Sonntag, 21. Dezember 2014

Nesbø, Jo: Der Sohn (2)

Keine Rezension, eher eine Ergänzung

Es soll nicht Usus werden, dass ich der Anne förmlich hinterher schreibe, aber sie hat ja den neuesten Nesbø-Roman bereits, oder erst, im November rezensiert und daher möchte ich einfach nur ein paar Dinge hinzu fügen.

Anne schrieb zum Beispiel vom "etwas überzogenen Charakter" des Sohnes Sonny Lofthus. Das möchte ich mal unterstreichen, denn es ist schon irre, zu was für geistigen Hochleistungen der heroinabhängige Junkie nach einem kalten Entzug und seinem Gefängnisausbruch fähig ist. Er begibt sich auf einen Rachefeldzug, dessen tatsächlicher Ursprung sich dem Leser erst am Ende plötzlich darstellt. Mir zumindest war es letztlich nicht möglich, das Ausmaß der Geschichte schon eher zu erkennen.

In jeder Polizei gibt es wohl Antikorruptionsprogramme, nimmt man Nesbø aber "wörtlich", dann erscheinen diese weitgehend sinnlos. Denn den großen Verbrechen haben diese nichts entgegen zu setzen. (Unsere Korruptionsbeauftragten kümmern sich höchstens um die kleinen Fälle. Um die großen Falle dann die Untersuchungsausschüsse des Bundestages; Politiker also)
Eine zweite Vorliebe sind gestrauchelte Polizisten. Hier sind es gleich mehrere: Simon Kefas und Ab Lofthus, der Vater von Sonny. Die Tradition der bisher zehn bändigen Geschichte um Harry Hole, dem alkoholabhängigen Ermittler Oslos setzt Nesbø damit eindrucksvoll fort.

Schaut man sich den Simon Kefas an, dann tritt Harry fast in dessen Schatten. Nicht umsonst weist der Name des Polizisten auf den Simon Petrus hin, der von Jesus den Beinahmen Kefa - das heißt auf aramäisch "Stein" - bekommt. Denn der engste Jünger Jesu, der erste der Apostel, wird diesen, um sein eigenes Leben zu retten, dreimal verleugnen. Daher hatte ich relativ zeitig das Gefühl, dass der ehemals spielsüchtige Simon noch eine andere Rolle in dieser Geschichte spielen wird. Petrus stirbt später als Märtyrer.

Am Ende sind die beiden Frauen, Martha und Kari, die wohl einzig wirklich positiven Figuren des Romans. Martha gehört später zu Sonny und Kari ist Simons Partnerin in der Polizei.

Diesmal fand ich es nicht gerade leicht, der Handlung zu folgen. Ich habe auch ziemlich lange daran gelesen. Spannend war die Geschichte auf jeden Fall und die Verknüpfung der einzelnen Fäden ergab ein Gespinst, das zwar letztlich so eindeutig wie ein Spinnennetz aber auch so kompliziert wie eine Klöppelarbeit wirkt.
Es ist eher eine düstere Geschichte, keine hoffnungsvolle, die der Erfolgsautor hier webt. Die menschliche Gesellschaft der westlichen Welt steht am Abgrund, denn Korruption, Menschenhandel, Drogengeschäfte, Geldwäscherei bestimmen ihren Weg. Noch sieht es für den Einzelnen nicht so aus...

Auf das nächste Werk des Jo Nesbø bin ich gespannt.

DNB / Ullstein Verlag / Berlin 2014 / ISBN: 978-3-550-08-044-9 / 522S.
► Jo Nesbø in der DNB
© KaratekaDD 


1 Kommentar:

  1. Jo Nesbø neigt zu düsteren Szenarien, und man ahnt als Leser manchmal mit leisem Schaudern, dass nicht alles davon reine Erfindung ist...

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