Mittwoch, 20. November 2013

Groschupf, Johannes: Lost Places


Verfallene Gebäude und verlassene Plätze - ein Roman mit Sog!

Die Jugendlichen Chris, Moe, Kaya, Steven und Lennart sind Urban Explorers: Im nächtlichen Berlin erkunden sie stillgelegte Fabriken, leer stehende Häuser und verfallene Krankenhäuser. Doch was als aufregendes Abenteuer beginnt, wird bald ein riskantes Unterfangen. Denn die verlassenen Gebäude bergen nicht nur Charme, sondern auch Schrecken. Als die Freunde in einem halb verfallenen Haus eine Leiche entdecken, vermuten sie, dass die Motorradgang Bandidos dahintersteckt. Und dann wird es plötzlich so richtig gefährlich ...

Atemraubend. Unheimlich. Fesselnd. Tauchen Sie ein in die verborgenen Lost Places!







Der Kapuzenmann...

(auch veröffentlicht von parden auf Buchgesichter.de am 21.11.2013




 "Sieh nicht hin, sieh nicht hin."
Jede Nacht höre ich meine eigenen Worte.
Aber wir haben hingesehen.

 

Sie sind wie Katzen in der Nacht: Chris, Moe, Steven, Kaya und Lennart. Im nächtlichen Berlin erkunden die Freunde LOST PLACES - verfallene Krankenhäuser, stillgelegte Fabriken, leer stehende Häuser. Doch die verlassenen Gebäude bergen nicht nur Charme, sondern auch Schrecken.
Als die Freunde in einem heruntergekommenen Haus eine Leiche entdecken und vermuten, dass die Motorradgang Bandidos dahintersteckt, wird es richtig gefährlich...

 

"Wir waren wach wie noch nie. Drei oder vier Schritte waren wir in den pechschwarzen Keller vorgedrungen. Schulter an Schulter stehend, konnten wir fast spüren, wie die Herzen der anderen schlugen. Die Dunkelheit stand wie eine Wand vor uns. Unsere Augen gewöhnten sich nur langsam an die Finsternis.
Ich hörte die anderen atmen. Ich nahm den Geruch von feuchtem Zement und Moos auf, als könnte ich mich an ihm entlangtasten. Ich hörte Wasser tropfen, irgendwo weit hinten, und nahm den leichten Luftzug wahr, der von der Kellertür in den undurchdringlichen Raum vor uns wehte. Neben mir stand Moe, und ich tastete nach ihrer Hand. Sie war trocken, kühl und klein."


 
Lost Places haben eine ganz eigene Atmosphäre...


Erzählt wird die Geschichte aus der Sicht von Lennart, einem Jugendlichen in Berlin, der in der Schule gerade sitzengeblieben ist und deshalb von seinen Eltern nicht mit in den Urlaub genommen wird. Auf sich allein gestellt und eigentlich lernen sollend, macht er jedoch die Nacht zum Tag - gemeinsam mit seinen Freunden. Sie ziehen durch die angesagtesten Clubs, wenn sie denn reingelassen werden, rauchen hin und wieder einen Joint und hängen zusammen ab. Lennart ist heimlich verliebt in Moe, was er aber nie sagen würde, und zieht so gut wie nie seine Kapuze vom Kopf. Unsichtbar, so fühlt er sich - keine Ahnung, wo das Leben mit ihm hinsteuert.
Durch Zufall geraten die Freunde auf das Gelände einer verfallenen Fabrik und machen sich auf, diese in der Nacht zu erkunden. Unheimlich und spannend und mit ganz besonderen Eindrücken behaftet verläuft diese Erkundungstour. Einmal Geschmack daran gefunden, beschließen die fünf, in der kommenden Zeit noch weitere LOST PLACES zu erkunden - Berlin ist schließlich voll davon. Doch als sie eine Leiche entdecken und auch noch Mitglieder der Bandidos auftauchen, wird aus dem Spaß Ernst...

 
Erstaunlich, dass der Autor Johannes Groschupf die tatsächlich exisitierenden Bandidos in seinem Buch benennt...


Johannes Groschupf gelingt es gut, die Gedanken- und Gefühlswelt der Jugendlichen darzustellen. Vor allem Lennarts pubertäre Zerrissenheit wirkt sehr authentisch - auch wenn ich den so selbstverständlich geschilderten Drogenkonsum (und sei es auch "nur" Gras) schon kritisch sehe.
Das Buch ist flüssig und spannend geschrieben, oftmals allerdings recht knapp. Manche Szenen oder auch Charaktere kommen dadurch teilweise etwas zu kurz. Hierzu schrieb der Autor selbst innerhalb der Leserunde: "Dein Bedauern über die Kürze der Szenen und des ganzen Buches kann ich mittlerweile teilen. Ich schreibe immer knapp, vielleicht allzu verknappt. Die ständige Sorge, nicht weitschweifig und langweilig zu werden! Aber du hast recht, einige Szenen hätten es verdient, mehr entfaltet zu werden." Manchesmal boten die Auslassungen und Leerstellen allerdings auch den Raum für den Leser, eigene Vorstellungen entfalten lassen zu können.



 
Das alte, verlassene Kinderkrankenhaus in Berlin ist einer der Schauplätze im Roman...


Insgesamt legt Johannes Groschupf hier ein spannendes, authentisch wirkendes Jugendbuch vor, das sich flüssig lesen lässt und das sich mit einer nicht alltäglichen Thematik befasst. Die geschilderte Atmosphäre der LOST PLACES ist überaus faszinierend, und es wird deutlich, weshalb sich manche so intensiv damit beschäftigen.
Die Geschichte ist glaubhaft konstruiert und hält die Spannung bis zum Ende aufrecht. Das Ende allerdings hätte ich mir anders gewünscht. Mir persönlich war es etwas zu platt und zu banal, aber wie den Reaktionen der Leserunde zu entnehmen ist, konnten sich andere durchaus damit anfreunden. Und vielleicht ist ein solches Ende der eigentlichen Zielgruppe auch eher angemessen, wer weiß...

 
Noch einmal das Kinderkrankenhaus - diesmal von außen...


Jedenfalls bedanke ich mich ganz herzlich bei Lovelybooks.de und dem Verlag Oetinger, dass ich dieses Buch erhalten habe und so an der sehr kommunikativen Leserunde mit dem Autor teilnehmen konnte.


© Parden 





 >>> Hier geht es zum Buchtrailer.











J. Groschupf

Johannes Groschupf, 1963 in Braunschweig geboren, studierte Germanistik, Publizistik und Amerikanistik. Heute lebt er als freier Journalist in Berlin und schreibt für Die ZEIT, die FAZ, den Tagesspiegel, die Berliner Zeitung u.a. Er hat bereits zwei Romane für Erwachsene veröffentlicht und erhielt 1999 den Robert-Geisendörfer-Preis für das NDR-Feature „Der Absturz“.









 

7 Kommentare:

  1. Tja, die hätten eine Führung buchen sollen. Es gibt nämlich welche durch solche Lost Places. Besonders beliebt ist ein ehemaliges Krankenhaus bei Potsdam. Nach 1990 umfassend und mit hohem Aufwand instandgesetzt und modernisiert, sieht heute aus, als wäre da seit 100 Jahren keiner mehr gewesen. Idealer Platz für Leichen...

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    1. Klingt nach Erfahrungswerten - da frage ich lieber nicht genauer nach...

      Ein ehemaliger Zivi von uns hatte solche LOST PLACES als Hobby. Er ist dafür bis Belgien und weiter gefahren, so mit allem Drum und Dran. Betreten verbotener Grundstücke, Absturzgefahr, Fotos in allen Ecken - und dem Plan, diese auf einer Internetseite zu veröffentlichen. Leider weiß ich nicht, ob es diese Seite inzwischen gibt... Spannend klingt das ja alles.
      Atmosphärisch ist eine Führung wohl weniger aufregend als der heimliche Besuch mit dem Reiz des Verbotenen... ;)

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  2. Hallo, erstmal vielen vielen Dank für die tolle Rezension. Hat mich sehr gefreut.

    Tatsächlich gibt es in Berlin mittlerweile Führungen durch verlassene Fabriken, auch die Beelitz-Heilstätten bei Potsdam. Die findet man unter http://www.go2know.de/
    Aber - der eigentümliche Reiz des eigenen Entdeckens ist da natürlich nicht mehr dabei.
    Eine schöne Seite eines echten Urban Explorers ist http://www.abandonedberlin.com/

    Viel Verhnügen auf Euren Touren, ob draußen oder in Büchern
    Johannes

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    1. Genau die meinte ich, diese Heilstätten. Da gab es vor kurzem eine interessante Dokumentation im Fernsehen.

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    2. Gern geschehen! Schön, hier den Kommentar des Autors zu finden! :D

      Die LOST PLACES strahlen wirklich eine besondere Atmosphäre aus. Selbst mit Führung würde mich so etwas schon interessieren. So kletter- und risikofreudig bin ich nämlich nicht mehr, dass ich mich heimlich auf solch ein Gelände begeben würde... ;)

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