Vier Frauen, zwei Hörbücher und ich.
Zuerst einmal Hörbücher und ich. Dieses Verhältnis will sich
nicht so richtig klären. Hier und jetzt soll es gleich mal um zwei Hörbücher
gehen. Von einer Autorin, die VENEDIG zu ihrer Heimat gemacht hat.
Darum fang ich mal mit dem einem Hörbuch an, welches da MEIN
VENEDIG heißt. Übrigens angenehm kurz. So kurz, dass eine mittellange Autofahrt
ausreichte, um das ganze Werk zu hören, denn es dauert nur eine Stunde und
siebzehn Minuten. Das ist so kurz, dass ich schon dachte, beim herunterladen
der Datei wäre ein Fehler passiert. Dem war aber nicht so.
* * *
Hannelore Hoger liest also MEIN VENEDIG und es ist, also ob
da die Autorin selber liest. Okay, man müsste Donna Leon kennen, aber
vielleicht kommt es ja daher, dass beide Damen im selben Jahr, nämlich 1942
geboren sind.
Warum aber zieht man nach Venedig? Gleich zu Beginn geht es
natürlich um ein Verkehrsmittel in Venedig. Genauer gesagt geht es um eines,
welches gar nicht vorhanden ist. Ein Auto. Dieses Fehlen mache Venedig zu
„einer Provinzstadt mit siebzigtausend Seelen“, in der man sich noch begegnet
und sich mehr unterhält. Man „laufe seinen Informationen förmlich entgegen“.
Die „tägliche Grenze des physischen Seins“ erlebt der Einwohner auch, weil er
seine Einkäufe ja nach Hause tragen muss. Außerdem muss er daher öfter
einkaufen gehen, was ihn wieder anderen Menschen zu treibt. Aber: Das älter
werden würde einem auch dadurch bewusst, wenn die Vaporetti überfüllt sind.
Anders als halt im Internet, in dem man sich mit wildfremden Menschen
„unterhält“, die man nie im Leben zu Gesicht bekommt oder anfasst.
[Jetzt muss ich gerade überlegen: Für wen schreibt der
Blogger KaratekaDD eigentlich diesen Text?
Es gibt zwei Arten von Internetfreunden: Da sind zum einen
die, welche man außerhalb des WWW kennen gelernt hat und die einem, so sie
„halbwegs“ sympathisch sind, ihre Verbindungsdaten überließen. Zum anderen sind
da die, welche man durch das Internet kennen lernte. So nach und nach lernt
KaratekaDD dann doch diese oder jenen kennen, zumindest. Übrigens gibt es da
bei einigen Menschen durchaus noch Nachholbedarf.]
Quelle: wiki |
Der Leser, die Leserin
erfährt weiter dass Turm und Uhr von San Marco am 01.02.1499 eingeweiht wurden. Auch heute
wohnt der Custode des Turms im Sommer im Turm. Gleich wird man neugierig und
möchte baldmöglichst diese Stadt besuchen.
Donna Leon erzählt kurzweilig von Venedig und seinen
Einwohnern. Dabei regt sie sich schon mal über die Art und Weise der
Müllentsorgung auf, denn die Kanäle werden dann schon mal zur Tonne.
„Venezianische Müllabfuhr.
'Spocatione' rief ich aus dem
Fenster und das Wort war schon heraus, bis ich darüber nachdenken konnte. Der
Mann, der da drei Stockwerke unter mir stand, erstarrte mit seiner Abfalltüte
in der Hand, die er gerade an die Mauer des Hauses am anderen Kanalufer hatte
stellen wollen, unter das Schild, das die Ablagerung von Müll verbot.
Die normale Reaktion eines
Menschen, den man anschreit, er sei ein Schweineigel, wäre es doch auf
zuschauen und sich zur Wehr zu setzen, aber das fällt wohl nicht so leicht,
wenn man gerade eine Tüte Abfall in der Hand hat. Der Mann blickte statt dessen
nach unten um seinen Blick zu verbergen, warf die Tüte ruhig in den Kanal,
drehte sich um und ging. Ich weiß nicht, wer er wahr, obwohl es sich zweifellos
um einen meiner venezianischen Nachbarn handelte. Ich würde ihn nicht wieder
erkennen und das ist wahrscheinlich gut so, denn der Zorn würde mich zwingen,
meine Bemerkung zu wiederholen. Selbst Angesichts meines jetzt schon dreißig
Jahre währenden Liebesverhältnisses zu den Italienern, fällt es mir schwer, bei
ihnen etwas auszumachen, was man nur annähernd als Bürgersinn bezeichnen
könnte....“[1] - Sodann kommt Donna Leon zwangsläufig zur
müllmäßigen Beschreibung Venedigs. Tja...
Oder der Erwerb einer Wohnung. Für ein solches Marthyrium
wären wir hier wohl weniger bereit, da muss man schon eine besondere Beziehung
zu Venedig haben. Über den TATORT CASINO schreibt sie auch, wobei wir erfahren, als sie in das Casino in Venedig kam, war sie gerade erst aus dem Iran geflohen, wo sie
bis 1979 arbeitete.
Nun weiß man, dass ihre Beobachtungsgabe nicht von ungefähr
kommt, zum Tragen kommt sie ja auch in den Büchern mit ihrer bekanntesten
Romanfigur, dem Guido Brunetti. In der Autoren-beschreibung einer großen
Bücherkette war zu lesen, dass Donna Leon ihre Bücher nicht in Italien
vertreibt, da sie ob ihrer Kritiken keine Unruhe stiften wolle. Nun ja, nach
dem Genuss dieses Hörbuches bekommen wir eine Ahnung warum.[2]
Das war mal ein einfaches Hörbuch, womit ich mit einfach
natürlich meine, dass ich tatsächlich jeden Satz gehört habe, den Hannelore
Hoger gesprochen hat.
* * *
Das kann ich von dem anderen Buch, welches ich herunter lud,
nun leider nicht behaupten. HIMMLISCHE JUWELEN heißt es, und der Grund für das
herunterladen ist einerseits der historisch-kriminale Inhalt der Geschichte
sehr musischer Art und, das vor allem, Annett Renneberg. Kenner sehen ja
sofort den Zusammenhang zu Donna Leon, denn die Schauspielerin, welche auch
hervorragend singen kann, spielt die Signorina Elettra in, na was wohl, in der
Questura, in welcher oben genannter Dottore Guido Brunetti gegen das Verbrechen
wirkt.
* * *
Quelle: Diogenes / Leon |
Um was geht es? Der Musikwissenschaftlerin Caterina
Pellegrini wird in ihrer Heimatstadt Venedig ein Job angeboten. Es geht um
nichts Geringeres als eine Erbschaft, von der sich zwei windige Gestalten, zwei
Cousins, den großen Reibach erwarten. Caterina soll sich auf die Spuren des
barocken Komponisten Augostino Steffani (1654 – 1728) begeben, welcher eine
durch deutsche Fürsten protegierten Karriere aufweist. Außerdem war er
Titularbischoff und apostolischer Vikar, der für die Rekatholisierung
einiger deutscher Fürstentümer nach der Reformation arbeitete, bis er einem
Schlaganfall erlag. Ob er nun auch Kastrat war, also ein Sänger, welcher in der
Kindheit zwecks Erhaltung des Knabensoprans seiner Zeugungsfähigkeit beraubt
wurde, ist dann eher fraglich. In Wikipedia findet man unter Augostino Steffani nichts
darüber und dieser Artikel
in DER ZEIT geht auch sehr kritisch mit der Geschichte um, die Donna Leon uns
hier vorlegte.
Nichts desto Trotz, Caterina untersucht zwei Truhen mit Dokumenten,
beobachtet von einer Mitarbeiterin und Rechtsanwalt Moretti, dessen Rolle doch ziemlich
undurchsichtig erscheint.
Der Fall des Augostino Steffani wird außerdem im Krimi mit
einem Mordfall verknüpft: Der sogenannten Königsmarck – Affaire. Was wird Caterina Pellegrini am Ende finden?
* * *
Quelle: Diogenes / Leon |
Donna Leon, so kann man nachlesen, liebt die Barockmusik und
so hat sie sich vielleicht selber in ihrer Romanfigur gesehen, dies behauptet
zumindest Volker Hagedorn im bereits genannten Zeit-Artikel. Dies kommt auch
dadurch zum Ausdruck, dass sie gemeinsam mit der italienischen Mezzosopranistin
Cecilia Baroli ein gemeinsames Projekt startete. Die Bartoli singt Steffani –
Werke im Hörbuch, dies ist schon mal eine schöne Idee, um einen der Allgemeinheit
weniger bekannten Komponisten in Erinnerung zu rufen. Im Diogenes Verlag ist
das Buch HIMMLISCHE JUWELEN mit der CD MISSION erschienen.
„Die CD zum Buch, das Buch
zur CD – in einer wunderschönen Deluxe-Ausgabe. Zwei Weltstars auf
musikalischer und literarischer Spurensuche. Die neue CD Mission
von Cecilia Bartoli und der spannende Kriminalroman Himmlische Juwelen von Donna Leon, der in humorvoller Mischung von Fakten
und Fiktion, Historie und Gegenwart den Rätseln im Leben des Komponisten
nachspürt. Mit vielen Fotos und Hintergrundinformationen.“[3]
Das hört sich nach etwas Besonderem an. Da haben sich zwei
Primadonnen gefunden, wie die Zeit in diesem Beitrag
schreibt:
„Die Primadonnen verbindet
eine Schwäche: die Leidenschaft für die Barockoper. Als die Mezzosopranistin
sich Händels Musik zuwendet, muss es geschehen sein. Händel ist der Hausgott
Donna Leons, die Termine ihrer Lesereise drapiert sie rund um Premieren von
Werken ihres Idols. Wege kreuzen sich, Sympathien wachsen. "Wenn Cecilia
Bartoli einen überwältigenden Eindruck vermittelt, dann den Eindruck von
Intelligenz, musikalischer Intelligenz, verfeinert, konzentriert und fokussiert
auf eine Kunst, für die sie höchsten Respekt empfindet und zu deren größten
Zierden sie selbst gehört", notiert Leon nach ersten Gesprächen über die
geteilte Passion.“[4]
Übrigens erklärt Cecilia Bartoli auf der Webseite als Vorgeschichte, dass sie Donna Leon, mit der
sie schon lange befreundet ist, auf das Thema gebracht hat. Zwei Primadonnen
eben und eine heißt auch noch so.
* * *
Nicht etwas, dass ich nun einen historisch vollkommen
stimmigen Musikkrimi gehört hätte. Aber den wollte Donna Leon wohl auch nicht
schreiben. Und so verband sie Reales mit Fiktivem und stellte dabei ihrer
Leserschaft eben einen Komponisten des Barock vor, der weit vor dem allen
Leuten bekannten Mozart zum Beispiel, große Musik schrieb und außerdem auch in
der nichtmusischen Welt des 15. und 16. Jahrhunderts eine Rolle spielte.
Warum aber kam ich nicht so richtig ran? Ich kann es selber
nicht wirklich erklären. Irgendwie schweiften meine Gedanken immer ab, ständig
musste ich überlegen: was war als Letztes dran? Wie war das jetzt mit der
Gräfin von Königsmarck und wie kommen die plötzlich auf Preußens Königin? Mit den Recherchen der Caterina in Venedig, ihrer Heimatstadt, in der auch die
Autorin des Buches seit Jahren lebt, kam ich schon viel eher zurecht, auch
geschieht Spannendes. Typische Nebenhandlung die Beziehung zwischen Caterina
und ihrer Schwester Tina, welche als Nonne und Professorin für Geschichte an
den Recherchen mitwirkt, deren Ergebnisse auch mal wegen der Überwachung
verschlüsselt werden müssen. Also alles in allem eine sehr interessante
Geschichte – nur hat sie als Hörbuch mich (wieder einmal) nicht erreicht.
Allerdings mag ich der Annett Renneberg dafür nicht die Schuld in die Schuhe
schieben – ihre Stimme passte hervorragend zu der jungen
Musikwissenschaftlerin.
Aber das soll ja nun nicht das Buch schlecht machen, denn
das, und zwar diese Prachtausgabe, werde ich meinem Bücherschrank einverleiben. Die CD werde ich demnächst in den Player schieben und mich mit dem Buch auf die Couch legen. Dazu (ausnahmsweise) eine Flasche italienischen Roten. Danach schreib ich dann noch eine neue Rezension.
* * *
Vier Frauen, zwei Hörbücher und eine CD. Die Verbindungen
hier faszinieren. Da wären einmal Hannelore Hoger und Donna Leon, gleichaltrig und schon lange verbunden, denn die Hoger liest auch auch
die Brunetti - Bücher in der Hörversion, womit Anett Renneberg in die Szene
tritt, denn die Schauspielerin, welche auch hervorragend singt, spielt dort die
Signorina Elettra. Als Sängerin passt sie natürlich als Sprecherin schon mal
für das musikalische Thema von Himmliche Juwelen, den investigativen Part
beherrscht die Filmkriminalistin (Stolberg) natürlich auch. Hinzu tritt hier
nun Cecilia Bartoli, welche als Kennerin und Interpretin der Musik von Händel
im 16. Jahrhundert zu Hause ist und somit den Augusto Steffani unmittelbar an den
Leser bringt. (Er wäre sonst für viele auch nur eine Romanfigur.) [5]
► MEIN VENEDIG / Zürich 2005 / ISBN: 978-3-257-80002-9 / DNB
► HIMMLISCHE JUWELEN / Zürich 2012 / ISBN: 978-3-257-80327-3 / DNB
► HIMMLISCHE JUWELEN & CD MISSION / Universal Vertrieb 2012 / ISBN: 978-3-829124799
© KaratekaDD [6]
[1] Habe ich mir gerade von Hannelore Hoger diktieren lassen.
[2] Www.thalia.de - Autorenportrait
[3] http://www.donna-leon.com/donnaleon/missionjuwelen.php
[4] http://www.zeit.de/kultur/musik/2012-09/cecilia-bartoli-donna-leon-agostino-steffani-barock
[5] Ich muss mich mal an die Brunetti-Bücher dran setzten. Bei denen, die auch verfilmt wurden, kann ich dann von Annett Renneberg schwärmen
[6] In Venedig war ich noch nicht. Aber Marco Polo kenne ich natürlich. Und diverse andere historische Romane. Wie diesen hier z.B.
Der Zukunftsplan klingt gut... :) Buch, Musik, Couch und Rotwein - das könnte mir auch gefallen... ;)
AntwortenLöschenJetzt ist das Buch da. Bei Weltbild bekam ich nach Wochen die Mitteilung, es wäre absolut vergriffen. Bei amazon hab ich des dann nicht gerade billig erworben. Wenn man aber bedenkt, dass das Buch im Schuber steckt, selbst hochwertig verarbeitet ist und die CD dazu gehört, dann ist es in Ordnung.
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