Vor einigen Jahren dachte ich noch, dass Liselotte
Welskopf-Henrich in der alten Bundesrepublik Deutschland weniger bekannt war,
auch wenn zum Beispiel die dreibändige Ausgabe der Söhne der Großen Bärin extra
wegen des Drucks im Westen Deutschlands in sechs Bände geteilt wurde.
Am 27.06.2009 schrieb ich unter buchgesichter.de:
„Begeistert von dem
Roman der Liselotte Welskopf-Henrich wird der historische und
kulturgeschichtliche Hintergrund der Jugendbücher von Dr. Uli Otto und seinem
Sohn untersucht. Dabei hat mir durchaus auch gefallen, dass der Autor diese
Geschichten von Karl May Romanen abgrenzt, was nicht heißt, dass diese
abgewertet werden.
Eine kurze und knappe Inhaltsangabe zu den nunmehr sechs Büchern und den handelnden Personen gibt es auch.“
Eine kurze und knappe Inhaltsangabe zu den nunmehr sechs Büchern und den handelnden Personen gibt es auch.“
* * *
Der Regensburger Kulturwissenschaftler Dr. Uli Otto, dessen Sohn Till maßgeblich zu diesem Buch beitrug, schreibt im Vorwort
des Buches, dass nach dem Untergang der DDR „zu
befürchten [steht], daß mit ihm auch Liselotte Welskopf-Henrich und ihr Werk in
den Strudel der Vergessenheit gerät, obgleich ihre gut und spannend
geschriebenen, sehr interessanten Werke gerade unter ethnologischen, anthropologischen
und historischen Gesichtspunkten auch heute noch durchaus lesenswert sind,
zumal es sich gerade auch bei ihren Indianerromanen um Bücher von hoher ‚historischer
Authentizität‘ handelt, welche Teilaspekte der Geschichte und Kulturhistorie
der nordamerikanischen Plainsindianer in der Zeit von 1860 bis 1880 sowie ihren
Untergang treffend und packend schildern.“[1]
Er schildert die Begeisterung beim lesen in jungen Jahren, das konnte ich sehr gut nachvollziehen. Dass es ihm gelang, seine Kinder ebenfalls an den Stoff heranzuführen, dafür gebührt ihm förmlich lob, das ist nicht selbstverständlich, ich weiß das...
Auf irgendeine Weise trug Uli Otto mit diesem Buch dazu bei,
dass ich wieder mit dem „Studium" der Werke begann.
„Das Verhältnis der Deutschen zu den Prärieindianern“
beschäftigt den Autoren, natürlich ist Karl May aus der Indianerliteratur nicht
weg zu denken, der dieses Verhältnis durchaus prägte. Interessant dabei ist,
dass Otto hier auf die einwandernden Deutschen und auf bedeutende Personen wie
den Gründer von Germantown,
Pastorius,
und die Generale FriedrichWilhelm von Steuben und CarlSchurz eingeht. Und wenn sogar Lieutenant Colonel George Armstrong Custer
hessische Vorfahren hat, wen wundert das dann.[2]
Sodann wendet er sich Liselotte
Welskopf Henrich zu, zu der ich aber schon viel geschrieben habe. Es geht
Dr. Otto hauptsächlich um das erste belletristische Werk, DIE SÖHNE DER GROSSEN
BÄRIN, auf die ich hier bereits umfassend eingegangen bin. Die Ausführungen bewogen
mich, im Antiquariat nach der einbändigen Erstausgabe
zu suchen.
Die Folgebände, die Pentalogie
DAS BLUT DES ADLERS werden nicht mit untersucht. Der bibliografischen Vollständigkeit wegen
werden Kinderbücher und andere Romane ebenfalls erwähnt, wie auch ihr
wissenschaftliches Hauptwerk, in dem sie sich mit der Hellenischen Poleis
beschäftigte.
Sehr intensiv beschäftig sich Otto mit der Geschichte, den
Figuren und auch der Verfilmung. Die Ausführungen werden auch durch Illustrationen
ergänzt, zum Beispiel Bilder von Bodmer, der unter vielem
anderen auch Indianer gemalt hat. Näher geht Otto auch auf die historischen
Häuptlinge ein, die er, was sonst selten ist, bei ihren indianischen Namen
nennt: Tatanka Yotanka,
Tashunka-witko und Machipiya-luta (Rote Wolke).
Sicherlich kann man viele Bücher lesen, die von der
nordamerikanischen Prärie, ihrer Flora und Fauna und den danach genannten
Plains- oder Prärieindianern handeln, hier aber wird genau die Gegend, die Umwelt
beschrieben, in der die Geschichte spielt. Die Geschichte der Stämme der „Sieben
Ratsfeuer“ (Dakota), ihr Lebensweise, ihre Waffen, werden eingehend
beschrieben, auch der Ursprung des bekannten Tomahawks, dem Kriegsbeil, das
ursprünglich eine elastische Keule war wird näher beleuchtet. Die Behausung,
das Tipi wird betrachtet, die Religion und manches mehr. Mit den letzten
Kämpfen (Little Bighorn) und dem Massaker am Wounded Knee in der Pine Ridge Agency
endet das informative Buch.
Der Kulturwissenschaftler hat hier ein sehr verständliches Werk aufgelegt, dass sich flüssig lesen ist, umfassend informiert und nicht nur für die Fans von Liselotte Welskopf-Henrich sehr interessant sein dürfte.
* * *
Kurz nach der Lektüre hatte ich damals kurzen Mail-Kontakt
mit Dr. Otto, in dem es zum Beispiel um die Herkunft eines Negerjungen namens
Tschapa Kraushaar ging, der vermeintliche Widerspruch konnte dadurch ausgeräumt
werden, dass die Erstausgabe und die Folgebände diese unterschiedlich erzählen.
So macht Recherche doch Spaß.
Zum Glück behielt Uli Otto aber nicht Recht, mit der
Befürchtung, dass die belletristischen Werke Welskopf-Henrichs untergehen
könnten: Der Eulenspiegel Kinderbuchverlag druckte mehrfach die schs Bände der „Bärensöhne“
und der Palisander Verlag Chemnitz nahm sich dem „Adlerblut“ an und verkündete auf
der diesjährigen Leipziger Buchmesse die Veröffentlichung des gesamten
belletristischen Werkes im eBook-Format.
* * *
Quelle |
Uli Otto, der als
freiberuflicher Dozent im Bereich Volkskunde und Kulturwissenschaften an
verschiedenen bayerischen Universitäten lehrt, hat sich der Liedforschung und
Erzählforschung verschrieben. Musiker ist er daher auch.
Auf der Webseite gibt es eine Rubrik „Auf den Spuren von…“
Neben den „Bärensöhnen“
hat er sich unter diesem Titel auch mit einem der meistgelesenen
Jugendbuchautoren der 50ziger und 60ziger Jahre, Herbert Kranz
beschäftigt, der die 10bändige Reihe „Ubique Terrarum“
geschrieben hat.
Sehr schon auch die zweibändige Ausgabe „Auf den
Spuren des fliegenden Klassenzimmers“ (Erich Kästner).
Ich merke gerade: Es wird Zeit, sich dem Werk des Regensburger
Kulturwissenschaftlers näher zu widmen.
► DNB / Kern Verlag / Regensburg 2001 / ISBN: 3-934983-03-0
© Karateka
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