Donnerstag, 18. Juni 2015

Babendererde, Antje: Julischatten


Wieder einmal ein Besuch in Pine Ridge.

Deprimierend. Nein, nicht das Buch der Antje Babendererde.

Deprimierend ist, dass auf manchen Reservationen, deren Fortbestand von den einen als letzter Rest von Verträgen mit der US-Regierung, von anderen als Anachronismus angesehen wird, Zustände zu finden, wie sie auch schon vor 40 – 50 Jahren durch Liselotte Welskopf-Henrich beschrieben wurden. Antje Babendererde wird mir diesen Hinweis wohl verzeihen. Die im Jahr 1963 geborene Autorinveröffentliche 2012 im Arena - Verlag dieses Jugendbuch. Sie stellte mir JULISCHATTEN freundlicherweise zur Verfügung, nachdem ich LAKOTA MOON in der „Mangel hatte“. Schon dieses Jugendbuch gefiel mir durchaus, nun also dieser Roman.

* * *

SIMONA ist ein 16jähriges thüringisches Mädchen, welches sich im Schatten ihrer großen perfekten Schwester wähnt und sich weitestgehend unverstanden fühlt. Dies führt zu einem punkähnlichem Aussehen und Outfit, zu Drogen und zu Alkohol. „Eingeliefert“ in die Klinik wissen sich die Eltern nur noch einen Rat: TANTE JO. Johanna hat vor Jahren einen Lakota geheiratet und lebt in South Dakota auf der Pine Ridge Reservation. Da wo Alkohol und Drogen bei Gefängnisstrafen verboten sind, was bekanntlich nicht viel nützt. (Die Amis lernen auch heute einfach nichts aus der Zeit der Prohibition)

Quelle Internet

Ab mit SIM in den Wilden Westen. Dort trifft sie auf JIMI und LUKAS, zwei Burschen, dicke Freunde, so eine Art Blutsbrüder, Waisen, sehr unterschiedlich in Charakter und Temperament, Luke ist zudem blind und auf den Jimi angewiesen. Den „schrägen bunten deutschen Vogel“ mit den roten Haaren finden beide nach und nach dann doch anziehend.
Ob die „Verbannung“ in die scheinbar endlose Landschaft der Prärie etwas nutzt?

* * *

Antje Babendererde erzählt eine Geschichte für Jugendliche. Auf eine andere Art warnt sie vor Alkohol und Drogen, gleichzeitig darauf hinweisen, dass Verbote nicht viel nützen. Nützlich für unsere junge Hauptfigur ist das, was sie erlebt. Die Arbeiten, die sie übernimmt, fremd und anstrengend. Nach und nach ebbt die Auflehnung gegen Erwachsene, ja, auch Tante Jo hat gewisse Vorstellung von dem was eine Sechszehnjährige tun sollte, ab.
Hier wird keine Indianergeschichte erzählt, kein Abenteuer von schnellen Pferden, großen Kriegern, auch wenn Pferde natürlich vorkommen. Große Krieger aber nur im Wunschtraum eines siebzehnjährigen Lakota.
Einen kleinen Einblick gibt die Autorin in die religiöse Welt der Lakota, leider einen eben kleinen Einblick.

* * *

Antje Babendererde hat in einem Interview erzählt, dass die traurigen Zustände in Pine Ridge begannen „ihre Kreativität lahmzulegen“. [1] Da muss wohl was dran sein. Obwohl sie von Menschen erzählt, die aktiv „in die Zukunft“ denken und arbeiten, beschleicht einen das Gefühl von Hoffnungslosigkeit. Klar besinnen sich Lakota auf ihre Kultur und ihre Traditionen, Religion, sehr naturverbundene, gehört dazu. Aber wirtschaftlich geht es kaum voran. 

Nichts von indianischen Ranches mit Mustangs und Bisons, von Bemühungen eines Joe Inya-he-yukan King, Hauptfigur aus DAS BLUT DES ADLERS von LiselotteWelskopf-Henrich
Der Optimismus der Figuren der 1979 verstorbenen Althistorikerin vor und nach Wounded Knee ist irgendwie eingeschrumpft. Er ist nicht verloren gegangen…
Im Unterschied zu den Weißen, die in den sechziger und siebziger Jahren auf Pine Ridge leben und meist gegen die indianischen Bewohner handeln, finden wir hier nun an zentraler Stelle verständnisvolle und sich einbringende Menschen aus Europa, dass sie Deutsche sind, das ist die Geschichte für junge Leute aus unserem Land. (Ein Vergleich mit Karl May verbietet sich. Warum ich das schreibe? Weil ich diesen ja eben scheinbar anbot.)
Es wäre schön, könnte die Autorin eine Erfolgsgeschichte ausfindig machen, eine, die an sich Hoffnung hinterlässt, auch bei ihr.

* * *

Ich danke Antje für das Buch, welches ich mit großem Interesse las und das sich als richtig gut geschriebenes Jugendbuch herausstellte, einen Tick besser als LAKOTA MOON.
Der Stil lädt ein zum immer weiter lesen, die Figuren sind liebenswert, geheimnisvoll, widersprüchlich. Die Handlung abwechslungsreich und spannend. Schade, und das schrieb ich bereits bei LAKOTA MOON, das Buch ist nicht bebildert. Vielleicht kann Antje in einem nächsten Roman eine kleine Bilderserie mit kurzen Erlebnisschilderungen dranhängen, auch wenn sie meint, Reportagen und Dokumentationen könnten andere vielleicht besser schreiben?[2]


Auf jeden Fall lohnt es sich wohl, auch die anderen Indianerbücher zu probieren.




[2] vgl. ebenda

DNB / Arena - Verlag / Würzburg 2015 (Sonderausgabe) / ISBN: 978-3-401-50514-5 / 475 S.
► Antje Babendererde in der DNB
Webseite von Antje Babendererde
► zur Seite Indianerliteratur

@ KaratekaDD

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