Donnerstag, 24. August 2017

Martenstein, Harald & Peuckert, Tom: Schwarzes Gold aus Warnemünde


2015 feiert die DDR 25 Jahre Erdöl-Sozialismus – beneidet von den verarmten Westlern. Zwei mutigen Reportern gelingt, wovon viele nur träumen: ein Blick hinter die Kulissen. Der Westdeutsche Martenstein und der systemkritische DDR-Bürger Peuckert lernen die Schattenseiten des Imperiums kennen. Als Masseur, Portier, Broilerbrater begeben sie sich in Lebensgefahr. 

(Klappentext Aufbau Verlag)

  • Gebundene Ausgabe: 256 Seiten
  • Verlag: Aufbau Verlag; Auflage: 3 (21. August 2015)
  • Sprache: Deutsch
  • ISBN-10: 3351036078
  • ISBN-13: 978-3351036072









Ich danke dem Aufbau Verlag ganz herzlich für die Zusendung dieses Rezensionsexemplars!








EIN SATIRISCHER GEGENENTWURF...



Im Herbst 1989 wird nahe der DDR-Ostseeküste ein riesiges Ölvorkommen entdeckt. Die DDR überlebt nicht nur - sie ist sogar plötzlich das reichste Land der Welt. Alles ist Gold. Wirklich alles? Nein! Zwei unerschrockene Undercover-Reporter - der Westdeutsche Martenstein und der systemkritische DDR-Bürger Peuckert - entlarven die Schattenseiten des Petro-Sozialismus. Ganz oben und ganz unten.

Hier wird der Lauf der Geschichte einfach umgeschrieben: das Buch erzählt von einer DDR, die 1990 nicht untergegangen ist, sondern als reiche Ölnation weiterexistiert. Westdeutsche Gastarbeiter erledigen die Drecksarbeit, und das Leben vieler Prominenter ist ein bisschen anders verlaufen: Angela Merkel floh nach New York, nachdem sie in Bautzen inhaftiert war - ihr größtes Problem in der DDR war, dass es dort keinen vernünftigen Joghurt gab. Karl-Theodor Guttenberg legte seinen Adelstitel ab, um Wirtschaftsminister in Ost-Berlin werden zu können. Hartmut Mehdorn lehnte den Posten als Vorsitzender der Deutschen Bahn in der BRD ab und wurde statt dessen Vorsitzender des Computerkonzerns Robotron in Dresden. Gregor Gysi kümmert sich als Kulturminister des SED-Staats um die Neuverfilmung von DDR-Klassikern (wie beispielsweise 'Paul und Paula' mit Leonardo DiCaprio und Kate Winslet) und gibt unterhaltsame Interviews, in denen er im Grunde nichts sagt. Und Kati Witt präsentiert sich als männermordender Vamp mit einem Näschen fürs große Geld und moderiert gemeinsam mit Kai Pflaume das Ost-Dschungelcamp auf Kuba.


"Erdöl ist der Betriebsstoff der modernen Zivilisation, der sagenhafte Goldschatz im Untergrund, die Quelle des großen Weltenbrandes. Wegen ihres Ölreichtums ist die DDR heute in gewaltige Entscheidungsschlachten involviert. Entfesselte Naturenergie contra zähmend-maßvolle Menschenkraft, weltenstürzende Besitzgier versus weltenbauende Liebe. Aber das Land will von all dem nichts wissen." (S. 177 f.)


Die erste Enttäuschung beim Lesen kam bereits realtiv zu Beginn des Buches. Denn hier handelt es sich nicht wie von mir erwartet um einen Roman, sondern eher um eine Aneinanderreihung loser miteinander verknüpfter Beiträge in der Art einer Zeitungskolumne. Positiv zu vermerken ist, dass man den beiden Autoren attestieren muss, dass sie über ein hohes Maß an Phantasie verfügen und ihren satirischen Gegenentwurf zur Entwicklung nach dem Mauerfall konsequent durchdacht haben. Selbst die Vita der Autoren wurde auf die veränderten Ereignisse hin abgestimmt. Manche der geschilderten Ereignisse und Begegnungen waren auch ganz unterhaltsam, doch den Großteil der Berichterstattung fand ich eher anstrengend oder auch langweilig zu lesen (s. auch das Zitat). So legte ich das Buch auch nach jedem Kapitel erst einmal wieder weg, wodurch sich die Lektüre ungewohnt in die Länge zog.

Erwartet hatte ich eine intelligente Satire. Bekommen habe ich  weniger eine Vision von etwas, sondern eher eine lose Anhäufung von Gags, die großteils von ihrem (berühmten) Personal leben à la 'Was wurde aus der und dem in der dieser DDR'? Vereinzelt wären die Artikel ganz unterhaltsam gewesen, aber in der Summe war es einfach too much. Sorry.


© Parden









Der Aufbau Verlag schreibt über die Autoren:


Harald Martenstein, geboren 1953 in Mainz, ist Autor der Kolumne »Martenstein« im »ZEITmagazin«, Redakteur beim Berliner »Tagesspiegel« und Dozent an mehreren Journalistenschulen. Auszeichnungen: Egon-Erwin-Kisch-Preis (2004), Corine (2007), Henri-Nannen-Preis (2008), Curt-Goetz-Ring (2010), Theodor-Wolff-Preis (2012). Er lebt in Berlin und in der Uckermark. Zuletzt erschienen sind unter anderem »Romantische Nächte im Zoo. Betrachtungen und Geschichten aus einem komischen Land.« und »Schwarzes Gold aus Warnemünde«.

übernommen vom Aufbau Verlag




Tom Peuckert wurde in Leipzig geboren und wuchs in der DDR auf. Er hat unter diversen Pseudonymen im Westen publiziert. Sein anonymer Blog „Pankow privat“ ist legendär. Er gilt als der „ostdeutsche Wallraff“.

übernommen vom Aufbau Verlag

2 Kommentare:

  1. Was soll man davon halten, wenn der Verlag seine beiden Autoren auf folgende Weise vorstellt:

    "Harald Martenstein, geboren in Mainz, war Frontmann der Band »Ihr habt es so gewollt«. Er arbeitete als Hotelportier in Berlin, Hauptstadt der DDR, und als Broilerbrater auf Hiddensee. Martenstein wurde mehrfach zu Haftstrafen verurteilt."

    oder

    "TOM PEUCKERT wurde in Leipzig geboren und wuchs in der DDR auf. Er hat unter diversen Pseudonymen im Westen publiziert. Sein anonymer Blog „Pankow privat“ ist legendär. Er gilt als der „ostdeutsche Wallraff“."

    Der Leser dieses "alternativgeschichtlichen Romans", so im Wikipedia zu H. Martenstein, wundert sich. Die Verlagsbeschreibung betrifft die Typen aus dem Buch. Zu Martenstein, das trifft auch für diesen Peuckert zu, findet man im Wikipedia viel mehr.

    Schon das ist ziemlich verblüffend. Die Story aber noch mehr. Ein wenig mehr als Anne habe ich mich schon amüsiert.

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    1. In der Tat. Da wurde alles konsequent durchdacht, das kann man dem Buch positiv attestieren. Schön, dass es Dir besser gefallen hat als mir... ;)

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