
Es sind eine ganze Menge, die in Roter Vogel erzählt, enthalten sind. Natürlich sticht eines davon hervor. Es ist das Märchen vom Steinknaben, welches hier schon einmal besprochen wurde. Doch darauf komme ich noch einmal zurück.
"Die hier aufgeschriebene Legenden entspringen dem einst unberührten Boden unseres Landes. Gemeinsam mit vielen anderen gehören sie zu jenen Geschichten, denen die kleinen, schwarzhaarigen Ureinwohner so gerne lauschen, wenn sie beim abendlichen Lagerfeuer beisammensaßen."
So schrieb Zitkala-Ša über die gesammelten Märchen und Legenden selbst in einem Vorwort. [1] Geister und Naturkräfte tummelten sich um die Feuerstellen der Tipis. Diese wurden personifiziert. Oftmals sind es den Tieren nachempfundene Gestalten, was an die bekannten Fabeln erinnert.
"Die Fabel (lateinisch fabula, „Geschichte, Erzählung, Sage“) bezeichnet eine in Vers oder Prosa verfasste kürzere Erzählung mit belehrender Absicht, in der vor allem Tiere, aber auch Pflanzen und andere Dinge oder fabelhafte Mischwesen menschliche Eigenschaften besitzen (Personifikation) und auch menschlich handeln (Bildebene). Die Dramatik der Fabelhandlung zielt auf eine Schlusspointe hin, an die sich meist eine allgemeingültige Moral (Sachebene) anschließt." [2]
Die Geschichten erinnern im weitesten Sinne auch an solche Werke wie Reineke Fuchs von J.W.v. Goethe, wobei ich annehme, das trotz weitgehender höherer Schulbildung der Lakota-Autorin dieser Dichter eher unbekannt war.
Andererseits haben die Märchenfiguren zwar Tiernamen und fabelmäßige Charakter und Eigenschaften, sie handeln aber wie menschliche Jäger. In der Geschichte Der Dachs und der Bär heißt es:
"Am Rande des Waldes lebte einmal eine große Dachsfamilie. Ihre Behausung hatte sie unter der Erde gebaut und die Wände mit Steinen und Stroh ausgekleidet. Der alte Vater Dachs war ein großartiger Jäger. Er kannte sich bestens darin aus, Hirschen und Büffeln nachzuspüren, und täglich trug er auf seinem Rücken erlegtes Wild nach Hause." [4]
Was der Blogger allerdings zum ersten Mal las, war das Wort Prügel. In der Geschichte Die Hexen-Frau bekommt ein Mädchen, welches weggelaufen war, weil es "unstandesgemäß" heiraten wollte, "eine Tracht Prügel." [6] In der Regel wurde in der Literatur betont, dass Indianerkinder keine Schläge erhielten. Eine Erklärung wird dafür leider nicht mit geliefert, obwohl die Geschichten und Erzählungen sonst durchaus kommentiert werden. [6]
* * *
"Die alten amerikanischen Legenden gehören den Kindern der blauäugigen Patrioten ebenso wie denen der schwarzhaarigen Ureinwohner. Und ich hoffe, dass sie sich als Erwachsene weiterhin für die indianische Kultur interessieren werden, da das Studium derselben sehr deutlich unsere Verwandtschaft mit der übrigen Menschheit zeigt." [7]
► DNB / Palisander Verlag / Chemnitz 2015 / ISBN 978-3-938305-70-6 / 400 S.
© KaratekaDD
Quellen:
Abb 1: Cover
Abb 2: Iktomi, Angela de Cora in: Zitkala-Ša, Roter Vogel erzählt, Seite 155
[1] siehe Vorwort von Zitkala-Ša aus "Old Indian Legends", 1901. In: Roter Vogel... Seite 147
[2] Seite „Fabel“. In: Wikipedia, Die freie Enzyklopädie. Bearbeitungsstand: 1. März 2016, 11:44 UTC. URL: https://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Fabel&oldid=152063716 (Abgerufen: 6. März 2016, 10:10 UTC)
[3] vgl. Ebenda, Seite 157 ff
[4] vgl. Ebenda, Seite 179
[5] vgl. Ebenda, Seite 287
[6] vgl. Ebenda, Seite 307
[7] siehe Zitkala-Ša: Roter Vogel... Seite 147f (FN 1)
Ein schönes Extra zu Deiner Buchbesprechung... :)
AntwortenLöschenIch fand halt, dass dieser Teil gesondert bearbeitet werden musste.
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