Samstag, 5. Juli 2014

Hollinde & Schilddorfer: Löwenzahn & Himmelschlüssel

Wenn zwei Autoren ein Buch zusammen schreiben, dann können auch zwei Rezensenten sich gemeinsam darüber auslassen. KaratekaDD fängt schon mal an:

Der Schilddorfer Gerd schreibt unterschiedlichste Sachen. Mit der Hollinde Christina hat er nun den ersten Band der sogenannten PIEPDIECK - Saga herausgebracht. HILFE! Eine Saga? Das heißt wohl nichts weiter, als dass die beiden planen, noch mehr davon herauszubringen.

Das Wort ►Amen (אָמֵן , ἀμήν ,آمين‎) ist eine Akklamationsformel und drückt die eigene Zustimmung zu Gebet und Segen anderer oder die Bestätigung des Vorgebeteten in der Liturgie aus. Aha! So findet´s man unter wikipedia. Wenn man allerdings vor hat, eine skurrile Geschichte zu schreiben, in der zwei Lübecker evangelische Würdenträger eine Sauftour quer durch Deutschland unternehmen, um den nächsten Papst unter Luthers Nachkommen zu suchen, dann bietet sich das Wort als Akronym (oder besser ► Apronym?) zur Anpreisung der Geschichte auf der Buchdeckelrückseite an:


Was sagst du dazu, Anne?


Humor - das ist so eine Sache. ► Wikipedia meint hierzu:  
Bis heute ist keine umfassende Theorie des Humors entwickelt worden. Dabei spielt vermutlich die große Vielfalt des Lachens, seiner Zielrichtungen, Verfahren und Anlässe eine Rolle. Immerhin ist es heute Konsens, dass Lachen als ein Kulturphänomen an eine bestimmte historische, soziale und personelle Konstellation gebunden ist.

Was im Klartext bedeutet: nicht jeder lacht über dieselben Dinge. Insofern war ich sehr gespannt, wie mir dieses als humoristische Satire angelegte Buch wohl gefallen würde.

Doch vielleicht zunächst einmal zum Inhalt, der gar nicht so einfach zusammenzufassen ist, weil so viele Erzählstränge nebeneinander herlaufen. Die Geschehnisse rund um das Gut Piepdick in einem kleinen Ort in Niedersachsen bieten noch dazu gleich ein ganzes Füllhorn an originellen Charakteren.  

Willst Du damit mal beginnen, Uwe? 

"Sie haben ihr Ziel erreicht!", Frau Parden und zack, hab ich den Ball schon wieder in der Hand. Aber nein, nicht nur das, das Buch fängt, lässt man das Vorwort mal beiseite, auch so an: Der Navigator quäkt den evangelischen Pastor Jan Wahlen an, welcher auf einer BMW durch das Land tuckert. 

google.map
NOTTENSDORF ist sein Ziel und, also nicht doch, der Navigator spinnt, es gibt kein GPS oder dieses NOTTENSDORF ist zwischen HAMBURG und BREMERHAFEN gar nicht existent. 

Doch halt, KaratekaDD hilft und ersetzt den Navigator. Dank Googlemap kann die Existenz des Nestes nachgewiesen werden, während der Pastor unter Blitz und Donner den Sch... Navigator unter das Vorderrad nimmt und fröhlich weiterfährt. Warum er bei dem Sauwetter sich ein Bike ausborgt? Na, der katholische Konkurrent, die "peinlichste Posaune Gottes", ist auch bei dem Bikergottesdienst in diesem verd... Nest. Doch bald fahren wir mit WAHLEN durch fast ganz Deutschland. Der Grund steht auf dem rückwärtigem Bücherdeckel.


Die Rentrude überlasse ich lieber dir, liebe Frau Parden, denn den Wolle will ich haben...


Das könnte Dir so passen, he, Wolle ist auch mein Liebling, *lach*... Aber das scheint ja wohl allen Lesern so gegangen zu sein.


Rentrude, tja, das ist so ein Gespann für sich. Zwei ältere Damen, Renate und Gertrude, die meist als Duo auftreten und auf ihrer Bank in der Todeskurve Nottensdorfs das aufregende Geschehen in dem kleinen Örtchen hautnah miterleben und alles meist sarkastisch kommentieren. Ihr Auftritt erinnert sehr an die Einwürfe von Waldorf und Statler, die zwei älteren Herren der Muppetshow, die von ihrer Loge aus meist kopfschüttelnd das Geschehen auf der Bühne kommentieren. Rentrude ist die lebende Dorfchronik Nottensdorfs, und wie uns die Autoren verrieten, hatten sie beim Schreiben ihrer Szenen tatsächlich die beiden zänkischen Opas der Puppenshow vor Augen...


Doch Rentrude hat ja immer nur einen kurzen Gastauftritt in der Geschichte. Nun sollten wir uns wohl doch mal dem Gut Piepdick nähern - vielleicht zunächst Opa Krause als dem ältesten Bewohner? 


Uwe, Dein Auftritt! Nicht wegen des Alters von Opa Krause natürlich, sondern wegen der Herkunft...

Opa Krause erinnert wiederum an Opa Unger. 


Opa Unger ist 83. Aber bereits seit 2000 oder so. Warum betone ich das? Weil Opa Unger 1950 33 Jahre alt war. Also etwas jünger als der Erich. Der von der Margot. Von der Opa Krause ein sehr intimes Geschenk hat. ("Für meinen lieben Bernhardt" hat die Margot geschrieben, welche später nicht nur First, sondern auch Blue Lady der größten und schönsten DDR der Welt war). 
Mit diesen weitrechenden Verbindungen, aktuell bis nach Chile und zumindest bis 1990 zu einem gewissen Schalk-Golodkowski und einem Imperium namens Kommerzielle Koordinierung, hat der alte Krause bestimmt auch einen Wäschegefrierer in einem größeren Lagerschuppen stehen. Momentan aber vertreibt er zu einem Betomaten umfunktionierte Telefonzellen und eine sehr besondere Holzkohle... (Ich glaube, ich schweife ein wenig ab...)

Ich würde dann mal sagen, wir lassen andere Bewohner des Gutes wie den Caterer Martin, der seine kulinarischen Kreationen stilecht im umgerüsteten Leichenwagen transportiert, und den Tim-Ole lieber außen vor, auch wenn seine Sargsauna bestimmt ein angesagtes satanistisches Produkt mit Brandingeigenschaften ist.
 

Aber ich glaube, du gibst erst mal dem Bischof eine Chance, dann kommen wir wieder zum Thema Piepdieck zurück und alles verraten dürfen wir ja auch nicht. Wegen der aerodynamischen Störklappe an der Tragfläche eines Flugzeuges, welche SPOILER heißt... 

 
Der Bischof also. Hm. Eigentlich der Charakter, mit dem ich in dem Buch am wenigsten anfangen konnte. Aber nun ja. 

Der Bischof André Clausen wohnt natürlich nicht auf Gut Piepdick, sondern in Lübeck und ist Chef und Freund des Pastors Jan Wahlen, mit dem er sich gerne bei einem Gläschen Fläschchen Fässchen trifft und über Gott und die Welt redet.
Philipp Melanchthon
Im Suff - wie auch sonst - kommen die beiden dann eben auf die glorreiche Idee, wie sie den schwindenden Mitgliederzahlen der Kirche entgegenwirken können. Sie suchen sich wie die Konkurrenz auch einfach einen eigenen Papst. Mit der Leitfigur an der Spitze hoffen sie, die ev. Kirche wieder populärer und zeitgemäßer gestalten zu können. 

Doch wer könnte ein geeigneter Kandidat sein? Ein Nachfolger Luthers scheidet aus, weil es keine lebenden Anverwandten mehr gibt - doch die Linie Philipp Melanchthons scheint noch zu existieren. Und so machen sich die beiden Helden auf eine deutschlandweite Reise, um die in Frage kommenden Kandidaten unter die Lupe zu nehmen... 
Um es gleich vorweg zu sagen: Die Idee der Papstsuche fand ich wirklich originell. Die Umsetzung allerdings gefiel mir persönlich dann leider weniger. Quasi im Dauersuff ertränken Wahlen und Clausen ein ums andere Mal ihre Enttäuschung über die Kandidaten, die alle schlimmen Klischees von Politikern, Versicherungsmanagern und Vertretern der Wirtschaft in sich vereinen. Am witzigsten für mich war in diesen Szenen die Pfarrsekretärin Paulsen, die mit ihren bösartig-schlagfertigen Kommentaren und durchtriebenen Inszenierungen die beiden Saufkumpane ordentlich auf Trab hält. 


Doch nun zurück zu Dir und Gut Piepdieck, Uwe. Wolle, unser liebster Charakter, steht noch aus - und der Erzählstrang, der neben der Papstsuche das wichtigste Geschehen im Buch ausmacht...


Quelle
Oh ja, der Wolle. Ist der reich? NEIN! Wohnt der in einer Villa? JA! Ist er Gärtner? NEIN! Baut er zu Existenzzwecken etwas an? JA! Mag er Besuch? NEIN! Hat er welchen? JA! 

Keine Sorge, diesen Besuch bekommt er (noch?) nicht! 
Ansonsten ist der Wolle für mich DIE Figur in diesem Buch. Aber mehr verrate ich nicht...

PS: PIEPDIECK hab ich nicht gefunden.


Anne, du bist dran...

Auch für mich ist Wolle DER Charakter in der Geschichte, und ich habe mich einige Male köstlich amüsiert.  Ich verrate hier doch noch mal ein wenig mehr...

Wolle wohnt zwar auch auf Gut Piepdieck, hat dazu aber eine schicke verfallene Villa in einer riesigen verwahrlosten Parkanlage angemietet  - um dort in aller Ruhe seine zarten Pflänzchen zu hegen und zu pflegen (na, die da oben auf dem Bild eben). Eigentlich braucht man dafür Ruhe, doch damit ist es seit kurzem vorbei. Allerlei unwillkommener Besuch schneit einfach so herein, zuletzt nun auch noch das Denkmalamt, das die Villa in ein Museum umfunktionieren will. Zum Gedenken an einen fast vergessenen Heimatdichter. Doch Wolle setzt alles daran, sich auf seine unkonventionelle Art gegen das Vorhaben des Denkmalamtes zur Wehr zu setzen...

Wolle gewinnt zusätzlich noch dadurch an Sympathiepunkten, dass er zu den Figuren im Buch gehört, die sich offenbar auch in der Realität wiederfinden. Gerd Schilddorfer meinte in der Leserunde dazu:


Gerd Schilddorfer
"Ad Wolle - viele Typen, die wir zu Papier gebracht haben (manchmal etwas übertrieben, aber nicht immer....:=) sind aus dem realen Leben gegriffen. So auch Wolle. Ja, es gibt ihn wirklich und mehr werde ich jetzt nicht verraten. Er ist einer meiner (guten) Freunde und ich habe oft nur "zuhören und abschreiben" müssen...:=) Und ja, er heißt auch im wirklichen Leben Wolle....:=) Das nur zur Realitätsnähe der Himmelschlüssel...... :=)"


Sicherlich gibt es in dem Buch noch eine ganze Anzahl weiterer Charaktere, auf deren Vorstellung wir an dieser Stelle aber verzichten möchten - es würde einfach den Rahmen sprengen.

Nun ist es wohl an der Zeit zu verraten, wie es uns gefallen hat.  

Uwe, was meinst Du?

Ich schwanke immer noch ein wenig. Stellenweise hatte die Story einige Längen und das nicht nur, weil die Sauftour der beiden Papstsucher so lang war. Viele Figuren fand ich schon gut gezeichnet, wie schon erwähnt, sticht der Wolle hervor. Gelegentlich habe ich sehr gelacht. Verrückte Sachen: Das Leichenautocatering, die Sargsauna mit satanischem Branding und manches mehr...

Es könnte schon sein, dass ich mir die Fortsetzung im Herbst besorgen werde.


Hat es dir denn gefallen, Anne?   


Dass ich mit der Umsetzung der Papstsuche nicht ganz glücklich war, habe ich ja schon erwähnt. Dazu habe ich ähnlich wie Du Längen beim Lesen empfunden, weil zu viele Nebenstränge auftauchten. Einfälle wie die Sargsauna oder auch der Betomat sind zwar erstaunlich, führten handlungsmäßig aber eher in Sackgassen und gingen in der Vielfalt etwas unter.
Trotzdem sind die Figuren im Wesentlichen liebevoll gezeichnet und machen neugierig auf die weitere Entwicklung. In diesem ersten Band der geplanten Reihe um Wolle & Co. werden sie dem Leser erst einmal vorgestellt, ohne wirklich schon in die Tiefe gehen zu können. Vielleicht beim nächsten Mal mit weniger Alkohol und mit Witzen, die nicht zu sehr erläutert werden?

Natürlich ist es spannend, wie es wohl weitergehen mag mit den Menschen auf Gut Piepdieck. Gerne auch wieder mit der schlagfertigen und scharfzüngigen Pfarrsekretärin. Dabei erhoffe ich mir in den Folgebänden allerdings schon noch einmal eine Steigerung - und dass die Autoren mit demselben Spaß und Elan weiterschreiben wie sie es in Band eins haben erkennen lassen!

Also, gerne bis zum nächsten Mal... ☺ 



* * *

Quelle Spica Verlag
Christina Hollinde ist von Hause aus Wirtschaftsingenieurin und wohl wieder mal der beste Beweis dafür, dass man seinen erlenten Beruf nicht bis zur Pension ausüben muss. Da sie schon immer gern schrieb, wurde sie PR-Managerin und Pressesprecherin. Dies ist nun ihr erster humoristischer Roman, geschrieben gemeinsam mit...



Quelle Spica Verlag
... Gerd Schilddorfer 
Der ist ja nicht neu in unserem Blog: 1, 2, 3, 4 - so viele Beiträge finden sich hier schon zu seinen Büchern, und das waren sicherlich nicht die letzten. 
Fotograf, Betriebswissenschaftler, Journalist, Autor - und Weltenbummler. Er hat schon einmal eine Trilogie mit einem Autoren-Kollegen gemeinsam geschrieben, nun schreibt er mit Christina Hollinde die Reihe um Gut Piepdieck. Es scheint schon eine Menge Ideen zu geben...

 * * *
 DNB / SPICA / Neubrandenburg 2014 / ISB 978-3-943168-55-6 / 349 Seiten
© Anne Parden & KaratekaDD

6 Kommentare:

  1. Bin gespannt, was der Gerd dazu sagen wird. Vielleicht meldet sich Christiane Hollinde ja auch gleich mit

    AntwortenLöschen
  2. Ihr Lieben, ganz vielen Dank für diese wunderschöne Rezension! So macht das schreiben als Autor wirklich Spaß, wenn man Leser hat, die ein Buch so genau und liebevoll lesen und beschreiben! Mehr kann man nicht wollen!
    Wir haben in der Tat schon sehr viele Idee für die nächsten Bücher und es müssen mehrere werden, sonst bekommen wir das alles gar nicht erzählt!
    Aber erstmal will geschrieben werden und genau das tun wir auch gerade. Und wenn ihr schon gespannt auf den nächsten Band seid, dann werden wir Euch nicht enttäuschen wollen.
    Ich werden Eure Blog gerne auf unserem veröffentlichen und hoffe, ihr habt nichts dagegen!
    Ganz lieben Dank noch einmal für die Rezi und liebe Grüße von
    Christina

    AntwortenLöschen
    Antworten
    1. Ebenso freut es natürlich die Blogger, wenn die Autoren sich über deren Werke freuen. Da wir in der Regel nur lesen was uns gefällt und dann nur rezensieren, was uns noch mehr gefällt, Ausnahmen sind allerdings auch dabei, ist es nicht so schwer, gelegentlich Zustimmung zu erlangen. Der Gerd Schilddorfer kennt das ja schon und du kannst ihn ja nach uns befragen, liebe Christina. Daher sage ich schon mal vielen lieben Dank für die lieben Worte hier auf unserem Blog.
      Uwe

      Löschen
    2. Vielen Dank sage auch ich für den netten Kommentar! Und wir sind schon sehr gespannt auf die kommenden Bücher. ☺

      Löschen
  3. Ach, natürlich darfst verlinken sooft du willst.

    AntwortenLöschen
    Antworten
    1. Ist passiert - sehr netter Beitrag auf dem Blog, vielen Dank!

      http://hollinde-schilddorfer.blogspot.de/2014/07/wenn-zwei-schreiben-konnen-auch-zwei.html

      Löschen

Durch das Kommentieren eines Beitrags auf dieser Seite, werden automatisch über Blogger (Google) personenbezogene Daten, wie E-Mail und IP-Adresse, erhoben. Weitere Informationen findest Du in unserer Datenschutzerklärung und in der Datenschutzerklärung von Google. Mit dem Abschicken eines Kommentars stimmst Du der Datenschutzerklärung zu.

Um die Übertragung der Daten so gering wie möglich zu halten, ist es möglich, auch anonym zu kommentieren.