»Hier bringt eine Frau die versteinerte Männerwelt um Jesus zum Tanzen: Judas ("Jehuda") will Politik machen, Johannes ("Jochanan") grübelt ewig, Jesus ("Jeschua") heilt, und Mirjam aus Magdala, die schöne Makkabäer-Tochter, sucht sich selber und den Sinn des Lebens. Sie ist Rebellin und Getreue, Begleiterin und oft Zweifelnde, eine starke, liebende Frau. Sie harrte aus unter dem Kreuz und sah als erste Jesus nach seinem Tod. Eine Frau also von zweifelhaftem Ruf war zuerst vertraut mit dem größten Mysterium des christlichen Glaubens. "Weibergeschwätz" war die erste Reaktion der Männer, als Mirjam von dem "Auferstandenen" erzählte... Luise Rinser erweckt den Mann aus Nazareth zu neuem Leben. Mirjam erinnert abendländische Christen an ihre Jesus-Vergeßlichkeit.« Franz Alt in Die Zeit
(siehe Vorstellung in Fischer-Verlage)
Parden 27.06.2009
Mirjam - der richtige Name Maria Magdalenas, in ihrer Muttersprache Aramäisch.
Luise Rinser nennt alle Orte und Personen bei ihrem "wahren" Namen, vielleicht um von vornherein jegliches Klischee zu vermeiden. Schließlich will sie eine alte Geschichte neu erzählen, aus einer anderen Perspektive, aus der Sicht eben jener Mirjam aus Magdala. Einer Frau, die als Hure abgestempelt wurde, um zu verdrängen, was sie vor allem war: Eine Jüngerin Jesu. Leidenschaftlich und stolz, den Männern unheimlich und ein ewiges Rätsel - man ist sehr geneigt, Luise Rinser zu glauben, dass die Rolle dieser Frau heruntergespielt wurde, weil sie nicht ins Bild passte. Es ist beeindruckend, wie sie es schafft, eine andere Sicht auf die Dinge zu werfen, wie sie die ganz menschlichen Charaktere der Apostel nachzuzeichnen versteht: Johannes, der griechisch beeinflusste Philosoph, Simon Petrus und sein Kinderglaube, Judas kein Verräter, sondern ein Verzweifelter, der zum Terroristen wird. Man kennt den Ausgang der Geschichte, und doch bleibt es spannend bis zur letzten Seite. Man fühlt sich heimisch darin, alles ist nachvollziehbar, das Motiv vertraut: Junge Menschen, die die Welt verändern wollen. Vielleicht ist dieses Buch näher an der Wahrheit als alles, was sonst je darüber geschrieben wurde.
Rinser berichtigt sogar Luther: Eher geht ein Schiffstau durch ein Nadelöhr, als ein Besitzender in das Reich des Geistes, so hiess es im Orginal. Die Geschichte mit dem Kamel war ein dummer Übersetzungsfehler, der bis heute in jeder deutschen Bibel zu finden ist.
Was diese Frau sucht, sind keine vorgefertigten Wahrheiten. Das Denken laesst sie sich nicht nehmen. Und sie sucht weiter.
Auf dem Kreuzweg heute / Jerusalem |
KaratekaDD 04.08.2009
Der Inhaltsangabe brauche ich schon mal nichts hinzuzufügen. Prägnant, eindeutig, klar, was den Leser erwartet.
Gut fand ich, dass die handelnden Personen als Menschen in ihrer Zeit dargestellt sind. Sie sind eben nicht die Apostel der Religion. Der Blick der Mirjam lässt sie als Menschen lebendig werden.
Allerdings fand ich es etwas seltsam, das Jeschuah und seine Mutter aus dieser Beschreibung herausgenommen wurden. Die Autorin erreicht damit sicherlich, dass der Bezug zur Religion bestehen bleibt. Ich hätte mir gewünscht, dass vielleicht die Mirakel des Jeschuha offen bleiben können, er selbst und Maria aber ebenso wie die engeren Jünger, Jesus sicherlich herausragend, als Menschen dargestellt werden.
Etwas verblüfft war ich, dass Mirjam, die Erzählerin, kurz Konstantin den Großen erwähnt. So lange, hat sie nun doch nicht gelebt...
Am interessantesten wurde Jehuda (Judas Ischarioth) dargestellt, mit seinen Zweifeln, seinen Zielen, seiner Konsequenz im Handeln...
Obwohl selbst nicht religiös, bin ich froh, das Buch gelesen zu haben.
Auf dem Kreuzweg in Jerusalem |
► DNB / Fischer-Verlag / 1987 / ISBN: 978-3-596-25180-3 / 336 Seiten
© KaratekaDD
Oh Mann, ist das lange her! ☺ Das fordert ja geradezu dazu auf, das Buch (und die anderen der Autorin) bald noch einmal zu lesen. Ich brauche einfach mehr Zeit! *seufzt*
AntwortenLöschenIn Abwandlung des Zitats von Dilbert: "So viele Bücher - So wenig Zeit."
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