Sonntag, 27. Oktober 2024

Lorne, Mac P.: Captain Nelson - Unter der Flagge des Königs

Diesmal wird er gelesen, so dachte ich mir. Hören dauert zu lange. Obwohl ich ja die beiden Seefahrer Bücher DER PIRAT und JACK BANNISTER mit Begeisterung gehört habe.

Nun hat sich Mac P. Lorne einem weiteren Seehelden zugewandt, einer der nicht so bekannt sein wird wie Francis Drake (Der Pirat) aber vermutlich bekannter als Jack Bannister. Horatio Nelson ist vermutlich der bekannteste Schiffs- und Flottenführer, den Britanniens Seegeschichte aufweist. Das muss man erst mal werden, denn es gab sicherlich genug Möglichkeiten, den nächsten Törn nicht zu überleben, wenn man als junger Midshipman so ein Kriegsschiff betritt. Schafft man es, dann kann man eben Captain werden und, wie in diesem Fall, wie auf dem Großmast mitten auf dem Trafalger Square über London schauen.

Wir begegnen Horatio Neson, dem schon bekannten Seeoffizier, als er, endlich als richtiger Captain, im Jahre 1784 die HMS Boreas erhält, um die sogenannten Navigation Acts auf den Kleinen Antillen umzusetzen. Frauen soll er mitnehmen auf die Inseln über dem Winde und eine Gruppe blutjunger Seekadetten. Dort soll er den Schmuggel amerikanischer Waren verhindern, denn die Plantagenbesitzer und Sklavenhalter auf den englischen Inseln in der Karibik sollen gefälligst nur Waren aus Mutterland beziehen und nur englische Schiffe dürfen diese dorthin verfrachten, Das kostet sie natürlich viel mehr als bei den kurzen Törns vom amerikanischen Festland, dass einst ein anderer Seeheld, Sir Walther Raligh für England in Virginia in „Besitz“ nahm. Der standhafte, unbestechliche Nelson hat es nicht leicht, die Befehle der Admiralität in London durchzusetzen. Im Internet finden sich unterschiedliche Aussagen darüber, was Horatio Nelson von der Sklaverei hielt, auf seinen Schiffen jedenfalls hat er die Motivation der Mannschaft über das sonst übliche knallharte bis unmenschliche Bestrafen gestellt. Solch eine Szene erleben wir auch auf der HMS Boreas.



Zumindest kehrt er mit einer Frau, Frances Fanny Nisbet, zurück. Wie es so um seine Treue bestellt ist, werden Leserinnen und Leser bald erkennen. Zuerst aber wird er, wie viele Seeleute in Zeiten des Friedens, auf Halbsold gesetzt... (Im übrigen ist man auch als Captain ohne Prisen ein armer Hund)

Später wird er gegen die Franzosen eingesetzt. 1789 begann die Französische Revolution und deren Art, König, Königin und viele andere maschinell einen Kopf kürzer zu machen, gefällt den Engländern gar nicht. Im Mittelmeer mit verschiedenen Aufträgen eingesetzt, bekommt er es bei Toulon mit einem jungen Artillerieoffizier der Franzosen zu tun, später „trifft“ er ihn wieder: General Napoleon Bonaparte.
Lorne steht zu seinen Helden, gleichwohl macht er kein Hehl daraus, was eine Seeschlacht bedeutet, wenn die Kanonen nicht nur die Decks verwüsten, wenn Holzsplitter der aufbauten und Masten wie Schrapnelle Matrosen und Seesoldaten verletzen und töten.  



Seeschlacht von Akubir


Treffen wird er Emma Hamilton und als gebürtiger Dresdner bin ich gespannt, ob beider Besuch in der sächsischen Residenz in Mac P. Lorne´s zweiten Band vom Admiral Nelson zur Sprache kommt. Dieser Band hier endet nach 366 äußerst spannenden Seiten und anschließenden historischen Anmerkungen, Zeittafel, Glossar und einer Literaturliste im Jahr 1797.

* * *

Buch und Autor:   Mac P Lorne lernt dazu. Nein, nein, er hat schon bei Drake (2016) und Bannister (2022) gezeigt, dass er sich in die „Fachlichkeiten“ seiner Helden vertiefen kann. Jetzt dürfte er, der für das erstgenannte Buch einen Segelschein machte, gedrillt von einem Könner, diverse Segelfähigkeiten erworben haben, mehrfach bereiste er Routen, die Horatio Nelson befuhr. Das Glossar am Ende ist daher notwendig und hilfreich. Wer weiß schon, was „Anker kurzstag“ heißt, also, wenn „die Ankerkette oder das Tau soweit eingeholt sind, dass sie senkrecht nach unten zum Anker führen, der Anker aber noch hält, also noch nicht ausgebrochen ist.“ Aha. Vermutlich schleift er auf dem Meeresgrund gerade so...

Warum ich das denke? Dann lesen Sie diesen kurzen „Beweis“, als Nelson His Majesty´s Ship BOREAS in See stechen lässt:

„ ‚Mr. Jones, wir stechen umgehend in See‘, befahl er kurz und knapp. ‚Noch drückt die Flut nicht in die Bucht, sodass wir auch bei schwachem Wind auslaufen können. Ich will vor Einbruch der Nacht Rame Head hinter uns gelassen und freies Wasser gewonnen haben.‘

‚Aye, Sir‘, bestätigte der Erste und tippte an seinen Hut. ‚Ich werde sofort nach dem Lotsen signalisieren.‘

‚Dafür ist keine Zeit, Mr. Jones, sonst hält uns die auflaufende Flut bis tief in die Nacht in der Bucht fest und wir können frühestens im Morgengrauen Segel setzen. Lassen Sie alle Mann pfeifen, die Anker kurzstag holen und die Gangspillmannschaft fertig zum Ausbrechen machen, sobald Vor-, Mars- und Besansegel fertig zum Fallenlassen sind. Dann schicken Sie zwei erfahrene Lotgasten in die Rüsten, die ständig die Wassertiefe aussingen. Wir laufen ohne Lotsen aus. Ich kenne die Gewässer hier ganz gut und werde den Rudergasten den Kurs vorgeben. Und jetzt voran, worauf warten Sie?‘

Dem Ersten klappte fast der Unterkiefer herunter...“ 
(Seite 38/39)

Dem folgt im Laufe der Seiten oder Seefahrerjahre so einiges. Nelson selbst liebte es, Fregatten zu segeln. So wie die HMS Agamemnon, die er von 1793 – 1796 kommandierte



HMS Agamemnon


Da haben wir den Grund für das Glossar, welches länger ausfallen hätte können.
Interessant ist das Literaturverzeichnis, denn der Autor führt einige Titel aus dem Militärverlag und anderen DDR-Verlagen auf. Das kommt selten vor. Aber das Land war sehr schifffahrt-affin und hatte eine große Handels- und Fischfangflotte, da wurde versucht, dass Interesse der Leserinnen und Leser, die nicht mitfahren durften, literarisch zu stillen.

Jetzt dürfen wir gespannt sein auf den Admiral, denn zum Admiral of the Blue (Konteradmiral / Rear Admiral) wird Horatio Nelson am Ende des Buches (1797) ernannt. (Blue ist von blau gerandeten Stander abgeleitet).

Es sind nur noch wenige Tage bis zum Erscheinen des Buches im Verlag Droemer Knaur, der mir das Rezensionsexemplar freundlich zur Verfügung stellte.



© Der Bücherjunge





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