Sonntag, 18. Februar 2018

Coelho, Paulo: Der Weg des Bogens

Ein Buch im Design des Diogenes-Verlages. Ein kleines Buch. Darauf ein sparsames, skizzenhaftes Bild. Kyudo – Die Kunst des Bogens. So heißt dann das Büchlein: Der Weg des Bogens. Von Paulo Coelho. Ein Brasilianer schreibt „japanisch“. Ein Meister des Bogens lehrt einen Jungen. Und doch: „Ein Meister ist nicht derjenige, der etwas lehrt, sondern jemand, der seinen Schüler dazu anregt, sein Bestes zu geben, um ein Wissen zu entdecken, das er bereits in seiner Seele trägt.“ (S.25) Im Prolog begegnet der Junge dem Tischler Tsetsuya, den ein Fremder aufsucht um sich durch einen Wettkampf im Kyudo selbst zu beweisen.


Coelho hat den „japanischen“ Weg gewählt, um die Leserinnen und Leser mit seinen Gedanken vorwärts zu bringen.




 Das Ziel, der Bogen, der Pfeil, die Haltung, der Abschuss, der Flug des Pfeils: So heißen einige der Kapitel, doch ist das erste Kapitel das wichtigste. Die Verbündeten. Dieses handelt von den Menschen. Das man „Menschen erst anhören muss, eh man über sie urteilt“, in heutiger Zeit, eine leider zu oft in Verlust geratene Weisheit. Der Autor, in der Gestalt des Kyudo-Meisters Tetsuya, fordert seinen Schüler auf: „Suche dir Verbündete  – Menschen, die sich für das interessieren, was du tust.“ Er erklärt weiter, dass dies „Menschen sind, die keine Angst davor haben, sich zu irren und es daher auch tun. Aus diesem Grund wird ihre Arbeit nicht immer anerkannt.“ (S.33/35)

Sie scheinen selten geworden zu sein, diese Menschen. Doch wie ist man selbst? Sollte man nicht ähnliche Eigenschaften aufweisen wie seine „Verbündeten“ von denen Tstsuya sagt: „Tu dich mit denen zusammen, die etwas ausprobieren, etwas riskieren, die hinfallen, sich verletzen und dann trotzdem wieder etwas riskieren. Und halte dich von jenen fern... die niemals einen Schritt tun, ohne die Gewissheit zu haben, deswegeb geachtet zu werden, und die Gewissheit dem Zweifel vorziehen.“ (S.37)



Wo gehen wir hin? Welchen Weg verfolgen wir? Warum tun wir etwas? Tsetsuya beschreibt den Bogen als Leben, aus dem die Kraft kommt, den Pfeil als Absicht, welche „kristallkar, geradlinig, gut ausgewogen“ sein muss, denn „Ist der Pfeil erst einmal losgeflogen, kommt er nicht mehr zurück.“ (S.53) 

Das Ziel dagegen wurde vom Schützen ausgewählt, ist weit weg und nie schuld daran, dass es nicht getroffen wurde. Für die Wahl des Zieles ist man selbst verantwortlich.

Der Blogger denkt hierbei an etwas, was ihn beruflich im Besonderen betrifft, das Verhältnis von Lehrer und Schüler. Wir können sie uns meist nicht aussuchen, aber wir verfolgen Ziele mit dem, was wir lehren. Die Frage ist allerdings manchmal  weniger was wir lehren, sondern wie. Du musst „dem Ziel Respekt bezeugen und es im Geist zu dir heranholen. Erst wenn es sich auf der Spitze des Pfeils befindet, sollte sich die Sehne lösen.“ (S.59)
„Der Pfeil sucht das Ziel, aber das Ziel sucht auch den Pfeil, weil dieser seiner Existenz einen Sinn verleiht.“ (S.63)

Es geht nicht zwingend um das Bogenschießen beim Weg des Bogens. Das Üben hört nie auf. Präzision in der Technik ist sicher wichtig, aber die ständige Vervollkommnung in allem was wir beginnen und fortsetzen, das ist der Weg des Bogens.

Das japanische Budo, die Kampfkunst, sei es Aikido, Judo, Karate, Kyudo oder Iado, lehrt nicht nur Technik und Präzision, es zeigt dem interessierten Schüler auch einen Weg (des Lebens), den er für sich finden kann. Mit und ohne der Kunst des Bogens.

Die Erzählkunst und die Aussagekraft der Worte von Paulo Coelho haben eine große Kraft. Sie haben etwas Philosophisches. Coelho hat sich mit ZEN und mit KYUDO beschäftigt. Der Präsident des Schweizer Kyudo-Verbandes hat „wertvolle Hinweise“ gegeben, wie im Büchlein nachzulesen ist. Selten aber gibt es ein Buch mit solchem Hintergrund, welches völlig ohne Wissen über diesen gelesen werden kann, trotzdem interessante, beachtenswerte Gedanken weiter. Wobei gleichzeitig auch kulturelles Wissen vermittelt wird: Uns Europäern sind die asiatischen Kulturen ja eher schwer zugänglich, die Denk- und Handlungsweisen der Menschen unverständlich wie sie gleichermaßen faszinieren und dabei anziehend wirken.




Christoph Niemann hat das Büchlein illustriert. Es sind farblich sparsame Bilder, die die Worte und Sätze sehr schön ergänzen, manchmal mit wenigen Strichen nur. Japanische Stilarten lassen sich wieder erkennen. So ist der Druck des Romans des „japanisch schreibenden“ Brasilianers aus der Schweiz rundum erstklassig gelungen.

Paulo Coelho (wiki)
Paulo Coelho hatte es bisher nicht in unseren Blog geschafft. Der Grund ist schlicht: Der Blogger zumindest hatte kein Buch von ihm gelesen. Seit dem Besuch eines Konzerts „Nine Secrets" des Weltstars Ute Lemper über „Die  Schriften von Accra“ von Paulo Coelho schlich er immer wieder um die Auslagen in diversen Buchhandlungen drumrum. Wie gelegentlich schon geschehen, waren es dann Buchbesprechungen anderer Blogger, die ihn zugreifen ließen. Der 1947 geborene Autor hat eigene Erfahrungen mit der Psychiatrie in der brasilianischen Militärdiktatur gesammelt, vielleicht kommt daher die Suche nach spirituellen Dingen, die sich in solchen Lebensweisheiten niederschlagen.






© Bücherjunge


Abb:

  • https://de.wikipedia.org/wiki/Paulo_Coelho
  • (Bogenschützin - Foto) https://matadornetwork.com/bnt/kyudo-the-ancient-art-of-japanese-archery/
  • (jap. Bogenschütze) Gemeinfrei, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=5776466

2 Kommentare:

  1. Oh wie schön, unser erster Coelho! ♥ Den Autor möchte ich so lange schon lesen... Danke für die Erinnerung!

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