Montag, 10. Februar 2014

Fleischhauer, Wolfram: Das Buch, in dem die Welt verschwand




Man schreibt das Jahr 1780. Revolutionäre Ideen durchziehen das Land. Mystische Zirkel und Geheimbünde bekämpfen sich allerorts. In der fränkischen Grafschaft Alldorf ist es zu merkwürdigen Todesfällen gekommen und der junge Arzt und Epidemieforscher Nicolai Röschlaub soll bei der Aufklärung helfen. Wenn es ein Gift war, so hinterlässt es keine Spuren. Eine Verschwörung ist denkbar, doch wen hat sie zum Ziel? Begleitet von einer rätselhaften jungen Frau, macht sich Nicolai auf den Weg an die äußersten Grenzen des Reiches - und gleichzeitig ins Innerste seiner Seele. Die Zeit drängt, denn das Geheimnis ist aus dem Stoff, der eine Welt zerstören kann.





Verwirrspiele...

(auch veröffentlicht von parden auf Buchgesichter.de am  31.01.2014)


Nürnberg um 1780 - die Wirkungsstätte des jungen Arztes Röschlaub


"Ein wirklicher Gedanke erzeugt eine ganz neue Wirklichkeit. Es gibt kein Zurück."

Ganz ohne Verschulden gerät der junge Arzt Nicolai Röschlaub in den Sog bestialischer Verbrechen und gegensätzlicher Interessen konkurrierender Machthaber. Mit Logik und von Neugierde getrieben versucht er herauszufinden, was hinter den mysteriösen Geschehnissen stecken mag. Doch immer wieder gerät er in Sackgassen oder gar ausweglose Situationen, die der Geschichte unvorhersehbare Wendepunkte bieten.
Wolfram Fleischhauer entwirft unter dem Deckmantel eines Kriminalromans ein illustres und gleichzeitig düsteres Bild des Deutschen Reiches im Schatten der Französischen Revolution. Dabei bietet er umfassende Einblicke sowohl in die damaligen politischen und gesellschaftlichen Verhältnisse als auch in den Stand der Wissenschaften, der Kultur, der Religion und der Philosophie. Eingebettet ist die Erzählung damit in einen historisch fundierten und hervorragend recherchierten Hintergrund.



Das Deutsche Reich um 1780 - zersplittert in viele Fürstentümer

"In diesem Gedanken ist kein Geheimnis. Er ist das Ende aller Geheimnisse."

Während sich die ersten zwei Drittel durchaus spannend und mysteriös gestalten - wenn auch bedächtig erzählt, um all den genannten Details ausreichend Raum geben zu können - verläuft das letzte Drittel überraschend anders. Überraschend - aber für mich leider auch enttäuschend. Geheimbünde wie die Freimaurer, die Rosenkreuzer oder die Illuminaten übernehmen die Regie, und mit ihnen die Philosophie. Auch wenn man so einiges über die Weltanschauung zur Zeit der Aufklärung erfährt, konnte ich der zunehmenden philosophischen Tiefgründigkeit aufgrund der verwirrenden Handlung leider nicht viel abgewinnen.

 

Zeichen der Freimaurer
Zeichen der Rosenkreuzer














"Diese Idee ist zu mächtig. Sie zermalmt alles. Sie verspiegelt den Himmel und führt uns in den Wahnsinn."

Obwohl der Fall sich anfangs durchaus spannend entwickelt und Fleischhauer bildhaft und flüssig zu schreiben vermag, konnte das Buch letztlich meine Erwartungen nicht ganz erfüllen. Titel und Klappentext verheißen etwas anderes als das, was der Autor schließlich als Lösung bietet. Interessante wenn auch wirre philosophische Exkurse nehmen die Spannung und lassen das Ende für mich blass und nicht wirklich überzeugend erscheinen.
Detlef Bierstedt liest die ungekürzte Hörbuchfassung von audible.de (14 Stunden, 13 Minuten) wirklich gekonnt. Die Art des Sprechens und der Sprache wirkt authentisch für die damalige Zeit und der langsame Redefluss passt sich der gemächlichen Entwicklung der Geschichte gelungen an. 



Auch dieser Herr spielt eine gewichtige Rolle...


Insgesamt ein Hörbuch, das in mir durch Titel und Klappentext falsche Erwartungen geschürt hat und deshalb vermutlich zwangsläufig enttäuschen musste. Das umfassende historische Bild, das hier vermittelt wird, hat mich gleichzeitig jedoch auch beeindruckt.

 

© Parden











Wolfram Fleischhauer
1961 im Sternzeichen Zwilling in Karlsruhe geboren, studierte Literaturwissenschaft in Deutschland, Frankreich, Spanien und den USA, jobbte unter anderem als Schneepflugfahrer, Spanischlehrer, Gerichtsdolmetscher und bis zum Mauerfall als Telex-Schreiber in einem japanischen Handelshaus in Ost-Berlin, lebte nach dem Studium ein Jahr mehr schlecht als recht in Paris, um für seinen ersten Roman "Die Purpurlinie" zu recherchieren, entdeckte dabei seine Abneigung gegen französisches Mensaessen und seine Liebe zur französischen Sprache und Geschichte, beschloss nach einem Ausflug ins Wirtschaftsleben und der Verfertigung einer Markstudie über die Exportchancen von französischem Hundeshampoo auf dem amerikanischen Heimtierkosmetikmarkt sein Brot doch lieber mit Fremdsprachen zu verdienen, arbeitet seit vielen Jahren als Konferenzdolmetscher, tanzt leidenschaftlich gern Tango, meditiert am liebsten beim Kochen, ist mit einer Französin verheiratet, hat zwei kleine Kinder und schreibt die Art von Bücher, die er immer gerne lesen wollte.

>>>Quelle 




4 Kommentare:

  1. Das ist eine ehrliche Rezension. Klingt für mich aber dennoch ganz interessant - wenn ich nicht schon so viele andere Titel auf meinem Lesestapel hätte....

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    1. Ich hatte schon vermutet, dass wenigstens einer von Euch beiden den Verdacht äußert, das könnte ein Buch für ihn sein... ;) Würde ich auch wirklich nicht ausschließen wollen.

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  2. Das ist natürlich schade, dass dieses Buch für dich so ausging. Das ganze Theater mit der Verschwörungstheorien führt auch oft zu Übertreibungen. Freimaurer, Rosenkreuzer und Iluminaten, daraus kann außerdem nur ein philosophisches Wirrwar aber keine Philosophie entstehen. Wie gesagt, schade.

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    1. Schade ist es in jedem Fall, zumal das ja kein kurzes Hörbuch war. Aber die historischen Hintergrundinformationen sind trotzdem hervorragend recherchiert und eingefügt worden, so dass man ein wirklich umfassendes Bild erhält. Dieser Aspekt zumindest hat mir gefallen...

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