieder frei kam...
Dumas d.Ä.; Quelle: wiki |
Menschenreichte / Quelle: wiki |
Es waren die Franzosen, die als erste Europäer die Sklavenhaltung als nicht vereinbar mit den Menschenrechten ansahen und diese bekämpften. In den Kolonien, da wo auch Thomas-Alexandre herstammte, war das nicht so einfach und die Abschaffung der Sklavenhaltung führte im späteren Haiti auch zu blutigen Bürgerkriegen. In Frankreich gab es unmittelbar vor und im Beginn der Revolution keine Rassendiskriminierung; um so schlimmer, dass diese schleichend mit der Machtübernahme durch Napoleon wieder zu Tage trat. Die Verweigerung der Generalspension ist ein Beispiel dafür. Reiss zeichnet uns ein Bild der Sklavenhalterländer im ausgehenden 18. Jahrhundert, welches die eher bekannten Aspekte der Sklavenhaltung im Süden der USA aus auch europäischer Sicht ergänzt.
Quelle: wikipedia |
Und es ist eine Liebesgeschichte. Der Korporal Dumas lernt in Villers-Cotterêts die Gastwirtstochter Marie Labouret kennen und heiratet diese 1792. Eine Liebesheirat, die die Schwiegereltern des Grafensohnes unbedingt mit einschloss. Die Briefe, aus denen der Biograf zitiert, sprechen eine beredte Sprache. Und so schrieb Alex ihr, nachdem er aus der Gefangenschaft wieder frei kam auf der Rückreise die folgenden Zeilen:
"Adieu, Geliebte, die meinem Herzen die meinem Herzen jetzt undauf immer das Teuerste sein wird, weil alles Unglück doch nicht mehr vermag, als die Bande zu stärken, die uns beide fest umschließen. Umarme für mich mein Kind, unsere lieben Eltern und all unsere Freunde.
Dein ganz und gar,
Alex Dumas, Divisionsgeneral."
(Seite 413)
(Seite 413)
(Übrigens beantworte Marie die Briefe imm er mit der Unterschrift: "Marie, Ehefrau")
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Quelle: wikipedia |
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Das Buch wurde übersetzt von Thomas Pfeiffer und Karin Schuler, es beinhaltet neun Karten zum Geschehen. Rundum ein hervorragendes Buch, welches ich, als ich es nun endlich einmal in die Hand nahm, doch ziemlich schnell verschlang. Die Recherchearbeit wird in der großen Bibliografie und in unzähligen Fußnoten deutlich.
Das Meisterstück allerdings sind die beiden Prologe, denn diese zwingen den Leser förmlich dran zu bleiben. Im kurzen ersten Prolog zitiert Reiss aus den Memoiren Alexandre Dumas d.Ä. die Zeilen über den Tod des Vaters 1806 und zeigt uns, dass es dem weltbekannten Romanautor sehr darauf ankam, seinem Vater ein Denkmal zu setzen. Die Memoiren seien der Grund, weshalb sich Reiss auf das Abenteuer begab, "das Leben des vergessenen Helden General Alexandre Dumas zu rekonstruieren." (Seite 14)
Prolog 2 gibt eine Zusammenfassung zur Person des Helden und erzählt von den Schwierigkeiten der Recherche. Eine solche Einleitung ist schon ein feines Ding und zeugt von der Arbeit eines hervorragenden Journalisten.
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Tom Reiss wurde 1964 in New York in einer Familie jüdischen Glaubens geboren. Seine ersten Spuren als Journalist verdiente er als Redakteur von Campuszeitschriften. Mit der hier vorliegenden Biografie und der Biografie über Lev Nussimbaum (Der Orientalist: auf den Spuren des Essad Bey) u.a. wurde er bekannt. Den Pulitzer Preis bekam er für The Black Count, denn im Original heist das Buch Der schwarze Graf.
► Florian Stark: Ranghöchster schwarzer General einer weißen Armee, in: Die Welt, 2. 11. 2013.
► Norbert Zähringer: Gefangener der Geschichte, in: Die Welt, 4. 01. 2014.
► Tom Reiss: Webseite
► Tom Reiss in der wikipedia
► Tom Reiss in der DNB
► DNB / dtv-Verlag / München 2012 / ISBN: 978-3-423-28017-4 / 540 S.
© KaratekaDD
► Norbert Zähringer: Gefangener der Geschichte, in: Die Welt, 4. 01. 2014.
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► Tom Reiss in der DNB
► DNB / dtv-Verlag / München 2012 / ISBN: 978-3-423-28017-4 / 540 S.
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Das wäre sicherlich auch was für dich, TinSoldier.
AntwortenLöschenIch bin beruhigt, dass Du mich hier nicht angesprochen hast... ;) Aber wieder ein informativer Beitrag!
LöschenFällt mir gar nicht ein, Anne. ;)
LöschenHab deine Buchbesprechung auf deinen Kommentar bei mir hin direkt mal gelesen. Ich stecke ja mitten im "Schwarzen General" drin und bin erwartungsgemäß vom Buch angetan. Hast du sehr schön präsentiert, und passend mit Bildern versehen. Was für ein interessanter Mann, was für einen spannenden Hintergrund hatte Alexandre Dumas! Was ich nur ändern würde, wäre das Wort "Mulatte" im dritten Absatz. Das ist ein rassistischer Ausdruck, und den benutzt man einfach nicht mehr.
AntwortenLöschenBeste Grüße,
Ute von buchstapelweise
Kennst du denn auch die Dumas-Biografie, unter der du bei mir kommentiert hast?
Nee, die kenne ich nicht.
LöschenIch würde den „Mulatten“ stehnlassen, den der Kontrast zum Chevalier Francais wird so überdeutlich.