Freitag, 15. November 2024

Speck, Daniel: Yoga Town

 

2019. Eine Berliner Yogalehrerin, die noch nie in Indien war. Ihr liebevoller Vater, der in der Vergangenheit hängt. Und ihre Mutter, die spurlos verschwindet. Lucy und ihr Vater Lou gehen auf die Suche, zurück an den Ort, wo alles begann. --- 1968. Zwei Brüder und zwei Frauen fahren auf dem Hippie-Trail nach Indien. In Rishikesh am Fuß des Himalayas treffen sie ihre Idole, die Beatles. Und den Pop-Guru Maharishi. Sie haben die beste Zeit ihres Lebens. Aber nur zwei von ihnen kehren zurück. Lou hat etwas Unverzeihliches getan. Und Corinna ist schwanger. Als ihre Tochter geboren wird, schwören sie, ihr Geheimnis niemandem zu verraten. (Verlagsbeschreibung)

DNB / Fischer / 2023 / ISBN ISBN: 978-3-949465-04-8 / 480 Seiten

 






Was mich bei diesem Roman vor allem reizte, war die Reise in die Vergangenheit - und mit ihr die Begegnung mit den Beatles. Kaum ein Song, den ich nicht kenne, und die meisten davon mag ich sehr. Auch wenn ich sie nie live gesehen habe, kann ich wohl sagen: ich bin ein Fan der Beatles. Natürlich geht es hier nicht in erster Linie um die britische Beat-, Rock- und Pop-Band, und ich war daher gespannt, ob mir die eigentliche Geschichte, die hier erzählt wird, auch gefallen würde. Lest selbst:










SELBSTFINDUNG IN RISHIKESH...



Erzählt wird die Geschichte in zwei Zeitebenen. In der Gegenwart (2019) ist es die Yogalehrerin Lucy, die momentan nicht weiß wo sie steht und die sich in einer ernsthaften Lebenskrise befindet. Sie hat ihren Mann und die Kinder verlassen, weil sie an sich selbst zweifelt, und muss sich mit der Tatsache abfinden, dass ihre Eltern allmählich alt werden. Als ihre Mutter verschwindet und sich herausstellt, dass sie nach Indien geflogen ist, beschließen Lucy und ihr Vater, ihr zu folgen. In der Vergangenheit (1968) ist es Lou, der sich mit seinem Bruder und seiner Freundin auf den Weg nach Indien macht, wo sie zunächst auf die Anhalterin Corinna treffen, die sich ihnen anschließt, und schließlich auf einen Ashram in Rishikesh und dort auch auf die Beatles.

Dies ist eine Zweigenerationen-Geschichte, eine zweigeteilte Selbstfindungs-Erzählung. Abwechselnd in der Gegenwart und in der Vergangenheit verortet, entpuppen sich allmählich die Zusammenhänge, die lang gehüteten Geheimnisse und wie nebenher auch viel Hintergründiges über den Ashram des Gurus Maharishi sowie über die Beatles und die Entstehungsgeschichte so manch einer ihrer Songs des Weißen Albums. Pop- und Filmgrößen wie Donovan und Mia Farrow tauchen hier als Nebenfiguren auf. 

Durch die unterschiedlichen Zeitebenen werden auch die Besonderheiten und das Lebensgefühl der verschiedenen Epochen deutlich. 1968 waren Lou und sein Bruder im strengen Grau des Nachkriegsdeutschlands aufgewachsen und setzten mit ihrer Indienfahrt einen deutlichen Kontrastpunkt. Sex and Drugs and Rock ’n‘ Roll , dazu ein altersschwacher VW Bulli, Meditation und eine Reise ins Innere, alles mit dem Ziel von Love and Peace. Hippies und Flower-Power - und dann: plötzlich ein Bruch. 2019 verkörpert Lucy die Orientierungslosigkeit der heutigen Zeit. Yoga liegt im Trend, sie gibt entsprechende Kurse, und doch war sie selbst noch nie in Indien, der Heimat des Yoga, und tatsächlich ist Lucy weit entfernt vom angestrebten "Peace of Mind". Als sie sich schließlich gemeinsam mit ihrem Vater nach Rishikesh begibt, beginnen die Zeitebenen zu verschwimmen, alte Krusten brechen auf, und Lucy erkennt, was das jahrzehntelange Schweigen ihrer Eltern für sie selbst für Auswirkungen hatte. 

Der Schwerpunkt liegt für mein Empfinden auf dem Handlungsstrang der Vergangenheit. Hier geschehen die bedeutsamen Dinge, die Einfluss auch auf die Gegenwart haben. Der Handlungsstrang der heutigen Zeit bietet eher eine Art Rahmenerzählung, in die das Ganze schließlich wieder mündet. Lucy ist am Ende jedenfalls nicht mehr die, die sie zu Beginn war. Die Stärke des Romans liegt vor allem in der geschaffenen Atmosphäre, was jedoch nicht über die wiederholt langatmigen Passagen der Selbstfindungsversuche hinwegtäuschen kann, die das Leseerlebnis für mich doch recht zäh gestalteten. Trotz des flüssigen Schreibstils plätscherte die Geschichte dadurch zu lange recht seicht vor sich hin. 

Alles in allem ein Roman für all diejenigen, die gerne in das Flair der Hippie-Zeit eintauchen wollen, Fans der Beatles und ihrer Songs sind und die Familiengeschichten mögen.


© Parden   






 

 

 

 

Daniel Speck, 1969 in München geboren, führt uns mit seinen Romanen durch Epochen und Mentalitäten zu uns selbst. Auf Reisen findet er Geschichten, Orte und Menschen, deren Schicksale ihn zu Geschichten inspirieren. Der Autor studierte Filmgeschichte in München und verfasste Drehbücher, für die er mit dem Grimme-Preis und dem Bayerischen Fernsehpreis ausgezeichnet wurde. Seine Romane sind allesamt Bestseller und finden höchste Anerkennung bei Kritik und Leserschaft. ›Bella Germania‹ wurde als Dreiteiler prominent verfilmt. Mit den Bestsellern ›Piccola Sicilia‹ und ›Jaffa Road‹ zeichnet Daniel Speck ein vielstimmiges Panorama und baut Brücken zwischen den Kulturen. (Quelle: Fischer)

 

1 Kommentar:

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