Eine Erzählung über einen Baumeister
Bis 1994 kannte ich natürlich nur einen Schuttberg. Dann wurde daraus eine Baustelle. In langestreckten Regalen wurden die Sandsteine sortiert. Noch waren die Dresdner gespalten: Soll man sie wieder aufbauen oder nicht? Auch mir ging es so, kannte ich doch kein anderes Bild. Meine Großmutter, die damals noch lebte, war natürlich für den Aufbau. Sie kannte das alte Dresden ja noch.
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© KaratekaDD |
Die Geschichte des Ratszimmermeisters George BÄHR, dem Erbauer dieser protestantischen Kirche in einer protestantischen Stadt, in einem protestantischem Land, dessen Kurfürst sich dem Katholizismus zugewandt hatte, nur um König von Polen zu werden. Aber der ► Starke August ist ja nicht unser Thema, das Thema ist ein Junge aus dem Dorf Fürstenwalde im Osterzgebirge, der als Zimmerer nach Dresden kommt und dort das Wahrzeichen bauen wird, welches die Dresdner ihre ► Steinerne Glocke nennen.
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Die biografische Erzählung beginnt mit einer Rahmenhandlung. Ein
junger angehender Architekt kommt Anfang der 50ziger Jahre in das Planarchiv
und die Bücherei des Instituts für Denkmalpflege, er benötigt noch dies und das
für seine Diplomarbeit. An der Ruine mit den zwei Stümpfen kommt er
vorbei… Eine junge Bibliothekarin weist ihm den Weg und versorgt ihn mit
Büchern. Namen fallen, Goethe, Bernardo Bellotto, genannt ►CANALETTO und
natürlich ► George Bähr. Hübsch ist sie, die junge Frau, welche den Untergang
Dresdens miterlebte…
Erzählt wird dann die Lebensgeschichte des Sohnes eines
Webers, welcher später in einem Atemzug mit ►PÖPPELMANN und anderen genannt werden wird, der Baumeister gab es viele in Elbflorenz. Im
Jahre 1680 geht George fort, statt Weber wird er Zimmerer. Später will er dann
nach Italien, sich den Petersdom besehen, doch daraus wird nichts: Schon auf
dem Kamm des Erzgebirges dreht er um, es geht nach DRESDEN.
Quelle |
Die ► kleine
Kirche in Loschwitz wird sein erstes Bauwerk sein…
Im Jahr 1722 betritt Bähr mit dem Ratssyndikus Behrisch den
Friedhof an der alten Frauenkirche. Die evangelische Gemeinde braucht unbedingt
ein neues Domizil. Sein ganzes weiteres Leben wird George Bähr nun dieser „Baustelle“
verhaftet sein. Er muss sich gegen die Hofbürokratie, den Rat, Neider, Gegner
und ehemalige Freunde durchsetzen. Eines Tages bekommt er Unterstützung vom Starken
August. Doch dessen Wünsche werden dann doch nicht so genau umgesetzt. Der Tod
ereilt ihn im Jahre 1738 – Da steht die Kirche fast fertig, es fehlt noch die
Laterne und das Kreuz. Geweiht wird sie ein Jahr später, 1743 wird das Kreuz
aufgesetzt, die Kirche wurde nun doch nach den Plänen des Zimmermanns
umgesetzt.
Der Autor lässt am Ende die junge Bibliothekarin sagen:
„ ‚Und wenn Sie dann nach Jahren einmal wieder
hier am Fenster stehen, werden Sie sich nur mit Mühe der trostlosen
Ruinenstätte erinnern können…‘
Er nickt leise und
blickt sie voll an: ‚Möge uns der Friede erhalten bleiben, das zu vollbringen!‘
“
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© KaratekaDD |
Im Jahr 1955 hatte Otto Walcha diese Weitsicht. Klar, der
Wiederaufbau wurde auch damals diskutiert. Aber woher sollte das Geld kommen im
zerstörten Deutschland und in diesem Teil noch viel mehr. Genau fünfzig Jahre
später ist es aber soweit. Die Welt hat sich geändert seit dem und nun steht
der neue Bau, die ► Frauenkirche,
hoch aufgerichtet auf dem Neumarkt. Die schwarzen Steine sind die alten, die
Ruinenpfeiler sind erkennbar. Weithin ist die Kuppel erkennbar. Im Siebenjährigen
Krieg vermochten die Mörserkugeln des Preußenkönigs nicht, sie zum Einsturz zu
bringen.
Quelle |
Am 13. Februar 1945 waren es auch nicht die Bomben, die auf Dresden
fielen,
die Hitze, des großen Feuers in der Kirche, lies sie letztlich einstürzen. © KaratekaDD (2002) |
Der Bau der „alten“ Kirche war ein Kampf – der Bau der „neuen“
Kirche auch, aber wie damals waren die Dresdner stolz, auf ihre Steinerne
Glocke. Auf dem Bild links sehen wir den Bau noch unter dem Gerüst. (Ein Flug in einem Hubschrauber ermöglichte mir dieses Bild)
© Günter Roland |
Jede Uhr bedeutete auch einen Spendenbeitrag und im Uhrenbuch sind die Spender vermerkt. In Silber ist die Ruinensilhouette und unten ist ein Sandsteinblättchen eingelegt, im Hintergrund sieht man die Umrisse der Orgel, welche ursprünglich eine ► Silbermannorgel war.
© KaratekaDD (11.09.2010) |
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Man merkt dem Text an, dass er in der Mitte des vergangenen Jahrhunderts geschrieben wurde. Mir gefällt das. Scheinbar etwas altertümlich, aber in Wirklichkeit ein sehr schöner Umgang mit unserer deutschen Sprache. Das Buch beinhaltet am Ende Worterklärungen, eine chronologische Übersicht über das Geschehen, Im Buch selbst finden wir eine Bildbeigaben nach Radierungen des bereits erwähnten Canaletto.
Bernardo Bellotto, genannt Canaletto - Quelle |
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Otto WALCHA wurde 1901 in Riesa geboren, er studierte an der
TH Dresden und der Akademie für angewandte Kunst. Nach dem Krieg arbeitete er
seit 1946 freischaffend Maler, Schriftsteller und Kunsthistoriker. Er verfasste
auch eine umfangreiche Geschichte der Porzellan-Manufaktur Meißen.
Die Stadt Dresden vergab für diese biografische Erzählung
ihren Literaturpreis an Otto Walcha.
► DNB / Evang. Verlagsanstalt / Leipzig / 2004 / ISBN 978-3-374-02109-3 / 192 Seiten
► Otto Walcha in der DNB
© KaratekaDD
Ich hätte noch viel mehr schreiben können. Aber manchmal ist kürzer vielleicht angebrachter.
AntwortenLöschenEin sehr schöner Überblick - mit Brückenschlag in die heutige Zeit. Gefällt mir!
AntwortenLöschenWomit du jetzt auch die Steinerne Glocke kennst, Anne.
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