Sonntag, 5. Januar 2014

Walther, Markus: Buchland





Eine Liebeserklärung...

(auch veröffentlicht von parden auf Buchgesichter.de am 08.05.2013)



Quelle und © Markus Walther

Herr Plana sucht eine Fachkraft für sein nicht gut gehendes Antiquariat. Als Beatrice Liber sich für diese Stelle bewirbt, weiß er bereits, dass er sie einstellen wird ohne ihre Bewerbung zu lesen. Einstellungskriterium ist das Vorlesen - wenn es Beatrice gelingt, dem Text durch ihr Lesen eine Seele einzuhauchen, hat sie die Stelle sicher: 

"Sie müssen das Gewicht jedes Wortes spüren, die Gedanken des Autors fühlen, die Welt der Protagonisten erfahren, hineinschlüpfen zwischen die Seiten..." (S. 12). 

Die Verwirrung über dieses Einstellungsgespräch ist erst der Anfang aller Verwunderung. Denn das Antiquariat des Herrn Plana ist kein gewöhnlicher Buchladen. Und auch Herr Plana selbst birgt das ein oder andere Geheimnis...




Quelle und © Markus Walther


Anfangs sind es nur Kleinigkeiten, die Beatrice stutzen lassen, Details, für die sich (fast) noch eine rationale Erklärung finden lässt. Doch allmählich taucht sie ein in die ganze Dimension des Buchlandes - und der Leser mit ihr. Herr Plana nimmt sie bei der Hand und erwartet anfangs einen großen Spaß, mit ihr das Buchland zu entdecken. 


Quelle und © Markus Walther



Doch die Dinge entwickeln sich anders. Bald schon geht es nicht mehr nur darum, Bea die Liebe zu den Büchern wiederzuvermitteln...

"Man braucht nur einzutauchen, mit dem Kopf voran. Reine Vorstellungskraft formt aus einfachen Schriftzeichen neue Realitäten. Das ist pure Magie." (S. 39). 

Bald schon erkennen Herr Plana und "seine" Beatrice, dass es gilt, den Tod höchstselbst auszutricksen. Es geht um nichts Geringeres als um das Leben von Beas Mann und letztlich gar um den Erhalt der Literatur...

 
Quelle und © Markus Walther


Was für ein Vergnügen war es, dieses Buch zu lesen! Ein Ausbund an Fantasie begegnet einem da, ein Land, von dem jeder Lesebegeisterte nur träumen kann: das Buchland. Bildgewaltig schafft es Markus Walther, ein Kopfkino sondergleichen zu entfachen. Man mag das Buch gar nicht mehr aus der Hand legen, so viel gibt es zu entdecken in den Gefilden des Herrn Plana!

Geheime Ecken und Plätze bergen ebenso viele Überraschungen wie die Begegnung mit ein paar ganz besonderen Kunden des Antiquariats. Von den magischen Geschehnissen mal ganz zu schweigen: 

"Die Grenzen zwischen Fiktion und Realität sind nirgendwo dünner als in der Nähe von Büchern. Manchmal verwischen diese Grenzen ganz." (S. 39) 

Wie wahr, wie wahr...

 
Quelle und © Markus Walther

Dabei ist das Buch für mich keine reine Fantasy. Beinahe in jedem Satz ist spürbar, mit wieviel Vergnügen und Herzblut der Autor sein Werk verfasst hat. An jeder Ecke begegnen einem kleine Wortspiele, Zitate, Anspielungen auf Autoren und Buchtitel, Figuren aus Büchern und auch eingestreute Details, auf die man erst durch die Leserunde aufmerksam wird, die dann aber um so mehr freuen (z.B. die Hausnummer des Antiquariats). 

Das Buch ist eine reine Liebeserklärung an die Welt der Bücher...
Dabei schafft Markus Walther nicht nur eine absolut fantastische Welt, sondern würzt das ganze mit Zynismus, trockenem schwarzem Humor, Seitenhieben auf die heutigen Gepflogenheiten in der Welt der Literatur (ebooks, Self Publishing, Internetverkäufe) und vermittelt "nebenbei" noch allerlei Wissenswertes über Bücher, das Schreiben, das Lesen, den Buchdruck...


Quelle und © Markus Walther


Für mich war das Buch ein Lesevergnügen im wahrsten Sinne des Wortes. Wie gerne würde ich einen Schlüssel zu diesem Buchland haben und selbst auf Entdeckungsreise gehen...
Ein Buch, das mich ganz eintauchen ließ in diese wundersame Welt, mich schmunzeln und lachen machte, mich berührte, nachdenklich stimmte, mich magisch in seinen Bann zog. 


Ich danke Markus Walther für dieses Erlebnis und die intensive Leserunde, die die Fantasie noch realer werden ließ.
Und ich wünsche mir noch viele weitere Bücher von ihm, auf dass diese nicht in der "Kammer der ungeschriebenen Bücher" enden mögen...



© Parden










Hier eine Reihe von Videos zu dem oben besprochenen Buch:


1. Trailer zu "Buchland"






2. Was bedeutet "Buchland?"





3. Lesung "Buchland"
Das erste Kapitel: "Vom Gewicht der Worte"...












Markus Walther war nicht nur so freundlich, mir zu genehmigen, seine Bilder für meine Rezension zu verwenden, sondern auch einige der Anmerkungen rund um "Buchland" bzw. einige der Antworten abzudrucken, die er auf Fragen zum Buch gab, die ihm im Laufe der gemeinsamen Leserunde gestellt wurden...
Die Sätze Markus Walthers stehen hier im Fettdruck, die Fragen im Normaldruck.





Ein Wechsel des Genres von der Kurzgeschichte über diesen wundervollen Roman zur Krimi-Komödie . Würdest Du selbst Dich noch als Suchenden bezeichnen?

Ich mag mich nicht auf ein Genre festlegen. Meine Ideen und Inspirationen nehmen keine Rücksicht auf Markt oder Zielgruppe. Meine Leser müssen sich auf Wechselbäder einstellen.




Fällt es nicht sehr schwer, bei dem ganzen Hintergrundwissen die eigene Phantasie an der Grundgeschichte zu halten oder überlässt du dich da ganz Deiner inneren Stimme? Ich stelle mir das sehr schwierig vor.

Das ist eigentlich ganz einfach: Das Hintergrundwissen muss sich dem Plot anpassen.

Innere Stimme? Ja, ganz viel. Ich schreibe nicht nach Konstrukt. Andere Autoren arbeiten in der Tat so. Ich kann das nicht. Ich schreibe nach Gefühl. Ich schreibe, als wäre ich mein eigener Leser. Wenn es mir gefällt, bin ich zufrieden.

Zuerst steht die Frage: Was wäre wenn?
Dann: Wie kann ich es ausdrücken?
Dass ich dabei einem Plot folgen musste, war für mich bei einem "Roman" eine neue Erfahrung.





Eigentlich muss man das Buch hintereinander lesen. Jetzt, nachdem ich die Kapitel nochmals lese, ist es wie ein Heimkommen.

Das ist das Risiko bei einer Leserunde. Eigentlich ist "Buchland" ein sehr persönliches Buch. Persönlich für den Leser. Ich habe absichtlich Interpretationsraum gelassen. Dieser Raum wird in einer gemeinsamen Lesung genommen.


Aber ich kann ja niemandem sagen: "Ey, erst allein lesen. Dann mit mir." 







Zwischen den Zeilen steht auch einiges.

Da lege ich immer besonderen Wert drauf. Ich schreibe am liebsten immer zwischen die Zeilen. Das macht Spaß und spart Tinte ...





Bestimmte Bücher muss man mehrmals lesen, weil einfach so viel drinsteckt, dass es sich erst nach und nach öffnet. Dieses Buch ist sicher eines davon. 

Buchland hat mehrere Ebenen. Ich kann mir vorstellen, dass fünf verschiedene Leser das Buch auf fünf verschiedene Weisen interpretieren könnten. Insbesondere am Schluss.





Im Buchland stolpert man andauernd über Zitate und Buchtitel. Ich weiß schon selbst nicht mehr wo und wie viele Anspielungen ich eingepflanzt habe.

Markus, hast Du Dir die Zitate vorher zurecht gelegt, um sie dann entsprechend zu platzieren?

Nein, ich habe allerhand Zitate und Aphorismen im Kopf. Im Wortlaut oder nur sinngemäß. Ist ein Hobby von mir. Beim Schreiben habe ich eingeflochten, wo es passte. Die Buchtitel habe ich zum Teil recherchiert. Insbesondere im späteren Teil ist die Auswahl der erwähnten Bücher handlungstragend.






Welche Wahrheitsfaktoren hast du Deinen Freunden denn erzählt? Ich sehe in diesem Buch einen viel !!!! tieferen Sinn und nicht nur eine phantasische Geschichte...

Wie viel ich Freunden vom Konzept erzählt habe? Hmmm, ich habe von einer Reise in die Literatur und von von einer Liebeserklärung an die Bücher erzählt. Von der unendlichen Bibliothek und so. 
Vom philosophischen Aspekt habe ich nichts verraten. Aus einem ganz einfachen Grund: Ich hatte Angst, dass man mich damit nicht ernst nimmt.

Dazu muss man wissen, dass ich Philosophie nicht gelernt habe. Ich bin weder studiert noch sonstwie mit dem Thema professionell in Berührung gekommen. Im Großen und Ganzen ist das auf meinem Mist gewachsen. Deshalb lasse ich lieber andere die Begrifflichkeit "Philosophie" aussprechen. Wer die Geschichte ohne den philosophischen Aspekt lesen will, soll trotzdem gut unterhalten sein; das war mein Ziel.








"Warst du nicht irgendwie traurig, als du das Buch beendet hattest? Immerhin verlässt man ja lieb gewonnene Freunde."

Erleichtert war ich. Weil ich alle Bögen punktgenau und dramaturgisch korrekt geschlossen hatte. Ich weiß meine Protagonisten bei meinen Lesern in guten Händen...


(Anmerkung der Verfasserin: Es ist durchaus eine Fortsetzung der Geschichte angedacht...)




Ich danke Markus Walther ganz herzlich für die Möglichkeiten, die er mir mit seiner offenherzigen Genehmigung für diesen Beitrag bot!











Markus Walther


Markus Walther, geboren 1972 in Köln, lebt seit 2006 mit seiner Frau und zwei Töchtern im Bergischen Rösrath. Als ausgebildeter Werbetechniker begeisterte er sich bald für die Schriftgestaltung und machte sich 1998 als Kalligraph selbstständig.

Bis 2012 lag der Schwerpunkt seiner schriftstellerischen Arbeit in der Gattung der Kurz- und Kürzestgeschichte. Die Gratwanderung zwischen Klischee und Pointe, Independent und Mainstream führte ihn quer durch sämtliche Genres der Bücherwelt.

Nach drei Kurzgeschichten-Bänden ist 2013 der Fantasy-Roman “Buchland” im Acabus-Verlag erschienen. Weitere Romanprojekte sind in Vorbereitung. Bereits 2014 wird die Kriminalkomödie “Der Letzte beißt die Hunde” veröffentlicht.

Neben den eigenen Buchprojekten schreibt Markus Walther u.a. für das Literatur-Portal GlobalTalk die Kolumne “Reden wir über …” und ist Initiator und Mitorganisator der “Langen Lohmarer Lesenacht”. Bis 2012 engagierte er sich außerdem als Moderator für ein Autoren-Forum.







3 Kommentare:

  1. Hallo Anne!

    Nach dem "anfixen" mit Herrn Walthers Kurzgeschichten bei den BG's, wird "Buchland" ganz sicher bald in meinem Regal stehen.
    Vielen Dank für diese begeisternde & ausführliche Rezension und das kurze Interview!

    Liebe Grüße
    Lars (tubadur)

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  2. Hallo Lars!

    Wie schön, dass Du den Weg hierher gefunden hast - und noch schöner, dass Dir der Beitrag hier gefiel. Ich wünsche Dir ganz viel Vergnügen mit "Buchland"! Es ist eines der wenigen Bücher, die ich in meinem Leben sicherlich mehr als einmal lesen werde...

    Liebe Grüße
    Anne

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  3. Ich kann mich durchaus erinnern an den Band, den ich damals mit gelesen habe. In den Annalen hab ich aber gar keine Rezension von mir gefunden. Das hat mich schon verblüfft. Aber deine reicht völlig aus, liebe Anne.

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