Mittwoch, 27. März 2024

Rose-Billert, Brita: Maggie Yellow Cloud - Der Mann ohne Gesicht

Als ich ein kleiner Junge war, und nein, hier kommt jetzt, obwohl ich in Dresden ein solcher war, nichts über Erich Kästner, waren Indianerbücher ständige Begleiter meiner gelegentlichen Stubenhocker-Freizeit. Besonders hatten mir es die Geschichten von Liselotte Welskopf-Henrich angetan. doch soll es hier einmal nicht um diese Autorin gehen.

Einen ähnlichen Faible hat Brita Rose-Billert für die genannte übrig und auch ihre eigene Sicht.

Ich lernte die schreibende und reitende Erfurter Krankenschwester vor Jahren auf einer Buchmesse kennen und mit ihr neben anderen Figuren auch diese Maggie Yellow Cloud, deren Name auf das angezeigte Faible hindeutet, aber Yellow Cloud scheint ein geläufiger Name zu sein, beziehungsweise einer wirklich großen Familie zu gehören. 

Maggie ist Ärztin und nun ist eine Lakota Ärztin in Gefahr...

Maggie Yellow Cloud arbeitet und lebt auf Pine Ridge. Pine Ridge ist die wohl bekannteste Reservation der Lakota, einer von sieben Gruppen der Sioux.
Maggie ist wie gesagt Ärztin, sie hat sich also am eigenen Zopf aus einem Sumpf gezogen, in dem viele ihrer Stammesangehörigen noch stecken: Sie hat studiert, ihren Doktor gemacht und ist zurückgekehrt in die Reservation. Ihr Mann Robert arbeitet außerhalb der Reservation als Ranger-Pilot, auch er also ein Lakota, der sich nicht der Arbeitslosigkeit beugt, der nicht dem Alkohol frönt, etwas, was nach Jahrzehnten wohl immer noch das Bild in Pine Ridge mit prägt. Hier im Buch ist es Roberts Vater, der in der Trunkenheit seine Frau schlägt, undenkbar in der Tradition.

Plötzlich wird ihr Schwager ermordet. Es wird nicht der einzige Tote bleiben und Maggie ermittelt ein wenig mit. Es fehlen nämlich Medikamente und Verbandsstoffe in der Klinik, keine der Bestellungen, so sorgsam berechnet sie auch gewesen sind, scheint für den geplanten Zeitraum zu reichen.
Nun wird auch Maggie angegriffen...

* * *

Brita Rose-Billert hat da einen Roman geschrieben, der in jedem Dritte-Welt-Land oder in einer deutschen Kleinstadt oder anderswo hätte spielen können, aber Brita hat es nun mal mit den Prärie-Indianern da in South Dakota in der Nähe der heiligen Che Sapa, den Schwarzen Bergen, den Black Hills. Und so nimmt sie ihre Heldin und steckt sie eben in eine der Reservationsfamilien mit Großeltern, Eltern, Kindern, Nichten, Neffen, Pferden und alten Autos, wohnend in einem weder im Winter besonders wärmenden, noch im Sommer besonders kühlenden älteren kleinen Haus. Sie nimmt ihre Leserinnen und Leser mit in eine Familie, die einerseits modern und andererseits durchaus traditionsbewusst lebt. Indianische Musik, Tänze, das Denken und Handeln, insbesondere füreinander, sich gegenseitig helfend über die engere Familie hinweg. Sie schildert außerdem, wie Ernährungsmangel und Unverständnis der verantwortlichen Behörden das Leben der Lakota beeinflussen.

Kontrapunkte sind die weißen Ärzte in der Klinik, der ältere Chefarzt und der junge Assistenzarzt, für den der "Ausflug" in die Reservationsklinik dann doch länger dauert als ursprünglich angenommen.


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Auch wenn der Mord an Henry ziemlich schnell passiert, mit der Ermittlungsergebnissen lässt sich die Autorin Zeit. Es scheint, als würde sich überhaupt kein Grund zeigen, für die Überfälle. Allerdings fehlen vor allem Medikamente, die besonders anziehend sind. Starke Schmerzmittel zum Beispiel. 
Das Buch ist kurzweilig und spannend, es ist auch informativ. Wenn etwas fehlt, dann währen es ein paar kurze Erläuterungen, wie zum Beispiel die Stammespolizei auf der Reservation zum FBI steht, und welche "Stammespolitik" der Stammesrat verfolgt. Dies wäre als Kontrast zu den Bemühungen des BIA, des Buerau of Indian Affairs, zur "Stammesgesundheit" beizutragen. 

Dies tut der Geschichte um Maggie Gelbe Wolke, hier handelt es sich um die erste Geschichte mit dieser Hauptfigur, letztlich keinen Abbruch, keinen Schaden. Das Buch ist mit seinen 265 Taschenbuchseiten auch nicht gerade ein Wälzer - eine angenehme Lektüre erweitert nun das Regal mit den "Indianerbüchern".

Brita Rose-Billert bringt ihre eigentlich Profession,mit ein. Ihre Recherchen führten sie auch vor Ort, sie hat viele persönliche Kontakte zu Angehörigen der Reservation. Außerdem ist sie Pferdenärrin, ihr eigenes nennt sie HEYOKA, das bedeutet wohl soviel wie Spaßmacher - auch die Indianer hatten ihre Clowns.

Die leidige Diskussion um die "Indianerbücher", nach der das Wort "Indianer" ersetzt werden müsse durch wissenschaftlich und moralisch (!) saubere Begriffe wie "Indigene Völker" hat dazu geführt, dass bisherige Literatur in den Buchhandlungen nur noch bei Beachtung dieser Forderungen angenommen wird. Ursprünglich kam die Geschichte im renommierten aber genau aus diesem Grund weitgehend geschlossenen Traumfängerverlag heraus (2011). Nun liegt ein Book on Demand, ein Selfpublishing-Buch in 2. (?) auflage unter dem Label Twentysix. Brita Rose-Billert hat ihre Bücher dafür überarbeitet und neu gestaltet.

Zu empfehlen ist sicherlich auch Maggie Yellow Cloud - Das verkaufte Herz einer Geschichte, bei der es einem schon beim Lesen des Klappentextes kalt über den Rücken läuft.

  • DNB / TWENTYSIX - BoD / ISBN: 978-3-7407454-86 / 265 S.
  • 1. Auflage ursprünglich am 14.12.2026 rezensiert


© Bücherjunge







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